D1) Die Verfassungsrevolution - Revolution der Abgeordneten
Die Verfassungsrevolution beschreibt eine Form der institutionellen, parlamentarischen Revolution. Mit Einberufung der Generalstände am 05. Mai 1789 gewann der 3. Stand an politischer Mitsprache. Doch obwohl dieser über 96% der Bevölkerung ausmachte, hatte er, genau wie die anderen beiden Stände, nur eine Stimme. Nach vielen ergebnislosen Debatten, entschlossen sich die Vertreter des 3. Standes deshalb am 17. Juni 1789 zur Gründung einer Nationalversammlung, mit dem Ziel eine Verfassung auszuarbeiten. Als Reaktion darauf ließ der König den Sitzungssaal sperren. Dennoch trafen sich die Mitglieder der Nationalversammlung am 20. Juni im Ballhaus, also quasi in der Sporthalle von Versailles. Dort schworen sie, nicht auseinanderzugehen, bis sie eine Verfassung ausgearbeitet haben. Der König befahl der Nationalversammlung sich aufzulösen, doch der Befehl wurde verweigert. Viele Vertreter des Klerus schlossen sich der Nationalversammlung an, sowie einige Adlige und durch den zusätzlichen Druck, ausgeübt von der Pariser Stadtbevölkerung und den Bauern auf dem Land, musste der König nachgeben. Während die Verabschiedung einer Verfassung noch deutlich länger dauerte, so verabschiedete die Nationalversammlung bereits am 26. August 1789 eine Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte
, die im Oktober auch vom König unterzeichnet wurde.
Q1) Der Ballhausschwur, Jacques-Louis David (1791), farbige Fassung von Jean-Pierre-Marie Jazet (1825), https://t1p.de/i4ce2.
Q2) Auszug aus der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789. (übersetzt)
"In der Überzeugung, daß die Unkenntnis, das Vergessen oder die Verachtung der Menschenrechte die alleinigen Ursachen der öffentlichen Mißstände und der Verderbtheit der Regierungen sind, haben die in der Nationalversammlung vereinigten Vertreter des französischen Volkes beschlossen, in einer feierlichen Erklärung die natürlichen, unveräußerlichen und geheiligten Menschenrechte darzulegen, damit diese Erklärung allen Mitgliedern des gesellschaftlichen Verbandes beständig vor Augen ist und sie ohne Unterlaß an ihre Rechte und Pflichten erinnert werden; damit die Handlungen der gesetzgebenden wie auch der ausübenden Macht in jedem Augenblick mit dem Zweck jeglicher politischen Einrichtung verglichen werden können und dadurch mehr geachtet werden; damit die Beschwerden der Bürger, von nun an auf einfache und unbestreitbare Grundsätze gegründet, sich immer auf die Erhaltung der Verfassung und das Wohl aller richten mögen. Infolgedessen erkennt und verkündet die Nationalversammlung in Gegenwart und unter dem Schutze des Allerhöchsten die folgenden Menschen-und Bürgerrechte:
1. Die Menschen werden frei und gleich an Rechten geboren und bleiben es. Die gesellschaftlichen Unterschiede können nur auf dem allgemeinen Nutzen begründet werden.
2. Der Zweck jeder staatlichen Vereinigung ist die Erhaltung der natürlichen und unverjährbaren Menschenrechte. Diese Rechte sind Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung.
3. Der Ursprung jeder Herrschaft liegt wesensmäßig beim Volke; keine Körperschaft, kein einzelner kann Herrschaft ausüben, die nicht ausdrücklich von ihm ausgeht.
4. Die Freiheit besteht darin, alles tun zu können, was einem anderen nicht schadet; also hat die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen keine anderen Grenzen als jene, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuß dieser gleichen Rechte sichern. Diese Grenzen können allein durch das Gesetz bestimmt werden.
5. Das Gesetz darf nur die Handlungen verbieten, die der Gesellschaft schaden. Nur das, was das Gesetz verbietet, kann untersagt werden, und niemand kann zu einer Handlung gezwungen werden, die das Gesetz nicht gebietet.
6. Das Gesetz ist der Ausdruck des allgemeinen Willens. Alle Bürger haben das Recht, an seiner Gestaltung persönlich oder durch ihre Vertreter mitzuwirken. Es soll für alle Bürger das gleiche sein, es mag beschützen oder bestrafen. Da alle Bürger vor dem Gesetz gleich sind, so sind sie auch alle in der gleichen Weise zu allen Ehrenämtern, öffentlichen Stellungen und Beschäftigungen gemäß ihren Fähigkeiten zugelassen, ohne einen anderen Unterschied als den ihrer Kräfte und Geistesgaben. (...)"