• Yakuza in der Politik
  • anonym
  • 30.06.2020
  • Politik
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Be­deu­tung:

Ya­ku­za ist nicht eine ge­schlos­se­ne Grup­pe von Kri­mi­nel­len, es ist eher ein Sam­mel­be­griff, für Or­ga­ni­sa­tio­nen die heute in Japan kri­mi­nell tätig sind oder aus ge­schicht­li­chen Grün­den zur Ya­ku­za ge­hö­ren. Der Name Ya­ku­za be­steht aus den drei Sil­ben Ya Ku und Za, was auf Ja­pa­nisch so­viel wie acht- neun – drei be­deu­tet. Dies geht auf ein ja­pa­ni­sches Kar­ten­spiel na­mens Ha­n­afu­da zu­rück, das ähn­lich wie Black-​Jack ist, bei dem die Kar­ten­kom­bi­na­ti­on acht-​neun-drei völ­lig wert­los ist.



Ge­schich­te:

Die Ya­ku­za be­ru­fen sich auf eine Ab­stam­mung von den Glücks­spiel­syn­di­ka­ten der Edo-​Periode (etwa 1600 bis 1868). Doch wie es nicht nur eine Fa­mi­lie oder Grup­pe in der Ya­ku­za gibt, sind auch meh­re­re Ver­sio­nen von der Ent­ste­hung der Vor­läu­fer der Ya­ku­za im Um­lauf. Eine sehr ver­brei­te­te Ver­si­on reicht bis ins 17. Jahr­hun­dert zu­rück. Es herrsch­te Frie­den in Japan und so waren die Sa­mu­rai­krie­ger ar­beits­los. Eine Grup­pe sol­cher Sa­mu­rai, die Hat­a­mo­to, zog durchs Land und schi­ka­nier­ten die Be­völ­ke­rung und auch an­de­re ar­beits­lo­se Sa­mu­rai. Die Hat­a­mo­to waren vor allem durch spe­zi­el­le Fri­su­ren und Klei­der und durch eine aus­ser­or­dend­lich vul­gä­re Sprech-​ und Ver­hal­tens­wei­se zu er­ken­nen. Schliess­lich or­ga­ni­sier­te sich einer die­ser ge­schä­dig­ten Sa­mu­rai in einer Grup­pe, die sich „machi yakko“ nann­te, um die Hat­a­mo­to aus­zu­lö­schen. Dies waren die ers­ten Ya­ku­za. Sie hal­fen also den Schwa­chen und Be­dürf­ti­gen und waren nicht nur Kri­mi­nel­le son­dern ver­stan­den sich als eine Art Po­li­zei. So gab es schon da ein ge­wis­ses Span­nungs­feld zwi­schen Ya­ku­z­as und der rich­ti­gen Po­li­zei. Je­doch gab es auch Zei­ten, wo Ya­ku­za und Po­li­zei sogar zusammen-​arbeiteten.



Ya­ku­za heute:

Ob­wohl Japan die nied­rigs­te Kri­mi­na­li­täts­ra­te der In­dus­trie­staa­ten über­haupt hat, hat es mit der Ya­ku­za das mäch­tigs­te Verbrecher-​Syndikat der Welt. Die Mit­glie­der­zahl wird auf fast 100’000 Men­schen ge­schätzt. Die Ya­ku­za hat vor allem in der Po­li­tik viel zu sagen. Sie strei­tet und mor­det für die ja­pa­ni­sche Markt­wirt­schaft und für die ja­pa­ni­sche Tra­di­ti­on. Sie setzt sich für Ka­pi­ta­lis­mus und Kai­ser­tum ein. Die ein­zel­nen Grup­pie­run­gen stel­len das herr­schen­de Sys­tem nicht in Frage, son­dern un­ter­stüt­zen es. Ihre Füh­rer ver­ste­hen sich als Wäch­ter der ka­pi­ta­lis­ti­schen Ord­nung und der lang­jäh­ri­gen Re­gie­rungs­par­tei LDP. Mit Mord, Dro­hung und Kor­rup­ti­on tru­gen die Ban­den dazu bei, dass li­be­ra­le, so­zi­al­de­mo­kra­ti­sche oder gar so­zia­lis­ti­sche Op­po­si­tio­nen lange Zeit nicht an die Macht kamen. In Japan sel­ber nimmt man von die­sen Vor­gän­gen prak­tisch keine Notiz, ob­wohl sich die Yakuza-​Anhänger recht of­fen­kun­dig geben. In Japan ge­hört es sich nicht über ei­ge­ne Schwä­chen zu spre­chen und so wer­den An­ge­le­gen­hei­ten, wel­che mit der Ya­ku­za zu tun haben gerne ver­tuscht. Aber auch in den Be­rei­chen Drogen-​ und Mäd­chen­han­del, Pro­sti­tu­ti­on, Glücks­spiel und Waf­fen­han­del haben sie sich ein Mo­no­pol auf­ge­baut. Sie kon­trol­lie­ren auch die Un­ter­hal­tungs­in­dus­trie in­klu­si­ve dem Fern­se­hen und sogar dem Pro­fi­sport mit dem da­zu­ge­hö­ri­gen Wett­ge­schäft. Man sagt, dass sie min­des­tens die Hälf­te des Im­mo­bi­li­en­mark­tes be­herr­schen und mehr Geld an Pri­vat­per­so­nen ver­lei­hen als alle ja­pa­ni­schen Ban­ken zu­sam­men. So be­ein­flus­sen sie den ja­pa­ni­schen Ka­pi­tal­markt sehr stark.

Das Be­son­de­re an den ja­pa­ni­schen Ya­ku­za ist ihre ex­tre­me Vi­si­bi­li­tät was das Äus­se­re, ihr Auf­tre­ten, Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur und Öf­fent­lich­keits­ar­beit be­trifft. Sie sind tä­to­wiert, tra­gen Son­nen­bril­len und grel­le Hem­den und fah­ren ame­ri­ka­ni­sche Lu­xus­li­mou­si­nen, was sonst Ja­pa­ner nur sel­ten ma­chen. Dies liegt aber daran, dass die Ya­ku­za bis vor we­ni­gen Jah­ren noch legal war. Sie hat­ten öf­fent­li­che An­lauf­stel­len, die so ge­nann­ten Büros, wel­che rund um die Uhr be­setzt waren und auch mit gros­sen Schil­dern be­schil­dert waren. So war es auch den Nor­mal­bür­gern mög­lich, je­der­zeit mit ihnen Kon­takt auf­zu­neh­men und ihre Un­ter­stüt­zung zu er­hal­ten. Auch die Yakuza-​Bosse gaben In­ter­views und Pres­se­kon­fe­ren­zen und be­sas­sen ei­ge­ne Zei­tun­gen. Mit gros­sem Auf­wand wur­den Versöhnungs-​, Beerdigungs-​ und Haft­ent­las­sungs­fei­ern ver­an­stal­tet. Zu Neu­jahr stat­te­ten sie der Po­li­zei die tra­di­tio­nel­len Glück­wunsch­be­su­che ab. Mit dem Ver­bot der Ya­ku­za mil­der­te sich die­ses auf­fal­len­de und her­aus­for­dern­de Ver­hal­ten. Die ehe­ma­li­gen of­fi­zi­el­len Büros fir­mie­ren jetzt als Kredit-​ oder Ar­beits­kräf­te­ver­mitt­lun­gen oder ähn­li­chem. Trotz­dem exis­tie­ren die Grup­pen selbst­ver­ständ­lich wei­ter und gehen ihren ge­wohn­ten Ge­schäf­ten nach.



Or­ga­ni­sa­ti­on und Struk­tur: Frü­her wie auch heute kom­men die meis­ten Ya­ku­za aus den un­ters­ten Schich­ten der ja­pa­ni­schen Ge­sell­schaft. Der Nach­wuchs wird aus Ju­gend­ban­den und Ju­gend­ge­fäng­nis­sen re­kru­tiert. Die Zahl der Mit­glie­der aus bür­ger­li­chen Fa­mi­li­en wächst je­doch. Ju­gend­li­che, die im bür­ger­li­chen Leben schei­tern, sehen ihre letz­te Chan­ce oft bei den Ver­bre­chern. Eine sehr stren­ge Hier­ar­chie prägt die Struk­tur der Ya­ku­za. Der Boss ist Vater für seine Un­ter­ge­be­nen. Seine Un­ter­ge­be­nen sind seine Kin­der, für die er sich ver­ant­wort­lich fühlt. Er for­dert be­din­gungs­lo­sen Ge­hor­sam. Er schlägt seine "Kin­der", zwingt sie zur Selbst­ver­stüm­me­lung bei Feh­lern und auch zur Be­reit­schaft, ihr Leben für ihn ein­zu­set­zen. Als Ge­gen­leis­tung ver­spricht er ihnen le­bens­lan­gen Schutz und Ge­bor­gen­heit in­ner­halb der Gang. Ein Yakuza-​Lehrling schwört der leib­li­chen Fa­mi­lie ab; er ver­spricht, eher Vater und Mut­ter ster­ben zu las­sen, als seine Pflich­ten ge­gen­über der Gang zu ver­nach­läs­si­gen. Er ver­bün­det sich ganz of­fi­zi­ell mit sei­nem neuen Vater. Zu­sam­men mit sei­nem Chef tauscht er vor dem Shintô-​Schrein Blut aus und ge­lobt: Zitat "Ich folge dir Vater, durch Feuer und Flut, auch wenn meine leib­li­chen El­tern ver­hun­gern oder es mein ei­ge­nes Leben kos­tet". Na­tür­lich gibt es nach die­sem Schwur kein Zu­rück mehr. Man ist sein Leben lang an die Bande ge­bun­den. Ein Aus­tritt zu­rück ins bür­ger­li­che Leben ist auch darum un­mög­lich, weil man in der ja­pa­ni­schen Ge­sell­schaft als Ex-​Yakuza völ­lig iso­liert wird. Unter dem ss gibt es noch die gros­sen Brü­der oder Schwes­tern und schliess­lich die Kin­der. So sind die Mit­glie­der wie in einer gros­sen Fa­mi­lie an jeden ge­bun­den, der auch im Syn­di­kat ist.



Bräu­che:

Ya­ku­za sehen sich gerne in der Tra­di­ti­on der Sa­mu­rai. Es gibt je­doch kaum Ver­bin­dun­gen zwi­schen der Samurai-​ und der Yakuza-​Tradition. Ge­blie­ben sind je­doch die Tra­di­ti­on der Tä­to­wie­rung, meist Ganz­kör­per­tä­to­wie­rung, und das Fin­ger­ab­schnei­den.

So möch­te ich zi­tie­ren wie ein Ya­ku­za be­schreibt, wie er zum Ver­lust einer sei­ner Fin­ger kam:

Ein Kind von mir hat einen Typen von der Kon­kur­renz um­ge­legt. Eine Dumm­heit. Mein Junge hat mir gleich sei­nen Fin­ger ge­bracht. Ich habe ihn an­ge­nom­men, denn er war ei­gent­lich ein guter Junge. Dann muss­te ich dem an­de­ren Boss mei­nen Fin­ger geben, weil ich kei­nen Krieg wegen der Dumm­heit woll­te. Der an­de­re hat mei­nen Fin­ger an­ge­nom­men, und die Sache war ohne Krieg er­le­digt. Das Ab­schnei­den von Fin­ger­glie­dern, yu­bitsu­me, ist die tra­di­tio­nel­le Un­ter­wer­fungs­ges­te der Ya­ku­za. Meist kürzt sich der Ya­ku­za schon in den Lehr­jah­ren einen klei­nen Fin­ger um einer Be­stra­fung durch den "Vater" zu ent­ge­hen, und ihm be­din­gungs­lo­se Treue zu er­wei­sen. Einem Ban­den­mit­glied, das viel Pech im Leben hat, feh­len meis­tens viele Fin­ger­glie­der. Zum Ab­tren­nen eines Stücks Fin­ger mit dem Schwert zieht sich das Opfer al­lein zu­rück. Nie­mand darf ihm bei­ste­hen. In mög­lichst kost­ba­re Seide ge­hüllt wird das Teil dem Boss über­reicht. Der kann die An­nah­me ver­wei­gern. Das be­deu­tet für den Ver­stüm­mel­ten den Aus­schluss aus der Gang oder den Tod. Auch zwi­schen den Bos­sen wer­den Fin­ger­glie­der aus­ge­tauscht. Die Geste sagt, dass der Geber sich sym­bo­lisch un­ter­wirft und damit in einem Kon­flikt zwi­schen Gangs nach­gibt. Die An­nah­me des Ge­schenks be­en­digt die Aus­ein­an­der­set­zung. Die Fin­ger­spit­zen wer­den, in Spi­ri­tus ge­legt, auf­be­wahrt. Das Fin­ger­ab­schnei­den hat auch einen prak­ti­schen Sinn: Mit jedem ver­lo­re­nen Fin­ger­glied liegt das Schwert schlech­ter in der Hand. Bei Ver­lust des letz­ten Glieds kann man kein Ya­ku­za mehr sein. Mit ab­ge­hack­tem Fin­ger­glied ist ein Leben in der bür­ger­li­chen Ge­sell­schaft un­mög­lich. Eine ähn­li­che Funk­ti­on haben die Ganz­kör­per­tä­to­wie­run­gen. Es dau­ert Jahre, bis ein sol­ches Kunst­werk fer­tig­ge­stellt ist. Es ist eine recht schmerz­li­che Pro­ze­dur, be­son­ders da die Ya­ku­za auf elek­tri­sche Na­deln ver­zich­ten, sie las­sen sich die Farbe mit Holz­stäb­chen unter die Haut ste­chen. Auch die Fi­nan­zen schrän­ken die "Ge­schwin­dig­keit" einer sol­chen Tä­to­wie­rung ein. Es wird in Raten tä­to­wiert und in Raten ge­zahlt.





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abi­pur



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Fra­gen zum Text

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Er­ar­bei­te aus dem Text die ge­such­ten In­for­ma­tio­nen und fasse diese in dei­nen ei­ge­nen Wor­ten zu­sam­men.
1. Wann ent­stan­den die Ya­ku­za?

2. Wie ent­stan­den die Ya­ku­za ?

3. Wie viele Mit­glie­der hat die Or­ga­ni­sa­ti­on ?

4. Woher stammt der Name und was be­deu­tet er ?

5. Mit was ver­glei­chen sich die Ya­ku­za ?

6. Mit wel­chem Ri­tu­al be­wei­sen sie ihrem "Vater" ihre Treue ?

7. Was tun sie um ihre po­li­ti­schen Ziele durch­zu­set­zen ?

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