• Handreichung_Jugend
  • Ael1212
  • 19.11.2020
  • Geschichte
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Jugendjahre unter dem Hakenkreuz

Handreichung für Lehrkräfte

Universität Leipzig - HISTOdigitaLE

M1: Bund Deutscher Mädel Gymnastikvorführung,

Bundesarchiv, CC-BY-SA 3.0,

https://t1p.de/0vxm

Kurzbeschreibung

Die 90-minütige Einheit, welche für die Klassenstufe 8 an Oberschulen konzipiert worden ist, soll den SuS einen inhaltlichen Einblick in den Alltag des Nationalsozialismus geben. Im Vordergrund steht die Zweiteilung der Betrachtungsweise des Alltagslebens der Jugendlichen innerhalb der HJ, sowie das Leben nicht organisierter und jüdischer Jugendlicher. Die Hitlerjugend (HJ) und der Bund Deutscher Mädel (BDM) werden mittels eines Erklärvideos von MrWissen2go vorgestellt. Indes sollen sich die SuS mit einem Zeitzeugenbericht aus einem digitalen Zeitzeugenportal auseinandersetzen. Im Mittelpunkt steht außerdem eine Statistik über die steigenden Mitgliederzahlen der HJ. Darüber hinaus werden auch die Widerstandsgruppen Swing-Jugend und Edelweißpiraten thematisiert. Das Leben von jüdischen Jugendlichen wird skizziert, indem sich die SuS u.a. mit Hilfe von Q1 (Polizeiverordnung über die Kennzeichnung mit dem Judenstern) quellenorientiert mit dem Thema auseinandersetzen. Den Abschluss der Einheit bildet eine digitale Umfrage, in welcher die SuS entscheiden sollen, ob sie damals in eine NS-Jugendorganisation eingetreten wären. Die Leistungsüberprüfung (als sonstige Leistung) besteht aus der Vorbereitung und Präsentation eines Referats, wohingegen der Fokus auf den individuellen Schicksalen Jugendlicher (Verwendung von Zeitzeugenberichten) während des NS liegen soll.

2 + 90 Minuten

(Inhalts-vermittlung und Leistungsüberprüfung)

Fach Geschichte,

Oberschule,

8. Klasse

Jugend im NS, Alltag und Widerstand

M3: Appell im Jugendverwahrlager Litzmannstadt, CC0,
https://t1p.de/l25b
M2: Köln-Ehrenfeld: murals in honor of the Edelweißpiraten,
wwwuppertal,CC BY-NC 2.0,
https://t1p.de/ajkl





M5 Zeitzeugen-interview: https://t1p.de/zeitzeugehitlerjugend

Lehrplanverortung

Das Thema Jugendjahre unter dem Hakenkreuz ist im sächsischen Lehrplan in der Oberschule in der 8. Klasse im Fach Geschichte zu verorten (Vgl. Sächsisches Staatsministerium für Kultus). Um das noch weiter zu spezifizieren, kann man das Thema im Lernbereich 4: Herrschaft und Alltag im Nationalsozialismus einordnen, weil die Schüler*innen hier das Alltagsleben von Kindern und Jugendlichen im NS-Staat beurteilen sollen. Empfohlen wird die Behandlung von Hitlerjugend, dem Bund Deutscher Mädel, das Leben nicht organisierter Jugendlicher und das Leben jüdischer Kinder anhand einer Mehrperspektivität (Vgl. Sächsisches Staatsministerium für Kultus, S. 20).

Des Weiteren findet man Überschneidungen mit mehreren Zielformulierungen im Lehrplan: Für die Klassenstufe ist das Ziel Entwickeln der Fähigkeit, begründete Urteile über Vergangenes, über Geschichtsdarstellungen und über Geschichtsbezüge der Gegenwart zu fällen (Sächsisches Staatsministerium für Kultus, S. 18) verankert. In diesem Lernmaterial geschieht das unter anderem durch die Beurteilung des freiwilligen Eintritts in eine NS-Jugendorganisation durch die Schüler*innen und durch die Beurteilung der unterschwelligen Vorbereitung der HJ auf den Krieg anhand der Erzählungen eines Zeitzeugen.

Ein weiteres Ziel ist das Entwickeln der Bereitschaft zur Mitgestaltung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (Sächsisches Staatsministerium für Kultus, S. 18). Diese Bereitschaft entwickelt sich nicht durch eine Aufgabe des Lernmaterials, sondern vielmehr durch die Bearbeitung aller Aufgaben. Die Schüler*innen fördern durch die Bearbeitung der Aufgaben ihre Empathiefähigkeit und vergleichen das alltägliche Leben in der Diktatur mit ihren eigenen Lebensbedingungen in einer Demokratie.

In den Bildungs- und Erziehungszielen des Faches findet man die Mehrperspektivität als Ziel. Probleme und Themen sollen aus mehreren Perspektiven erfasst werden (Vgl. Sächsisches Staatsministerium für Kultus, S. VIII). Das Lernmaterial zeigt mehrere Perspektiven auf die Zeit von Jugendlichen im NS-Regime. Es gibt die Perspektive der NS-Jugendorganisationen, die der nicht organisierten Jugendlichenund die der jüdischen Kinder und Jugendlichen. Diese Multiperspektivität wird auch in den Vorschlägen für die Gestaltung des Bildungs- und Erziehungsprozesseses gefordert (Vgl. Sächsisches Staatsministerium für Kultus, S. VIII).

Des Weiteren wird (…)ein vielfältiger Einsatz von traditionellen und digitalen Medien (…)empfohlen (Sächsisches Ministerium für Kultus, S. IX). Das Lernmaterial bietet ein digitales Zeitzeugeninterview, ein Erklärvideo und eine schriftliche Textquelle.

Aus den allgemeinen fachlichen Zielen kann man noch das Erlernen fachspezifischer Arbeitsmethoden (Sächsisches Staatsministerium für Kultus, S.2) anführen. Die Auswertung von Mitgliederstatistiken oder die richtige Einordnung von Informationen auf einem Zeitstrahl gehören zu Arbeitsmethoden, die fachspezifisch sind.

Sächsisches Staatsministerium für Kultus (hrsg.), Lehrplan Oberschule. Geschichte, Dresden, 2019, Verfügbar unter: https://t1p.de/nywe.

Mögliche Lernbereichsplanung
Lernbereich 4: Herrschaft und Alltag im Nationalsozialismus

Zur Orientierung über eine mgl. Integration des Lernmaterials folgende tabellarische Lernbereichsplanung:

Stunde

Thema/Inhalt

methodischer Schwerpunkt

8+9

Widerstand im Nationalsozialismus

Erkundung und Analyse eines Denkmals + eigener Denkmalentwurf

10+11

Jugendjahre unter dem Hakenkreuz

Statistik Mitgliederentwicklung, Zeitzeugeninterview

2+13

Das Leben eines Jugendlichen zur NS-Zeit erschließen -
Ein Referat halten

Zeitzeugenberichte, Umgang mit Textquellen

14

Propaganda im Nationalsozialismus

Plakatanalyse und -deutung

T1: Lernbereichsplanung LB4, Klasse 8, Oberschule

Sachanalyse

Thematisch beschäftigt sich das Lernmaterial mit dem Alltag der Kinder und Jugendlichen zur Zeit des NS-Regimes. Kinder und Jugendliche, die Mitglieder in der HJ waren, hatten weniger vom NS-Regime zu befürchten als jene, die sich entschlossen in Jugendwiderstandsgruppen formierten (z.B. die Swing Jugend und die Edelweißpiraten) oder die, die wegen „nicht-arischer“ Abstammung gar nicht erst beitreten durften.



Zur Zeit des Nationalsozialismus war das ganze Leben ideologisiert, d.h. man hatte sich in jeglichen Lebensbereichen der nationalsozialistischen Weltanschauung unterordnen müssen, mit dem Ziel der Verankerung der nationalsozialistischen Gedanken in der gesamten Gesellschaft. Kinder und Jugendliche, die als neue heranwachsende Generation gelten, übernahmen in diesem Prozess eine tragende Rolle. Das nationalsozialistische Regime war auf die Unterstützung dieser neuen Generation angewiesen und gründete deshalb Jugendorganisationen außerhalb der Familie und Schule (die als staatlich unterstellte Institution auch ideologisch instrumentalisiert war).

Man lockte die Kinder und Jugendlichen mit attraktiven Freizeitangeboten und nahm im außerschulischen Rahmen einen großen Einfluss auf die Kinder. Die, die keine Mitglieder werden wollten, oder weil es ihnen als Kinder jüdischer Eltern untersagt war, wurden ausgeschlossen, unterdrückt und verfolgt.





Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, etablierte sich die Hitlerjugend (HJ) als einzige staatlich anerkannte Jugendorganisation. Die HJ gab es zwar schon seit 1926, sie spielte in der Weimarer Republik aber eine eher untergeordnete Rolle. Infolge der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden alle übrigen Jugendorganisationen verboten – drei Jahre später wurde sogar ein Gesetz erlassen, welches manifestierte, dass es die Pflicht der Jungen und Mädchen sei, zur HJ zu gehen. Bereits vor Beginn des Zweiten Weltkrieges waren ca. 98% der Jugendlichen Mitglieder in einer der verschiedenen HJ-Organisationen. Die Nationalsozialisten lockten sie mit der Loslösung vom Elternhaus, regelmäßigen Treffen in Form von Heimabenden, Zeltlagern, Paraden.

Eine tragende Rolle spielte dabei immer die gegenüber Loyalität der "arischen" Volksgemeinschaft und der Führerfigur Adolf Hitler. Die Jungen wurden in der HJ auf den Krieg und das Soldatenleben vorbereitet. Die Mädchen waren dem BDM (Bund Deutscher Mädel) unterstellt und wurden dort in ihrer Rolle als angehende Hausfrauen und Mütter geschult.

Aber der militärische Drill und die Zwanghaftigkeit der HJ trugen nicht in allen jungen Köpfen Früchte. Vor allem in Berlin und Hamburg etabliert sich die Swing-Jugend, die ihre Weltanschauung eng mit der verbotenen Swing Musik verband. Sie pflegten einen anglophilen Lebensstil, gaben sich zum Beispiel englische Namen und trafen sich zum Tanzen. Die Nationalsozialisten führten Razzien durch und verfolgten die Swing-Jugendlichen. Die Edelweißpiraten, welche ihren Namen dadurch erlangten, dass sie als Erkennungsmerkmal einen weißen Anstecker trugen, waren weniger organisiert oder politisch und protestierten gegen die HJ.

Im Zuge der Reichspogromnacht im November 1938 wurden jüdische Schülerinnen und Schüler vom Unterricht ausgeschlossen, bis man sie schließlich zu Beginn der 40er Jahre in Konzentrationslager deportierte. Das Alltagsleben der jüdischen Mitbürger*innen (ab dem 6. Lebensjahr) war indes auch geprägt vom Tragen des Judensterns. Ein Nichttragen des (als öffentliche Bloßstellung empfundenen) Sterns wurde mit Geld- und Haftstrafen sanktioniert.





Didaktische Schwerpunktsetzung

Das Lernmaterial dient dem Aufbau hist. Kompetenzen und orientiert sich deshalb Kompetenzmodell des Geschichtslehrer*innenverbandes.

Ein Beispiel: Bereits in Aufgabe 1 wird nach dem Methoden-Medien-Kompetenz ausgebildet. Anhand eines YouTube Erklärvideos von MrWissen2go werden die historischen Sachverhalte über die Jugend im Nationalsozialismus vermittelt. An dieser Stelle wird vor allem die Medienkompetenz („Arbeitsverfahren und Medien zum Gewinn historischer Kenntnisse, Deutungen und Urteile nutzen“) geschult (Vgl. Baumgärtner, U.: Wegweiser Geschichtsdidaktik. S. 57-87). Mit Aufgabe 1 sollen sich die Schüler*innen eigenständig (mit Hilfe des Erklärvideos) einen Überblick über die historischen Sachverhalte verschaffen. An dieser Stelle wird, nach selbigem Kompetenzmodell, die Sachkompetenz gefördert (Fachinhalte werden nach dem Curriculum Lehrplan Oberschule Sachsen vermittelt).

Um ein weiteres Kompetenzmodell zu nennen, kann man sich in diesem Beispiel auf Gautschis Kompetenzmodell des „historischen Lernens“ beziehen. Gautschi unterscheidet zwischen: Sachanalyse (Erschließungskompetenz für historische Quellen und Darstellungen), Sachurteil (Interpretationskompetenz für Geschichte) und Werturteil (Orientierungskompetenz für Zeiterfahrung).

Aufgabe 1 lässt sich diesbezüglich im Bereich der Sachanalyse einordnen.



Nachfolgend sollen die jeweiligen Aufgaben des Lernmaterials in den beiden Kompetenzmodellen verortet werden. Außerdem werden geschichtsdidaktische Prinzipien aufgezeigt:

In der zweiten Aufgabe sollen die Schüler*innen ihre Erkenntnisse aus der vorherigen Aufgabe transferieren und reflektierend Rückschlüsse auf die Freiwilligkeit der Mitgliedschaften in HJ-Organisationen ziehen. Bereits der Begriff der Freiwilligkeit muss an dieser Stelle diskutiert werden. Hatten die Kinder und Jugendlichen damals überhaupt die Wahl? Hier ist der Bereich der Sachanalyse betroffen.

Die dritte Aufgabe sieht für die Schüler*innen die Einbindung eines Zeitzeugenberichtes vor. An dieser Stelle sollen die Schüler*innen erläutern, inwiefern das nationalsozialistische Regime die Mitglieder der Jugendorganisationen gezielt auf den Krieg vorbereitete. Damit einher geht die Personifizierung (Vgl. Völkel, B.: Handlungsorientierug, S. 49-64). Auch, wenn man die Subjektivität, die mit den Berichterstattungen von Zeitzeugen einhergeht nicht vernachlässigen darf, ist es eine angemessene Möglichkeit den historischen Erkenntnisprozess zu fördern.

Dieser Aufgabe kann man die Bereiche der Sachanalyse und des Sachurteils zuordnen, (Interpretationskompetenz nach Gautschi) und die Schulung der Fähigkeit, dass die Schüler*innen mit Zeugnissen der Geschichte adäquat umgehen.

In Aufgabe 4 sollen sich die Schüler*innen mittels eines Kurvendiagrammes einen Überblick über die Entwicklung der Mitgliederzahlen der HJ verschaffen. An dieser Stelle wird die Erschließungskompetenz (für historische Quellen und Darstellungen) gefördert, was die Sachanalyse des geschichtlichen Sachverhalts verankert.

Die Aufgaben 1 bis 4 behandeln den ersten großen thematischen Abschnitt: „Jugend dient dem Führer – Jugendorganisationen im NS-Regime.“



Die fünfte Aufgabe (welche dasselbe Erklärvideo zur Grundlage hat wie Aufgabe 1) bildet bei den Schüler*innen Sach-, bzw. Medienkompetenz aus und beschäftigt sich inhaltlich mit einer Charakterisierung der Jugend-Widerstandsgruppen Swing-Jugend und Edelweißpiraten. Auch hier ist der Bereich der Sachanalyse abgedeckt.

Aufgabe 6 soll thematisch einen Überblick über das Schicksal jüdischer Kinder und Jugendlicher bieten, vor allem im Alltagsbereich der Institution Schule. Die Schüler*innen sollen an der Stelle sehen, wie maßgeblich das alltägliche Leben beeinträchtigt war. Auch hier sollen die Schüler*innen die starken Unterschiede der Lebenswirklichkeiten von „arischen“ und jüdischen Kinder und Jugendlichen realisieren, was wiederum einen Einfluss auf deren empathisches Verständnis hat. Auch hier wird die Lebenswelt der Schüler*innen angesprochen. Die Informationsbeschaffung erfolgt digital, was wiederum die Medienkompetenz fördert und sich im Bereich der Sachanalyse verorten lässt.

An der Stelle wird bei den Schüler*innen Geschichtsbewusstsein herausgebildet: Die Jugendlichen verstehen, wie die Verfolgung der Juden und der Holocaust die gegenwärtige deutsche Erinnerungskultur maßgeblich beeinflussen. Für die Zukunft erwarten sie, dass solches Unrecht nie wieder geschehen darf, sie verstehen, dass die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft nicht mehr wiederholt werden dürfen.

Diese Betrachtungsweise lässt sich auf Aufgabe 7 und 8 übertragen: Die Schüler*innen werden mit der Kennzeichnung der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger mit dem gelben Stern konfrontiert. Unter der Verwendung der Quelle Q4 (Polizeiverordnung) sollen die Schüler*innen einen der Interpretationsansätze fortsetzen, was die Deutungs- & Reflexionskompetenz fördert. Die Schüler*innen verstehen, wie sehr sich das „Leben der Anderen“ vom Alltagsleben derer, die sich dem System fügten, unterschied, was die Herausbildung von Geschichtsbewusstsein verstärkt.

Die Aufgabe 7 ist im Bereich der Sachanalyse (Erschließungskompetenz für historische Quellen und Darstellungen) und Aufgabe 8 ist im Bereich des Sachurteils (Interpretationskompetenz für Geschichte) zu verorten.

Im Kontrast zu den Aufgaben 1 bis 4, dienen die Aufgaben 5 bis 8 Kenntlichmachung der Lebenswirklichkeit derer, die von der Volksgemeinschaft ausgeschlossen waren.



Aufgabe 9 soll den Schüler*innen helfen, sich mehr in die Zeit des Nationalsozialismus hineinzuversetzen. Sie versetzen sich hier gedanklich in eine völlig fremde Welt versetzen, um unter Abwägungen und kritischer Reflexion zu entscheiden, ob sie dem Konformitätsdruckhätten hätten standhalten können, oder nicht. Mögliche Gründe, die für eine potentielle Entscheidung relevant wären, werden durch die Schüler*innen mit Hilfe eines Flussdiagrammes reflektiert. Hier erfolgt nicht nur eine Bezugnahme auf die Lebenswelt der Schüler*innen oder die Förderung deren Empathie, sondern auch Selbstreflexion.

Im anschließenden Partnergespräch sollen die Schüler*innen weiter Stellung beziehen, möglicherweise auch gegen ihre eigentliche Entscheidung argumentieren und diskutieren. Aufgabe 9 und 10 implizieren eine Problemorientierung (Vgl. Hensel-Grobe, Problemorientierung und problemlösendes Denken, S. 50-63). Diese letzte Aufgabe des Lernmaterials deckt den Bereich des Werturteils (Orientierungskompetenz für Zeiterfahrung) ab.



Ein weiteres geschichtsdidaktisches Merkmal, welches das Lernmaterial betrifft und sich von Aufgabe 1 bis Aufgabe 9 manifestiert, ist die Multiperspektivität (Vgl. Lücke, M. Multiperspektivität, Kontroversität, Pluralität, S. 281-288). Der historische Sachverhalt wird anhand verschiedener Perspektiven (Überzeugungen, Wahrnehmungen, etc.) dargestellt. Eine tragende Rolle übernimmt in diesem Lernmaterial die Darstellung der verschiedenen Lebenswirklichkeiten. Die verschiedenen Lebensweisen werden anhand des Lernmaterials und unter Einbeziehung der Quellen gegenübergestellt.

In Aufgabe 9 erfolgt unter multiperspektivischer Betrachtungsweise eine sogenannte Perspektivübernahme. Die Schüler*innen sprechen in der Ich-Form und treffen eine Entscheidung anhand der im Vorfeld geleisteten Hintergrundnarration (Aufgabe 1 – 8). Streicht man den Sozialformenwechsel in Aufgabe 10, kann das Lernmaterialauch im home schooling und bei social distancing eingesetzt werden. Darüber hinaus wurden bereits innerhalb der Aufgaben einige digitale Angebote integriert, beispielsweise das Erklärvideo in Aufgabe 1. In diesem Zusammenhang haben die Schüler*innen die Möglichkeit, die Ergebnissicherung direkt auf dem Lernmaterial vorzunehmen.



Ein Sozialformenwechsel (abgesehen von Aufgabe 10) ist innerhalb der Leistungsüberprüfung als sonstige Leistung angedacht. Diese wird am Ende der Handreichung näher erläutert.



Das differenzierte Material (Niveau B) liegt in einer höheren Schwierigkeit vor, da das bereits vorhandene Material als leicht-mittel einzuschätzen ist. Differenziert wird auf mehreren Ebenen:

Aufgabe

Niveau B (schwerer)

2

zweiter Teil der Aufgabenstellung weggelassen

3

Antwortformat (in Sätzen) vorgegeben

4

eigenständige Auswahl der Diagrammart, zusätzlichen 4. Graphen erstellen (die Zahl der männlichen Mitglieder in NS-Jugendorganisationen errechnen)

6

nur Jahreszahlen voregeben

T2: Differenzierung
Literaturhinweise:

Baumgärtner, Ulrich: Wegweiser Geschichtsdidaktik. Historisches Lernen in der Schule, Paderborn, 2015, S.17-46
Baumgärtner, Ulrich: Wegweiser Geschichtsdidaktik. Historisches Lernen in der Schule, Paderborn, 2015, S.57-87
Bergmann, Klaus: Gegenwarts- und Zukunftsbezug, In: Mayer, Ulrich,Pandel, Hans-Jürgen,Schneider, Gerhard (Hrsg.): Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht, Schwalbach, 2007, S.91-112
Hensel-Grobe, Meike: Problemorientierung und problemlösendes Denken, In: Barricelli,Lücke (Hrsg.): Handbuch Praxis des Geschichtsunterrichts, Bd. 2, Schwalbach 2012, S. 50-63
Lücke, Martin: Multiperspektivität, Kontroversität, Pluralität, In: Barricelli, Lücke (Hrsg.): Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht, Schwalbach, 2007, S.281-288
Völkel, Bärbel: Handlungsorientierung, In: Mayer, Ulrich,Pandel,Hans-Jürgen, Schneider, Gerhard (Hrsg.): Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht, Schwalbach, 2007, S.49-64

4) Lernzielformulierung

In der folgenden Übersicht werden die Lernzeile zum Material vorgestellt.

Sie orientieren sich an dem in Sachsen gebräuchlichen WKW-Modell (Wissen-Können-Werten), das die drei Anforderungsbereiche umfasst.  

Wissen

Die Schüler*innen kennen...

Können

Die Schüler*innen können...

Werten

Die Schüler*innen beurteilen...

den Begriff Ideologie.

Informationen zu NS-Jugendorganisationen und Jugendwiderstandsgruppen aus einem Erklärvideo filtern und in eine Tabelle eintragen.



welchen Zweck das NS-Regime mit der Kennzeichnung der jüdischen Bevölkerung mit Davidstern verfolgte.

die NS-Jugendorganisationen Hitlerjugend (HJ) und Bund Deutscher Mädel (BDM).

Gründe für einen freiwilligen Eintritt in die HJ oder den BDM aus einer selbst ausgefüllten Tabelle herleiten.

mittels eines Flussdiagrammes begründet die Entscheidung, in eine NS-Jugendorganisation einzutreten.

Mitgliederzahlen, Vor- und Nachfolgeorganisationen, Unternehmungen innerhalb der Organisation, organisatorische Neuheiten und Ziele des NS-Regimes für die Organisation, der HJ und des BDM.

die unterschwellige Vorbereitung der HJ auf den Krieg auf Basis eines Zeitzeugeninterviews erklären.

die Jugendwiderstandsgruppen Swing Jugend und Edelweißpiraten.

die Entwicklung der Mitgliederzahlen der NS-Jugendorganisation und des BDM/JM aus einer Statistik herauslesen und in Relation zu der Gesamtzahl der Jugendlichen setzen.

die Handlungen der Swing Jugend und der Edelweißpiraten und die Reaktionen des NS-Regimes.

auf Basis einer Mitgliederstatistik ein Kurvendiagramm über die Entwicklung von Mitgliederzahlen von NS-Jugendorganisation und dessen Anteil von Mädchen erstellen.

das Schicksal der von Ausgrenzung, Entrechtung, Verfolgung und Ermordung betroffenen jüdischen Kinder und Jugendlichen im Dritten Reich.

Informationen zu dem Schicksal jüdischer Kinder und Jugendlicher aus einem Text erschließen und in einem Zeitstrahl verorten.



die Kennzeichnung von Juden im Dritten Reich durch einen gelben Stern (Davidstern)

aus der Polizeiverordnung vom 1.September 1941 (Textquelle) Maßnahmen und Strafen für die jüdische Bevölkerung herausarbeiten.

T3: Lernziele

Leistungsüberprüfung

Schüler*innen sollen in sich in 3er Gruppen zusammenfinden, um gemeinsam einen Kurzvortrag auszuarbeiten und diesen anschließend präsentieren zu können. Der Kern des Referates ist, dass mehr und mehr individuelle Schicksale aus der Zeit des Nationalsozialismus berücksichtigt werden. Die Schüler*innen sollen einen von den drei im Vorfeld behandelten Bereichen (Jugendliche in der HJ, Jugendliche im Widerstand, jüdische Jugendliche) auswählen und anhand einer stellvertretenden Person darstellen.

Die Grundlage für das Referat soll ein (oder wenn gegeben mehrere) Zeitzeugenbericht(e) (d.h. Quellen) sein. Auch, wenn es sich hierbei um eine Gruppenleistung handelt, sollen die Schüler*innen jeweils einen eigenen Beitrag leisten.



Sie sollen jede*r für sich die Biographie der ausgewählten dargestellten Person kritisch hinterfragen und reflektieren. Auch an dieser Stelle wird Geschichtsbewusstsein ausgebildet.

Die Schüler*innen agieren in Handlungsorientierung (Vgl. Völkel, B. Handlungsorientierung, S. 49-64). Es wird eine Brücke zwischen der Vergangenheit und Gegenwart geschlagen. Die vielleicht lange vergessene Biographie der ausgewählten repräsentativen Persönlichkeit, welche in der Vergangenheit liegt, wird in die Gegenwart übertragen und kontrovers diskutiert. Es liegt auch hier Personifizierung vor. An dieser Stelle ist es sehr wichtig, dass die Schüler*innen nochmal die Möglichkeit haben, innerhalb der Kleingruppen zu arbeiten, um einen Austausch über dieses emotionale Thema gewährleisten zu können.

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