Hurra! Mit 5,6% seid ihr bei der Bundestagswahl 1983 als die Grünen in den Bundestag eingezogen. Als recht neue Partei, die aus verschiedenen Bewegungen entstanden ist, müsst ihr euch nun in den einzelnen Themenbereichen auf eine Richtung einigen. Dafür wurde zu jedem großen Themenbereich je ein Ausschuss gegründet. Als Ausschuss zum Thema Frieden
habt ihr folgende Aufgaben:
M1) Rekord-Menschenkette der Friedensbewegung | Geschichte & Entdeckungen. https://t1p.de/1th4e 2:42-6:55.
Q1) Friedenstaube als Symbol auf vielen Demonstrationen von 1980-84 vertreten, Design: Mika Launis.
Q2) Rede Otto Schilys (Grüne) im Bundestag, am 21. November 1983, ein Tag vor der Abstimmung zum Nato-Doppelbeschluss zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik. (https://t1p.de/dt586), S. 2364f.
Der Entschluß der Bundesregierung, den Beginn der Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden zuzulassen, ist ein Akt der Unterwerfung unter die zunehmend aggressivere Militärstrategie der gegenwärtigen US-Regierung, eine Kapitulation der Vernunft, ein Fiasko für den Frieden in Europa. Den Verheerungen der Kriege sind stets Verheerungen im Denken der Menschen, im Denken der politisch Verantwortlichen, der politisch Herrschenden, vorausgegangen. Immer dann, wenn sich die politische Vernunft, die gern im Gewand der Realpolitik daherkommt, unterordnete, war dies das Vorzeichen einer kommenden Katastrophe. Im Jahre 1975 veröffentlichte die Zeitung ‚Die Welt‘ einen Artikel unter der Überschrift: „Flucht in den Frieden
. Dort hieß es, in Wirklichkeit lasse sich der Krieg weder wegforschen noch wegträumen. Einer ganzen Generation von Friedensforschern und Friedensfreunden sei der Begriff des Krieges abhanden gekommen. Es hat heute den Anschein, daß einer ganzen Generation von Politikern inzwischen der Begriff des Friedens abhanden gekommen ist. Gewiß, der Krieg läßt sich nicht wegforschen noch wegträumen. Aber sicher ist zugleich, daß der Krieg herbeigeforscht, herbeigedacht, herbeige - plant werden kann. Das ist angesichts der Tatsache, daß gegenwärtig jeder fünfte Wissenschaftler in der Welt damit beschäftigt ist, immer perfektere Tötungsinstrumente herzustellen, und daß sich der militärisch-industrielle Komplex in den Vereinigten Staaten sowie der militärisch-bürokratische Komplex in der UdSSR jeweils zu den beherrschenden gesellschaftlichen Kräften entwickelt haben, eine sehr reale Gefahr. Es ist die ins Aberwitzige übersteigerte Machtpolitik, die sich in den Atomwaffenarsenalen materialisiert und der sich auch die Bundesregierung verschrieben hat. Ihre Beteuerungen, ihr Verhalten diene der Friedenssicherung in Europa, sind nicht glaubhaft. Die Bundesregierung beruft sich auf ein Konzept der Kriegsverhinderung durch Abschrekkung. Dieses Konzept ist trügerisch. Es ist ein Vabanquespiel mit dem Untergang Europas, mit dem Weltuntergang. Das Zerstörungspotential der wechselseitigen Bedrohung hat inzwischen eine Größenordnung von 1 Million Hiroshima erreicht. Wenn Politik ihren letzten Sinn in der Erhaltung des Friedens hat, wie kann sie sich dann auf die Alternative des „Alles oder Nichts oder genauer: des ‚Etwas oder Nichts‘ einlassen? Freiheit oder Weltuntergang, das kann niemals eine sinnvolle Alternative sein.
Q3) Auszüge aus dem Grundsatzprogramm der Grünen, zweite überarbeitete Fassung (1982) https://t1p.de/tjmai (S. 25-27):
2. Europäische Friedenspolitik
Ökologische Außenpolitik ist gewaltfreie Politik. Der Krieg hat mit der Einführung atomarer Waffensysteme eine völlig neue Dimension erreicht; er ist durch die Möglichkeit der mehrfachen Vernichtung der ganzen Erde zum reinen Mord an Völkern und zum Verbrechen am Leben überhaupt geworden. Friedenspolitik ist gegen alle Formen der Aggression, des Militarismus nach innen und außen, des Wettrüstens und Rüstungswahns gerichtet und orientiert auf friedliches und solidarisches Zusammenleben der Menschen. Friedenspolitik ist gerichtet auf gesellschaftliche Verhältnisse, die im Innern der Länder Selbstbestimmung und Freiheit gegenüber jetzt herrschenden Gewaltverhältnissen bedeuten. Wir wollen, daß alle Völker und Länder ihren eigenen Entwicklungsweg nehmen und selbst bestimmen können, daß alle Möglichkeiten zur Nutzung ihrer Fähigkeiten und Ressourcen ausgeschöpft werden können und wenden uns vor allem bezogen auf die ‚Dritte Welt‘, aber auch auf alle Staaten und auf Volksgruppen und Minderheiten gegen alle Formen, sei es politisch, wirtschaftlich, militärisch oder kulturell, der Bevormundung, Einmischung, Besetzung und Ausplünderung. Nur wenn das Recht an die Stelle der Gewalt tritt, kann die Menschheit überleben. Diese Forderung müssen besonders wir Deutschen erheben, da uns jeder sogenannte ‚Ernstfall‘ den Untergang bringen würde. Die ‚atomare Abschreckung‘ ist zu einer unwirksamen Drohung geworden, da sie die atomare Selbstvernichtung einschließt. ‚Frieden und Abrüstung‘ muß deshalb zum Leitsatz der deutschen Außenpolitik und Strategie werden. Gewaltfreiheit bedeutet nicht Kapitulation, sondern Sicherung des Friedens und des Lebens mit politischen Mitteln statt mit militärischen und durch soziale Verteidigung. Soziale Verteidigung bedeutet, daß sich die Gesellschaft in der Bundesrepublik so organisiert und umorientiert (in Richtung auf Zivilcourage, Widerstand, alternative und dezentrale Strukturen), daß einer aggressiven fremden Macht von vornherein deutlich wird, daß der Versuch der Besetzung und Beherrschung ihr mehr Schwierigkeiten und Belastung als Machtzuwachs und Gewinn bringen würde. Der Ausbau einer am Leitwert Frieden ausgerichteten Zivilmacht muß mit der sofort beginnenden Auflösung der Militärblöcke, vor allem der NATO und des Warschauer Paktes einhergehen. Damit wird die Grundlage geschaffen, um die Teilung Europas und damit auch die deutsche Spaltung zu überwinden.
Als erste notwendige Schritte einer aktiven deutschen Friedenspolitik schlagen wir vor:
Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Friedensordnung mit dem Ziel, alle festgefahrenen Abrüstungsverhandlungen innerhalb und außerhalb der Vereinten Nationen durch konkrete und durchführbare Vorschläge zu Ergebnissen zu bringen. Dazu gehören erste kalkulierte Schritte der BRD, z.B. keine Einführung neuer Waffensysteme. Sofortige Abrüstung weltweit! Die Abrüstung muß dabei im eigenen Land beginnen, und sollte andere Länder veranlassen, ebenfalls abzurüsten. Die einseitige Abrüstung sollte bezwecken die Friedensbewegung zu stärken, um einer weltweiten Abrüstung, vor allem der USA und der UdSSR, zum Durchbruch zu verhelfen. Weltweite Abrüstungsverhandlungen, Rüstungs- und Waffenhandelskontrolle. Verbot der Lagerung und Produktion atomarer, chemischer und biologischer Waffen in aller Welt. Keine Produktion und Stationierung von NATO-Mittelstreckenraketen (wie Pershing II und Cruise Missile) und Abschaffung der Warschauer-Pakt-Mittelstreckenraketen (wie SS 20). Schaffung einer waffenfreien Zone in Ost- und Westeuropa. Abzug aller fremden Truppen von fremden Territorien. (...)