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Informationstext
Der Begriff ,,Utopie" setzt sich seiner Etymologie nach aus den griechischen Wörtern ,,ou" (dt. ,,nicht") und ,,topos" (dt. ,,Ort") zusammen und bezeichnet somit einen ,,Nicht-Ort" bzw. einen Ort, der nicht existiert. Dieses zusammengesetzte Kunstwort taucht erstmalig 1516 auf. Nämlich in einem, in lateinischer Sprache verfassten Buch von Thomas Morus (engl. Thomas More), das den deutschen Titel ,,Ein wahrhaft goldenes Büchlein von der besten Staatsverfassung und von der neuen Insel Utopia" trägt. Jene fiktive Insel ,,Utopia" gilt als Ort eines beispiellosen harmonischen Gesellschaftssystems. Im direkten Vergleich zu den tatsächlichen Missständen der damaligen Zeit kritisiert Morus mit seinem Buch die herrschenden politischen Verhältnisse und stellt eine indirekte Forderung nach Veränderung. Demzufolge wird seit Thomas Morus mit dem Begriff Utopie die Vorstellung von einer bisher nicht realisierten Gesellschaft sowie das Muster einer Organisation menschlichen Zusammenlebens, für das die Geschichte noch kein Beispiel bieten, bezeichnet. (Vgl. Biesterfeld, Wolfgang (1986): Arbeitstexte für den Unterricht, Utopie. Stuttgart: Reclam. S. 139)
Vor allem in den frühen Utopie-Entwürfen werden die idealen Gemeinschaften (ähnlich wie bei Thomas Morus) häufig auf abgeschiedenen Inseln angesiedelt. Beispiele dafür bieten Utopien wie ,,Nova Atlantis" von Francis Bacon oder ,,Insel Felsenburg" von Johann Gottfried Schnabel.
Im 20. Jahrhundert verlagerten sich die örtlichen Entrückungen aufgrund weitgehenden, geografischen Erschließungen der Erde in zeitliche Ferne (z.B. ,,1984" von George Orwell oder ,,Jahr 2440" von Louis-Sébastian Mercier) oder im Zuge von Science-Fiction ins All und auf andere Planeten. Somit ist bereits ein wesentliches und häufig vorkommendes Merkmal von Utopien benannt: die räumliche Isolation des Gemeinwesens. Weitere Merkmale sind i.d.R. Uniformität, Kollektivität, Selektion, die Entwicklung fester Erziehungssysteme und - sofern von einer positiven Utopie die Rede ist - Harmonie als perfekter Zustand.
Die benannten Merkmale können sich darüber hinaus in unterschiedlichen Arten bzw. Formen von Utopien wiederfinden und je nach Form können einige Merkmale stärker ausgeprägt sein als andere. So gibt es beispielsweise nicht nur politische und gesellschaftliche Utopien (zu denen auch ,,Utopia" von Thomas Morus gezählt werden kann), sondern auch konkrete Utopien (z.B. ,,Das Prinzip Hoffnung" von Ernst Bloch) und wissenschaftlich-technische Utopien (Elemente davon finden sich u.a. in Aldous Huxleys ,,Schöne neue Welt" und in der Science-Fiction-Reihe ,,Star Trek" wieder), die im Zuge zahlreicher technischer Innovationen entstanden sind.
Außerdem sind besonders im 20. Jahrhundert die sogenannten Dystopien bzw. Anti-Utopien (z.B. Orwells ,,1984", Ray Bradburys ,,Fahrenheit 451", William Goldings ,,Herr der Fliegen")populär geworden. Während bis in das 19. Jahrhundert hinein noch überwiegend positive Utopien geschrieben wurden, die davon berichten Mangel und Unterdrückung aufzuheben, überwiegen in den Anti-Utopien des 20. Jahrhunderts die Entwicklungen totalitärer Systeme und Formen der Unterdrückung, die utopischen Merkmale wie Uniformität und Kollektivismus enthalten. Beeinflusst durch zwei Weltkriege und die Erfindung neuer Waffen ist es in erster Linie ein verändertes Verhältnis zur Technik und eine Krise des Fortschrittsdenkens das an der Verantwortungsfähigkeit der Menschen zweifeln lässt und das utopische Ideal entzaubert und ins Negative verkehrt.
aus dem griech. von ,,ou" - nicht, ,,topos" - Ort = ,,Nichtort", ,,Nirgendwo"
Vorstellung oder Entwurf einer künftigen Gesellschaft, die in der Realität (noch) nicht existiert
Begriff erstmals bei Thomas Morus in seinem 1516 erschienenen Buch zu finden
Uniformität
Kollektivismus
Harmonie als perfekter Zustand
feste Erziehungssysteme
Selektion
Frühe Utopien:
zeitloser Charakter, oft religiöse Inhalte, Gesellschaftsordnung als positives Ideal an fernem Ort
19. Jh.:
beeinflusst vom Fortschrittsoptimismus und neuen technischen Möglichkeiten, angesiedelt in ferner aber auch erreichbarer Zukunft, Ziel: Aufhebung vom Mangel und von allen Formen der Unterdrückung
20. Jh.:
entweder an Wissenschaft und Technik orientiert oder an Rückkehr zu naturalen Lebensformen, Entwicklung negativer Utopien / Dystopien zu totalitären Systemen und Formen der Unterdrückung
klassische Utopien
religiöse Utopien
gesellschaftliche Utopien
wissenschaftlich-technische Utopien
konkrete Utopien
Thomas Morus ,,Utopia" (1516)
Francis Bacon ,,Nova Atlantis" (1627)
Tommaso CampanellaDer Sonnenstaat (1602)
Jonathan Swift ,,Gullivers Reisen" (1726)
Johann Gottfried Schnabel ,,Insel Felsenburg" (1743)
H. D. Thoreau ,,Walden oder Leben in den Wäldern" (1854)
H. G. Wells ,,Der erste Mann auf dem Mond" (1901)
Aldous Huxley ,,Schöne neue Welt" (1932)
Ernst Bloch ,,Das Prinzip Hoffnung" (1947)
George Orwell ,,1984" (1949)
William Golding ,,Herr der Fliegen" (1954)
Juli Zeh ,,Corpus Delicti: ein Prozess" (2009)
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