• Stammbaumanalyse
  • Thomas J. Golnik
  • 30.06.2020
  • Allgemeine Hochschulreife
  • Biologie
  • 11
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Stamm­baum­ana­ly­se

Die Er­stel­lung von Stamm­bäu­men kann im Zusam-​menhang mit einer ge­ne­ti­schen Be­ra­tung ein wich-​tiger Schritt sein, um das Auf­tre­ten einer bestimm-​ten Erb­krank­heit in­ner­halb einer Fa­mi­lie zu er­fas­sen, denn so kön­nen u. a. Aus­sa­gen über den mög­li­chen Ge­no­typ ein­zel­ner Per­so­nen ge­macht und Erkran-​kungsrisiken bei künf­ti­gen Kin­dern er­mit­telt wer­den.



Die Stamm­baum­ana­ly­se im Zu­sam­men­hang mit dem Biologie-​Unterricht an der Schu­le ent­spricht hier nur sehr wenig dem tat­säch­li­chen Ein­satz von Stamm­bäu­men in der Pra­xis der ge­ne­ti­schen Bera-​tungsstellen; sie dient viel­mehr der An­wen­dung der be­han­del­ten Ver­er­bungs­re­geln auf humangeneti-​sche Bei­spie­le und der Schu­lung des ana­ly­ti­schen Vor­ge­hens.



In den meis­ten „Stammbaum-​Aufgaben“ wird Ihnen zu­nächst eine be­stimm­te Erb­krank­heit mehr oder we­ni­ger de­tail­liert vor­ge­stellt. An­schlie­ßend präsen-​tiert man Ihnen den Stamm­baum einer Fa­mi­lie, in der diese Er­kran­kung auf­tritt. Üb­li­cher­wei­se sol­len Sie zu­nächst an­hand des Stamm­bau­mes ab­lei­ten, auf wel­che Weise die be­tref­fen­de Krank­heit ver­erbt wird. (Vor die­ser Auf­ga­be steht ein prak­ti­zie­ren­der Ge­ne­ti­ker prak­tisch nie, da die Art der Ver­er­bung der ge­ne­tisch be­ding­ten Krank­hei­ten längst be­kannt ist und leicht re­cher­chiert wer­den kann.)



Nach­dem Sie den im je­wei­li­gen Fall vor­lie­gen­den Erb­gang er­mit­telt haben, sol­len Sie in der Regel die mög­li­chen Ge­no­ty­pen ein­zel­ner Per­so­nen aus dem Stamm­baum ab­lei­ten. Wei­ter­füh­ren­de Auf­ga­ben, etwa zur Be­rech­nung mög­li­cher Ri­si­ken für wei­te­re Kin­der oder zur Klä­rung un­ein­deu­ti­ger Ge­no­ty­pen, bil­den zu­meist den Schluss. Bei den ab­schlie­ßen­den Auf­ga­ben ist oft auch ein Be­rück­sich­ti­gen von Infor-​mationen aus dem ein­lei­ten­den Text zur Krank­heit hilf­reich oder gar nötig.



Es gibt auch „Stammbaum-​Aufgaben“, die von dem be­schrie­be­nen Mus­ter ab­wei­chen; die meis­ten je-​doch ori­en­tie­ren sich daran.

Wel­cher Erb­gang liegt vor? – Su­chen Sie nach Schlüs­sel­stel­len!

Stan­dard­mä­ßig lau­tet die erste Auf­ga­be, die Ihnen im Zu­sam­men­hang mit einer „Stammbaum-​Aufgabe“ ge­stellt wird, in etwa so:

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Lei­ten Sie die Art des vor­lie­gen­den Erb­gangs ab, indem Sie die hier nicht zu­tref­fen­den Erb­gän­ge aus­schlie­ßen!

Um die Art des Erb­gangs an­ge­ben zu kön­nen, müs-​sen zu dem Allel, das die Krank­heit be­wirkt, zwei Fra-​gen be­ant­wor­tet wer­den:

  1. Ist es do­mi­nant oder re­zes­siv?
  2. Liegt es auf einem der Au­to­so­men oder auf dem X-​Chromosom (au­to­so­mal oder go­no­so­mal)?

Beide Aspek­te haben Aus­wir­kun­gen auf die mögli-​chen Ge­no­ty­pen der Per­so­nen sowie auf das Erkran-​kungsrisiko bei künf­ti­gen Kin­dern. Um eine Entschei-​dung fäl­len zu kön­nen, sucht man im Stamm­baum nach Schlüs­sel­stel­len, an­hand derer man zei­gen kann, warum die je­weils eine Mög­lich­keit hier nicht zutref-​fen kann; somit hat man be­wie­sen, dass die je­weils an­de­re Mög­lich­keit die tat­säch­lich vor­lie­gen­de sein muss.

Die Rei­hen­fol­ge ist ent­schei­dend!

Bei der Suche nach Schlüs­sel­stel­len muss zu­erst die Frage „Do­mi­nant oder re­zes­siv?“ be­ant­wor­tet wer­den. Erst da­nach kann man „Au­to­so­mal oder go­no­so­mal?“ klä­ren!

Schlüs­sel­stel­len

(1) Do­mi­nant oder re­zes­siv?

(2) Au­to­so­mal oder go­no­so­mal?

Wenn fest­steht, dass der Erb­gang

do­mi­nant ist:

Wenn fest­steht, dass der Erb­gang

re­zes­siv ist:

Aus­schluss­ver­fah­ren

Be­ach­ten Sie, dass das Vor­lie­gen eines be-​stimmten Erb­gangs stets da­durch be­wie­sen wird, dass man den je­weils an­de­ren Erb­gang be­grün­det aus­schließt.



Da es un­mög­lich ist, eine au­to­so­ma­le Ver-​erbung aus­zu­schlie­ßen, kann das Vor­lie­gen eines go­no­so­ma­len Erb­gangs in kei­nem Fall be­wie­sen wer­den.

Bei­spiel:

„Im vor­lie­gen­den Stamm­baum ist die Per­son 7 Merk-​malsträgerin, ihre El­tern (3 und 4) sind je­doch merk-​malsfrei. Im Falle einer do­mi­nan­ten Ver­er­bung der Krank­heit könn­ten beide El­tern nur re­zes­si­ve Al­le­le be­sit­zen, da sie sonst nicht ge­sund wären; Per­son 7 müss­te je­doch zu­min­dest ein do­mi­nan­tes Allel besit-​zen, denn sie ist be­trof­fen. Da ihre El­tern ihr je­doch kein sol­ches Allel ver­erbt haben könn­ten, ist eine do-​minante Ver­er­bung aus­ge­schlos­sen. Das Krankheits-​allel muss dem­nach re­zes­siv sein.“

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