• Andrew Tate
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  • 21.09.2025
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An­drew Tate: Wie ein Man­flu­en­cer junge Män­ner ra­di­ka­li­siert

Online-​Artikel vom 12.03.2025 von Bernd Mül­ler

Bu­ka­rest, Ru­mä­ni­en. 30. Mai 2024: An­drew Tate (L) und sein Bru­der Tris­tan Tate (nicht im Bild) ver­las­sen das Bu­ka­res­ter Be­ru­fungs­ge­richt. Sie wur­den der Ver­ge­wal­ti­gung und des Men­schen­han­dels be­zich­tigt.

(Bild: LCV / Shut­ter­stock.com)





An­drew Tate ist der­zeit der be­kann­tes­te Man­flu­en­cer welt­weit – also ein In­flu­en­cer, der In­hal­te zu den The­men Männ­lich­keit und Mas­ku­lini­tät pro­du­ziert. Mit fast zehn Mil­li­o­nen Fol­lo­wern auf X (frü­her Twit­ter) und über drei­zehn Mil­li­ar­den Views sei­ner Vi­de­os auf Tik­Tok hat der ehe­ma­li­ge Kick­bo­xer eine enor­me Reich­wei­te, vor­wie­gend bei Jun­gen und jun­gen Män­nern.

Sein Ein­fluss wird als so schäd­lich für die Ju­gend und junge Er­wach­se­ne an­ge­se­hen, dass ein Bun­des­staat von Aus­tra­li­en an Schu­len ein­ge­führt hat. Auch Wis­sen­schaft­ler sind be­müht, den Nach­weis zu füh­ren, dass der Man­flu­en­cer einen schlech­ten Ein­fluss auf die junge Ge­ne­ra­ti­on hat.

So haben For­scher der Mo­nash Uni­ver­si­ty im Ja­nu­ar eine ent­spre­chen­de Stu­die vor­ge­legt. Sie ana­ly­sier­ten seine schrift­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on auf sei­ner Web­site und sei­nem Telegram-​Kanal. Das Er­geb­nis: Tate ver­brei­tet eine mas­ku­li­nis­ti­sche Ideo­lo­gie, die männ­li­che Über­le­gen­heit pro­pa­giert und Frau­en her­ab­wür­digt.

Die­ses Re­sul­tat soll­te aber mit Vor­sicht be­trach­tet wer­den. Denn so sehr man Tates Ideo­lo­gie auch ab­lehnt, so bleibt sie doch ein Spie­gel un­se­rer Ge­sell­schaft. An drei Bei­spie­len kann dies dar­ge­legt wer­den.







Für Tate muss ein rich­ti­ger Mann laut Stu­die reich, mäch­tig und kör­per­lich stark sein. Er muss do­mi­nant und ag­gres­siv auf­tre­ten, hart ar­bei­ten und tra­di­ti­o­nel­le männ­li­che Werte ver­kör­pern. Män­ner ohne diese Ei­gen­schaf­ten be­zeich­net er dem­nach als Ver­sa­ger oder Feig­lin­ge.

Tate pro­pa­gie­re die Idee, heißt es in der Stu­die, dass Män­ner von Natur aus dazu ge­bo­ren seien, zu kämp­fen. Jeder Mann habe den in­ne­ren Drang, zu kämp­fen, und die­ser Drang sei ein we­sent­li­cher Be­stand­teil der Männ­lich­keit. So schrieb er laut Stu­die in sei­nem Telegram-​Kanal: Män­ner wur­den ge­bo­ren, um zu kämp­fen. Jeder ein­zel­ne Mann kämpft. Er will kämp­fen, er trai­niert, um zu kämp­fen … Die Män­ner, die die­sen Krie­ger­drang nicht füh­len, sind ein­fach keine Män­ner.

Dass er aber damit Ge­walt ide­a­li­sie­re, wie es ihm in der Stu­die vor­ge­wor­fen wird, er­schließt sich al­ler­dings nicht so ein­fach. Denn in der Markt­wirt­schaft sind zwei Syn­ony­me von Kampf – Wett­be­werb und Kon­kur­renz – om­ni­prä­sent und wer­den als Tu­gen­den ge­fei­ert.



Und wie ein Mann nach Tate seine Wei­hen im Kampf er­hält, so schafft in der west­li­chen Ge­sell­schaft der­je­ni­ge den so­zi­a­len Auf­stieg, der sich dem Wett­be­werb mit an­de­ren stellt. Wäh­rend Tate davon spricht, dass ein Mann für den Kampf trai­nie­re, und des­halb kri­ti­siert wird, lo­cken zahl­lo­se Bü­cher und Coachings damit, sich mit Rhe­to­rik, dunk­ler Psy­cho­lo­gie oder an­de­ren Kennt­nis­sen eine bes­se­re Stel­lung im Wett­be­werb auf dem Ar­beits­markt zu ver­schaf­fen.

Für den auf­ge­klär­ten Geist wirkt es al­ler­dings re­ak­ti­o­när, dass Tate Frau­en als den Män­nern un­ter­ge­ord­net an­sieht. Sie sol­len tra­di­ti­o­nel­le Rol­len er­fül­len, Män­nern die­nen und sie un­ter­stüt­zen. Oft be­schreibt An­drew Tate sie laut Stu­die als Ob­jek­te, die star­ke Män­ner be­sit­zen kön­nen. Ihre Iden­ti­tät de­fi­nie­re sich über ihre Be­zie­hung zu Män­nern, die ihnen Schutz und Füh­rung bie­ten.

Aber auch die­ser Kri­tik­punkt wirkt in re­li­gi­ös ge­präg­ten Ge­sell­schaf­ten, und damit auch in west­li­chen Län­dern, ana­chro­nis­tisch. Schon die Bibel weist den Frau­en eine klare und dem Mann nicht gleich­be­rech­tig­te Rolle zu. So heißt es etwa (Gen 2, 21 – 2,23):

Der Mensch gab Namen allem Vieh, den Vö­geln des Him­mels und allen Tie­ren des Fel­des. Aber eine Hilfe, die dem Men­schen ent­sprach, fand er nicht.

Da ließ Gott, der Herr, einen tie­fen Schlaf auf den Men­schen fal­len, so­dass er ein­schlief, nahm eine sei­ner Rip­pen und ver­schloss ihre Stel­le mit Fleisch.

Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Men­schen ge­nom­men hatte, eine Frau und führ­te sie dem Men­schen zu.

Gen 2,21 - 2,23

Die Frau wurde, wie in der Bibel deut­lich ge­macht wird, als Ge­hil­fe des Men­schen ge­schaf­fen – und nicht als Mensch. Dar­auf hat­ten Fe­mi­nis­ten frü­he­rer Jahr­zehn­te hin­ge­wie­sen, aber heute scheint die Re­li­gi­ons­kri­tik dem Fe­mi­nis­mus ver­lo­ren ge­gan­gen zu sein.

Von Fifty Sha­des of Grey oder Twi­light muss man gar nicht erst spre­chen. Diese Mach­wer­ke sind Bei­spie­le dafür, dass to­xi­sche Männ­lich­keit längst zur Pop­kul­tur ge­hört, ein Mil­li­o­nen­pu­bli­kum an­spricht und auch bei Frau­en für Be­geis­te­rung sorgt.

Die Stu­die bleibt aber bei Tate ste­hen und scheut den Ver­gleich. Und so warnt sie: Tates Bot­schaf­ten seien be­son­ders ge­fähr­lich für junge Män­ner, die nach Ori­en­tie­rung su­chen. Er ver­bin­de tra­di­ti­o­nel­le Männ­lich­keits­ide­a­le mit frau­en­feind­li­chen und dis­kri­mi­nie­ren­den An­sich­ten. Seine In­hal­te könn­ten ein Ein­stieg in ex­tre­mis­ti­sche Ideo­lo­gien sein.





Wie eine Um­fra­ge von In­ter­net Mat­ters aus dem Jahr 2023 zeigt, ist An­drew Tate vie­len ein Be­griff. Rund 59 Pro­zent der 9- bis 16-​Jährigen ken­nen ihn, bei den 15- bis 16-​Jährigen sind es sogar 75 Pro­zent. Be­son­ders Jun­gen im Alter von 15 bis 16 Jah­ren (23 Pro­zent) wis­sen viel über ihn und ste­hen ihm po­si­tiv ge­gen­über.

In Fo­kus­grup­pen mit El­tern und Ju­gend­li­chen be­rich­te­ten Jun­gen, wie all­ge­gen­wär­tig Tates In­hal­te in ihren Social-​Media-​Feeds sind. Selbst wer nicht aktiv nach ihm sucht, be­kommt seine Vi­de­os von den Al­go­rith­men vor­ge­schla­gen. Das macht es schwer, sich sei­nem Ein­fluss zu ent­zie­hen.

Über­ra­schen­der­wei­se hat auch ein gro­ßer An­teil der Väter eine po­si­ti­ve Ein­stel­lung zu Tate. Ein Drit­tel sieht ihn po­si­tiv, bei jün­ge­ren Vä­tern zwi­schen 25 und 34 Jah­ren sind es sogar 56 Pro­zent. Das ist laut In­ter­net Mat­ters be­denk­lich, da El­tern eine zen­tra­le Rolle dabei spie­len, ihre Kin­der über Frau­en­feind­lich­keit und schäd­li­che Online-​Einflüsse auf­zu­klä­ren.





An­drew Tate ist ein pro­mi­nen­tes Mit­glied der so­ge­nann­ten Ma­no­sphä­re – einer losen Samm­lung von Online-​Communitys, die ver­eint sind in ihren teil­wei­se hass­erfüll­ten An­sich­ten über Frau­en. Dazu wer­den Män­ner­recht­ler, In­cels (un­frei­wil­lig zö­li­batär), Pick-​Up-​Artists und an­de­re frau­en­feind­li­che Grup­pen ge­zählt.

Was die Ma­no­sphä­re so ge­fähr­lich macht: Sie bie­tet frus­trier­ten jun­gen Män­nern einen Deu­tungs­rah­men für ihre Pro­ble­me. Statt die wah­ren Ur­sa­chen, wie wirt­schaft­li­che Un­si­cher­heit, zu be­nen­nen, macht sie Fe­mi­nis­ten und die Gleich­stel­lung der Ge­schlech­ter zu Sün­den­bö­cken, schrei­ben die For­scher der Mo­nash Uni­ver­si­ty.

Tate be­dient sich ähn­li­cher Nar­ra­ti­ve. Er gibt jun­gen Män­nern das Ge­fühl, dass sie die Opfer eines fe­mi­nis­ti­schen Sys­tems sind, das sie un­ter­drückt. Gleich­zei­tig ver­spricht er ihnen Macht, Reich­tum und Er­folg bei Frau­en, wenn sie sei­nen Rat­schlä­gen fol­gen und zu ech­ten Män­nern wer­den.

1
Lesen Sie den Text ein ers­tes Mal.
Be­nen­nen Sie ihren Erst­ein­druck und Ihre As­so­zi­a­ti­o­nen mit drei Schlag­wor­ten:
2
Mar­kie­ren Sie un­kla­re und un­be­kann­te Be­grif­fe mit einem Fra­ge­zei­chen. Re­cher­chie­ren Sie sie im In­ter­net.
3
For­mu­lie­ren Sie für die ver­schie­de­nen Text­ab­schnit­te Zwi­schen­über­schrif­ten.
4
For­mu­lie­ren Sie nun in ei­ge­nen Wor­ten die zen­tra­len The­sen die­ses Tex­tes:
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