Weltende (1911)
Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut.
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten - liest man - steigt die Flut.
Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahner fallen von den Brücken.
Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut.
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten - liest man - steigt die Flut.
Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahner fallen von den Brücken.
Weltende (1911)
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Oh diese acht Zeilen (1957)
"[...] diese acht Zeilen schienen uns in andere Menschen verwandelt zu haben, uns emporgehoben zu haben aus einer Welt stumpfer Bürgerlichkeit, die wir verachteten und von der wir nicht wussten, wie wir sie verlassen sollten. [...] Wir fühlten uns wie neue Menschen [...] und eine Unruhe schworen wir uns zu stiften, dass den Bürgern Hören und Sehen vergehen sollte [...]. Ein neues Weltgefühl schien uns ergriffen zu haben, das Gefühl von der Gleichzeitigkeit des Geschehens."
"[...] diese acht Zeilen schienen uns in andere Menschen verwandelt zu haben, uns emporgehoben zu haben aus einer Welt stumpfer Bürgerlichkeit, die wir verachteten und von der wir nicht wussten, wie wir sie verlassen sollten. [...] Wir fühlten uns wie neue Menschen [...] und eine Unruhe schworen wir uns zu stiften, dass den Bürgern Hören und Sehen vergehen sollte [...]. Ein neues Weltgefühl schien uns ergriffen zu haben, das Gefühl von der Gleichzeitigkeit des Geschehens."
Oh diese acht Zeilen (1957)
5
Der Schriftsteller Hermann Bahr über den Expressionismus:
"Darum geht es, dass der Mensch sich wiederfinden will... Die Maschine hat ihm die Seele weggenommen - und jetzt will ihn die Seele wiederhaben. Darum geht es; alles, was wir erleben, ist nur der ungeheure Kampf um den Menschen, Kampf mit der Maschine. [...]"
"Darum geht es, dass der Mensch sich wiederfinden will... Die Maschine hat ihm die Seele weggenommen - und jetzt will ihn die Seele wiederhaben. Darum geht es; alles, was wir erleben, ist nur der ungeheure Kampf um den Menschen, Kampf mit der Maschine. [...]"
Der Schriftsteller Hermann Bahr über den Expressionismus:
Fabrikstraße tags (1911)
Nichts als Mauern. Ohne Gras und Glas
zieht die Straße den gescheckten Gurt
der Fassaden. Keine Bahnspur surrt.
Immer glänzt das Pflaster wassernass.
Streift ein Mensch dich, trifft sein Blick dich kalt
bis ins Mark; die harten Schritte haun
Feuer aus dem turmhoch steilen Zaun,
noch sein kurzes Atmen wolkt geballt.
Keine Zuchthauszelle klemmt
so in Eis das Denken wie dies Gehn
zwischen Mauern, die nur sich besehn.
Trägst du Purpur oder Büßerhemd –:
immer drückt mit riesigem Gewicht
Gottes Bannfluch: uhrenlose Schicht.
Nichts als Mauern. Ohne Gras und Glas
zieht die Straße den gescheckten Gurt
der Fassaden. Keine Bahnspur surrt.
Immer glänzt das Pflaster wassernass.
Streift ein Mensch dich, trifft sein Blick dich kalt
bis ins Mark; die harten Schritte haun
Feuer aus dem turmhoch steilen Zaun,
noch sein kurzes Atmen wolkt geballt.
Keine Zuchthauszelle klemmt
so in Eis das Denken wie dies Gehn
zwischen Mauern, die nur sich besehn.
Trägst du Purpur oder Büßerhemd –:
immer drückt mit riesigem Gewicht
Gottes Bannfluch: uhrenlose Schicht.
Fabrikstraße tags (1911)
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Auf der Terrasse des Café Josty (1912)
Der Potsdamer Platz in ewigem Gebrüll
Vergletschert alle hallenden Lawinen
Der Straßentakte: Trams auf Eisenschienen
Automobile und den Menschenmüll.
Die Menschen rinnen über den Asphalt,
Ameisenemsig, wie Eidechsen flink
.Stirne und Hände, von Gedanken blink,
schwimmen wie Sonnenlicht durch dunklen Wald.
Nachtregen hüllt den Platz in eine Höhle,
Wo Fledermäuse, weiß, mit Flügeln schlagen
Und lila Quallen liegen - bunte Öle;
Die mehren sich, zerschnitten von den Wagen.-Aufspritzt Berlin, des Tages glitzernd Nest,
Vom Rauch der Nacht wie Eiter einer Pest.
Der Potsdamer Platz in ewigem Gebrüll
Vergletschert alle hallenden Lawinen
Der Straßentakte: Trams auf Eisenschienen
Automobile und den Menschenmüll.
Die Menschen rinnen über den Asphalt,
Ameisenemsig, wie Eidechsen flink
.Stirne und Hände, von Gedanken blink,
schwimmen wie Sonnenlicht durch dunklen Wald.
Nachtregen hüllt den Platz in eine Höhle,
Wo Fledermäuse, weiß, mit Flügeln schlagen
Und lila Quallen liegen - bunte Öle;
Die mehren sich, zerschnitten von den Wagen.-Aufspritzt Berlin, des Tages glitzernd Nest,
Vom Rauch der Nacht wie Eiter einer Pest.
Auf der Terrasse des Café Josty (1912)
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Der Gott der Stadt (1910)
Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.
Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.
Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit
Die letzten Häuser in das Land verirrn.
Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal*,
Die großen Städte knieen um ihn her.
Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.
Wie Korybanten-Tanz* dröhnt die Musik
Der Millionen durch die Straßen laut.
Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik
Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.
Das Wetter schwält in seinen Augenbrauen.
Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.
Die Stürme flattern, die wie Geier schauen
Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.
Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt
Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust
Und frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt.
* falscher Gott/ Götze
* orgiastische Ritualtänze zu Ehren einer Gottheit, Synonym für tobender Gemütszustand
Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.
Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.
Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit
Die letzten Häuser in das Land verirrn.
Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal*,
Die großen Städte knieen um ihn her.
Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.
Wie Korybanten-Tanz* dröhnt die Musik
Der Millionen durch die Straßen laut.
Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik
Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.
Das Wetter schwält in seinen Augenbrauen.
Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.
Die Stürme flattern, die wie Geier schauen
Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.
Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt
Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust
Und frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt.
* falscher Gott/ Götze
* orgiastische Ritualtänze zu Ehren einer Gottheit, Synonym für tobender Gemütszustand
Der Gott der Stadt (1910)
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Schwarz zu Blau (2009)
[...]
Guten Morgen Berlin
Du kannst so häßlich sein
So dreckig und grau
Du kannst so schön schrecklich sein
Deine Nächte fressen mich auf
Es wird für mich wohl das Beste sein
Ich geh nach Hause und schlaf mich aus
Und während ich durch die Straßen laufe
Wird langsam schwarz zu blau
Müde Gestalten im Neonlicht
Mit tiefen Falten im Gesicht
Frühschicht schweigt, jeder bleibt für sich
Frust kommt auf, denn der Bus kommt nicht
[...]
Ich bin kaputt
Und reib mir aus meinen Augen deinen Staub
Du bist nicht schön
Und das weißt du auch
Dein Panorama versaut
Siehst nicht mal schön von weitem aus
Doch die Sonne geht gerade auf
Und ich weiß, ob ich will oder nicht
Dass ich dich zum Atmen brauch (brauch, brauch, brauch...)
[...]
Guten Morgen Berlin
Du kannst so häßlich sein
So dreckig und grau
Du kannst so schön schrecklich sein
Deine Nächte fressen mich auf
Es wird für mich wohl das Beste sein
Ich geh nach Hause und schlaf mich aus
Und während ich durch die Straßen laufe
Wird langsam schwarz zu blau
Müde Gestalten im Neonlicht
Mit tiefen Falten im Gesicht
Frühschicht schweigt, jeder bleibt für sich
Frust kommt auf, denn der Bus kommt nicht
[...]
Ich bin kaputt
Und reib mir aus meinen Augen deinen Staub
Du bist nicht schön
Und das weißt du auch
Dein Panorama versaut
Siehst nicht mal schön von weitem aus
Doch die Sonne geht gerade auf
Und ich weiß, ob ich will oder nicht
Dass ich dich zum Atmen brauch (brauch, brauch, brauch...)
Schwarz zu Blau (2009)
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