Die Medaille wurde zu Werbezwecken an die Leipziger Bevölkerung verteilt,....
Die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung und die
Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung 1897 in Leipzig
Kurzbeschreibung
Das vorliegende Lernmaterial ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen der Geschichtsdidaktik der Universität Leipzig und dem Landesfilmdienst Sachsen e.V.. Im Zuge des Themenjahres 2022 Leipzig. Freiraum für Bildung
beschäftigten sich Lehramtsstudierende mit den historischen Hintergründen der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) im Jahr 1897 in Leipzig. Dabei entwickelte Unterrichtsideen wurden mit Schüler*innen der 8. Klasse an zwei Leipziger Gymnasien erprobt.
Diese Handreichung präsentiert eine Zusammenschau methodischer Ideen zur Thematisierung der STIGA im Geschichtsunterricht. Das Lernmaterial versteht sich als Impuls, der entsprechend jeweils spezifischer Bedingungen variabel umgesetzt werden kann. Inhaltlich bietet das Material einerseits Zugänge zur Thematisierung ökonomischer Aspekte der STIGA im Kontext der Industrialisierung. Andererseits liegt ein Schwerpunkt auf der Deutsch-Ostafrikanischen Ausstellung (DOAA), die als Teil der STIGA zur gleichen Zeit stattgefunden hat und die Möglichkeit bietet, das Thema Kolonialismus aufzugreifen. Die Autor*innen empfehlen einen verschränkenden Zugang, der einen lokalgeschichtlichen Blick auf das Jahr 1897 und globale Phänomene im Spannungsfeld zwischen Industrialisierung und Kolonialismus bietet.
Hierzu beinhaltet das Material einzelne Module, die flexibel eingesetzt, ausgewählt und beispielsweise als Stationsarbeit integriert werden können. Eine Vielzahl der Lernmaterialien ist digital verfügbar und ermöglicht damit Ansatzpunkte für entdeckendes Lernen durch die Schüler*innen.
Anja Neubert (Geschichtsdidaktik, Universität Leipzig) und Christoph Marx (Landesfilmdienst Sachsen e.V.)
Inhaltsverzeichnis
Kurzbeschreibung, Inhaltsverzeichnis, Nutzungshinweis..................................................... S. 2
Die Sächsisch-Thüringische Gewerbeausstellung 1897 ................ ...................................... S. 3
Die Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung 1897 .................................................................... S. 5
Exkurs: Postkolonialismus und historisches Lernen ............................................................ S. 7
Geschichtsdidaktische Schwerpunkte und methodische Umsetzung ............................... S. 8
Das Lernmaterial im Überblick I (Option: Stationen STIGA und DOAA) ............................. S. 9
Das Lernmaterial im Überblick II (Option: zwei Doppelstunden) ....................................... S. 10
Die Lernmaterialien konkret ................................................................................................... S. 11
Impressum, weitere Informationen und Materialien .......................................................... S. 31
Nutzungshinweise
Industrialisierung und Kolonialismus vor der Haustür?
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Die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung 1897
Vor 125 Jahren zog die „Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung“ (STIGA) auf dem Gelände des heutigen Leipziger Clara-Zetkin-Parks ein breites Publikum in ihren Bann. Heute weitestgehend vergessen, ist sie mit der Teilexposition „Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung“ (DOAA) und der zugehörigen „Völkerschau“ Teil der kolonialen Vergangenheit Leipzigs.
Die STIGA fiel in eine Zeit, die von starkem Bevölkerungswachstum - ca. 32.000 Einwohner*innen zu Beginn des Jahrhunderts auf ca. 400.000 im Jahr der Ausstellung (Vgl. Illustrierte Chronik, 1898, S. 1), Eingemeindungen, einer Zunahme der Betriebe (1871: 4.551, 1895: 18.156) und Fabrikfertigung gekennzeichnet war (Vgl. Hochmuth 2012, 50f.). Erste Anregungen zur Umsetzung der STIGA gehen auf das Jahr 1893 zurück, als die Leipziger Messe aufgrund einer Cholera-Pandemie ausfiel und eine Konzentration des Messehandels auf die Reichshauptstadt Berlin drohte (Vgl. Ebda., S. 66). Der 1892 gegründete Mess-Ausschuss entwickelte die Idee, mit einer größeren Industrie- und Gewerbeausstellung die Rolle Leipzigs als merkantiles und industrielles Zentrum Mitteldeutschlands zu betonen (Vgl. Ebda., S. 66).
Es entstand das Konzept einer erweiterten sächsischen Landesausstellung, zu der Aussteller aus Thüringen, der preußischen Provinz Sachsen, des Herzogtums Anhalt, des preußischen Regierungsbezirks Liegnitz, der Mark Brandenburg und der drei fränkischen Kreise Bayerns eingeladen wurden (Vgl. Ebda.).
Der Königlich Sächsische Baurat Arwed Rossbach legte im Mai 1894 einen Plan zur Gestaltung des 400.000 Quadratmeter umfassenden Geländes am Elsterflutbett vor, das zunächst trockengelegt und anschließend an die Strom- und Wasserversorgung sowie die städtische Straßenbahn und Sächsische Staatsbahn angebunden wurde.
Die Eröffnung erfolgte am 24. April 1897 in Anwesenheit König Alberts von Sachsen. Bis zu ihrer Schließung am 19. Oktober 1897 wurden für die STIGA rund 2.300.000 Eintrittskarten verkauft (Vgl. Illustrierte Chronik 1899, S. 36).
Den Kern der STIGA bildete die eigentliche Industrieausstellung, die mit über 3.000 Ausstellern darauf zielte Dem Inland und Ausland zu zeigen, was die Industrien und Gewerbe im Ausstellungsgebiet zu leisten im stande sind
(Illustrierte Chronik 1897, S. 49). Neben der Präsentation industrieller und gewerblicher Erzeugnisse waren u.a. ein Kneipenviertel, ein Vergnügungsviertel, eine Kunstausstellung, eine ethnografische Präsentation namens Thüringer Dörfchen, die historische Erlebniswelt Altleipziger Messeviertel und die bereits erwähnte „Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung“ (DOAA) an die STIGA angeschlossen. Der Eingang zur DOAA befand sich direkt zu Beginn der STIGA (siehe Q3 links im Bild).
Einen guten Einblick in die Organisation und Durchführung der STIGA bieten verschiedene Quellen wie eine Illustrierte Chronik
, ein Offizieller Führer
zur Ausstellung sowie eine Serie von Lichtdrucken. Diese sind als Digitalisate in der Sammlung der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) verfügbar.
Hochmuth, Enrico: Industrie- und Gewerbeausstellungen in Sachsen 1824 - 1914: ihr Beitrag zur kommunalen und regionalen Standortbildung, Beucha Markkleeberg 2012.
Klunkert, Gabriele: Schaustellungen und Volksbelustigungen auf Leipziger Messen des 19. Jahrhunderts: Eine wirtschafts- und sozialgeschichtliche Untersuchung, Chemnitz 2009. (S. 240-269)
Website der Stadt Leipzig zu 125 Jahren STIGA (2022): <https://stiga-leipzig.de>
Website der HTWK zur STIGA (2022): https://digiboard.htwk-leipzig.de/ausstellung/
Die Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung in Leipzig 1897
Zur Eröffnung der STIGA äußerte der Leipziger Stadtrat Dodel den Wunsch, „dass die deutsche Industrie und das deutsche Gewerbe ihren Siegeslauf über die ganze Welt erfolgreich weiter fortsetzen (möge)." (Illustrierte Chronik STIGA 1899, S. 24f.)
Damit rückt die STIGA in den Kontext nationalen und imperialen Sendungsbewusstseins des Kaiserreichs. Doch nicht nur die Leistungsschau hiesiger Industrie ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Vielmehr gerät mit der als Teil der STIGA durchgeführten „Deutsch-Ostafrikanischen Ausstellung" (DOAA) ein weiterer Aspekt des Imperialismus und Kolonialismus dieser Zeit in den Fokus.
Sogenannte „Völkerschauen“ waren zur Zeit der STIGA weit verbreitet und konnten in Deutschland und Europa auf eine lange Tradition und zunehmende Konjunktur zurückblicken (Vgl. Löffler 2021, 56). Für die Jahre zwischen 1874 und 1932 kann von einem Schätzwert von 60 „Völkerschauen“ mit insgesamt 2.648 zur Schau gestellten Menschen ausgegangen werden (Vgl. Klunkert 2010, 242). Klunkert verweist darauf, dass der Begriff „Völkerschauen“ zeitgenössisch und entsprechend zu hinterfragen ist, außerdem auch erst spät Verwendung fand und teilweise übergeneralisierend verwendet wurde (Vgl. Ebda., S. 240).
Das Deutsche Reich hat im Laufe seiner vergleichsweise kurz währenden kolonialen Geschichte zahlreiche Gebiete in Afrika formell oder informell unter seinen „Schutz“ gestellt, deren Bewohner*innen auch aus unternehmerischen Beweggründen in deutschen Städten einer interessierten Besucher*innenschaft präsentiert wurden. Im Jahr 1896 wurde im Rahmen der Berliner Gewerbeausstellung im Treptower Park die erste deutsche Kolonial-Ausstellung angegliedert (Vgl. Ebda., S. 77). Der finanzielle Erfolg der Berliner Ausstellung wurde von den Leipziger Ausstellungsorganisatoren wahrgenommen und beförderte die Hoffnungen auf den Erfolg der DOAA. Zunächst versprachen sich die Organisator*innen also Einnahmen aus der exotisierenden Darstellung der Menschen und eine lockende Wirkung auf die Leiziger*innen (Vgl. Löffler 2021, 66).
Zudem verbanden sich mit der Ausstellung auch kolonialpolitische Interessen (vgl. Hochmuth, 2012, S.72). Im Offiziellen Führer
zur DOAA heißt es dazu: „Zum Schluss geben wir uns der Hoffnung hin, dass diese Ausstellung dem kolonialen Interesse überhaupt und insbesondere dem für das vielversprechende deutsch-ostafrikanische Schutzgebiet Nutzen bringt." (Offizieller Führer zur Deutsch-Ostafrikanischen Ausstellung 1897, S. 65).
Das 20.000 m² große Gelände der DOAA befand sich links vom Eingang der STIGA zwischen heutigem Kreisverkehr und der Gastronomie Glashaus
und gliederte sich in zwei Bereiche. Zusätzlich zum Eintritt für die STIGA war von den Besucher*innen hierfür ein Preis von 30 Pfennigen zu entrichten. Insgesamt besuchten 635.000 Menschen die DOAA, also fast jede*r vierte Besucher*in der STIGA und beispielsweise über sechs Mal mehr als Besucher*innen der Kunstausstellung (Vgl. Illustrierte Chronik 1899, S. 36).
Neben einer Reihe von Nachbauten beispielsweise der Handelsstraße von Daresalam und der Plantagenstation Usungula sowie Sammlungen ethnographischer Produkte bildete eine „Völkerschau" den Kern der DOAA. Mit Genehmigung von Gouverneur von Liebert war hierfür der Handlungsreisende Karl Kaufmann am 27.12.1896 „von Berlin zur Anwerbung von Eingeborenen nach Daresalam abgereist und am 16. April (...) in Leipzig mit 47 Eingeborenen eingetroffen (...) “ (Offizieller Führer DOAA, 1897, S. 6).
Außerdem wurde mit dem Ort der Ausstellung, anders als mit dem Zoo, eine direkte Verbindung zwischen der regionalen Wirtschaft und kolonialen Besitzungen und Unternehmungen hergestellt. Dieser Idee folgend wurden nicht nur Menschen, sondern auch aus den Kolonien stammende Produkte vorgeführt (Löffler 2021, S. 66). Mögliche Erklärungen für den Erfolg der DOAA als Teil der STIGA liegen in der kontrastierenden Gegenüberstellung von industriellem Fortschritt einerseits und vermeintlicher Rückständigkeit der Kolonialgebiete andererseits sowie in der allgemeinen Faszination am „Exotischen“.
Kontrastierende Gegenüberstellung auf Bildpostkarten:
In regelmäßigen Veranstaltungen führten sie den interessierten Besucher*innen Schaukämpfe, Tänze oder „typische" Arbeiten vor.
Auf der „Deutsch-Ostafrika-Ausstellung“ verstarb einer der ausgestellten Menschen, vermutlich in Folge der klimatischen Bedingungen. Er wurde in Leipzig beigesetzt (Vgl. Löffler 2021, S. 66).
Sowohl die zu Werbezwecken eingesetzten Bildpostkarten als auch die Texte im Begleitheft zur DOAA zeugen von stereotypen und rassifizierenden Darstellungen. Selbstzeugnisse der ausgestellten Menschen sind nicht überliefert.
Typen aus Deutsch-Ostafrika- Abbildung im Ausstellungsführer der STIGA 1897 (aus: Lichtdrucke STIGA, SLUB Dresden, gemeinfrei) https://is.gd/1cqrFv
Die „Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung" auf der STIGA umfasste mehrere Straßenzüge, Läden, ein Restaurant, ethnographische und koloniale Objekte, ein Gewächshaus sowie das „Ostafrikanische Dorf“ mit den 47 angeworbenen Einwohner:innen verschiedener Stämme.
Löffler, Katrin: Leipzig und der Kolonialismus. Eine Spurensuche, Leipzig 2021.
Hochmuth, Enrico: Von der Dschungelhütte zum Glashaus. In: Leipziger Blätter, Nr. 39 (2001), S. 29–31.
Exkurs: Postkolonialismus und historisches Lernen
Postkolonialismus...
„Postkoloniale Theorie interveniert in die eurozentrischen Narrative und die damit zusammenhängende Amnesie Europas, um hegemoniale Strukturen zu transformieren.“ (Huggan 2013, S. 12)
Postkolonialismus kann nicht als etwas gedacht werden, dass nach dem Kolonialismus kam, sondern muss viel mehr als Widerstandsform gegen koloniale Herrschaft und ihre Konsequenzen betrachtet werden. Die postkoloniale Theorie wendet sich also den Komplexitäten und Widersprüchen historischer Prozesse zu, anstatt Geschichte als lineare Progression zu betrachten. Dementsprechend ist der Prozess der Dekolonisierung zwar ein kontinuierlicher, er lässt sich aber keinesfalls als fortschreitend darstellen. Stattdessen zeigen Neokolonialismus und Rekolonisierungstendenzen, dass der Kolonialismus immer neue Wege findet und Strategien entwirft, um sich die Ressourcen der vormals kolonisierten Länder zu sichern. So sind spezifische Unterdrückungsformen weiterhin aktuell, während andere immer wieder revitalisiert werden (Vgl. do Mar Castro Varela; Dhawan 2015, S. 16).
In der anglophonen Geschichtswissenschaft wird Kolonialismus meist als Herrschaftsverhältnis mit sendungsideologischen Rechtfertigungsdoktrinen verstanden, die auf der Überzeugung von kultureller Höherwertigkeit beruht (Vgl. Osterhammel 2012, S 8f.)
Diese hegemoniale Struktur einer europäischen Wissensordnung führte dazu, dass die Europäer die Kolonisierten stets als Gegenpol ihrer selbst konstruierten und so Dichotomien und hierarchische Beziehungen schafften, die diskursiv bis heute nicht überwunden sind.
Gerade in Schulbüchern und Lehrplänen wird Kolonialismus weiterhin sehr eindimensional aus europäischer Perspektive betrachtet. Die Kolonisierten bleiben häufig auf eine passive Rolle reduziert oder spielen gar keine Rolle. Besonders augenscheinlich wird dies mit Blick auf den Sächsischen Lehrplan, der für die Klassenstufe 8 im Lernbereich 4 mit dem „Kennen imperialistischer Bestrebungen von Großmächten, „Selbst- und Fremdwahrnehmung verschiedener Großmächte
oder der vorgeschlagenen „Fallstudie - konkurrierende Kolonialpolitik" ausschließlich eurozentristische Inhalte vorsieht (Vgl. SMK Lehrplan Geschichte 2019, S. 21).
und historisches Lernen
Die postkolonialen Bewegungen beziehen sich insbesondere auf ein stärker kulturelles Verständnis von Kolonialismus und fragen daher dezidiert nach den (Rück-) Wirkungen des Kolonialismus auf die europäischen Gesellschaften. Hieraus ergibt sich gleichzeitig die wichtigste Herausforderung der Geschichtsdidaktik in Bezug auf die postkoloniale Theorie und die DOAA 1897. Wird nämlich die kulturelle Dimension von Kolonialismus stärker als die realpolitische Seite akzentuiert – Kolonialismus also als eine mentale Struktur begriffen – ergeben sich andere Fragen und Beziehungen, als es der Fall wäre, wenn man den Kolonialismus mit der Unabhängigkeit der meisten ehemaligen Kolonien als ein abgeschlossenes Phänomen begreift.
Eine weitere Herausforderung der Geschichtsdidaktik zeigt sich in den Narrativen zum Kolonialismus, welche die Entwicklung außereuropäischer Gesellschaften und ihrer politischer Systeme oft als defizitär beschreiben und gleichzeitig die moderne Geschichte als Ausbreitung europäischer Errungenschaften (z.B. Kapitalismus als Marktwirtschaft, Christentum, rationales Denken der Aufklärung, Bildungsinstitutionen etc.) erzählen. Entwicklungen in den Kolonien und später in den ehemaligen Kolonialgebieten können vor diesem Modernisierungsnarrativ demnach nur defizitär bewertet werden und führen so zur Bestätigung kolonialer Stereotype (Vgl. Grewe 2016, S. 25f.).
Eckert, A.: Postkoloniale Zeitgeschichte?, In: Zeithistorische Forschungen 3 (2020). https://t1p.de/u91w, zuletzt aufgerufen: 02.09.2022
Do Mar Castro, M.; Dhawan, N.: Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung, Bielefeld 2015.
Grewe, B.-S. (Hg.): Geschichtsdidaktik postkolonial, in: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 15 (2016).
Huggan, G.: Oxford Handbook of Postcolonial Studies. Oxford; New York 2013.
Osterhammel, J.; Jansen, J. C.: Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen, München 2012.
Website Leipzig postkolonial https://leipzig-postkolonial.de/themen/
Instagram Initiative Retelling DOAA (Leipzig) https://www.instagram.com/retelling_doaa/?hl=de
Website Dresden postkolonial http://dresden-postkolonial.de/karte/
Geschichtsdidaktische Schwerpunkte und methodische Umsetzung
Verfremdete Bildpostkartezur DOAA
Die Lernmaterialien zur DOAA nehmen die für diversitätssensibles historisches Lernen relevante Differenzkategorie „race" in den Blick und eröffnen zu Beginn einen gegenwartsorientierten Ansatzpunkt zur Thematisierung von Rassismus als eine Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (Vgl. Gentner 2019, S. 48). -> siehe Modul 6
Bodo von Borries benennt u.a. „Fremdheit als Differenzerfahrung und Projektionsmechanismus (hier DOAA: Exotisierung indigener Menschen) sowie „individuelle und kollektive Identitätsbildungsprozesse
(hier STIGA: nationale Leistungsschau) als geeignete Themenfelder für interkulturelles Lernen (Zit. nach: von Reeken 2003, S. 239). In diesem Sinne bietet das Lernmaterial die Möglichkeit der Verschränkung der thematischen Zugänge Industrialisierung bzw. STIGA einerseits -> siehe Module 1-5 und Kolonialismus bzw. DOAA andererseits -> siehe Module 6-13 andererseits. Den Zusammenhang von gesellschaftlich konstruierten Machtstrukturen bzw. Selbstwahrnehmung und der Konstruktion kultureller Ungleichheit bzw. Fremdzuschreibungen kann ein Vergleich von historischen Bildpostkarten Rechnung tragen. -> siehe Module 9, 10, 12
Die Auseinandersetzung bzw. Analyse und Interpretation von historischen Bildpostkarten zielt zudem auf die Förderung von Methodenkompetenz.
Auf vielfältige Weise bieten die Lernmaterialien Ansatzpunkte zur Recherche von Quellen bzw. Digitalisaten zur STIGA bzw. DOAA bzw. zum handlungsorientierten Lernen mit digitalen Medien. Damit wird ein Beitrag zur Medienbildung im Kontext der Digitalisierung (SMK 2019) geleistet.
-> siehe Module 1, 2, 4, 10, 13
Das Lernmaterial zur Spurensuche im heutigen Leipziger Clara-Park zielt auf die Wahrnehmungskompetenz der SuS und unterstreicht zudem die Bedeutung lokalgeschichtlichen historischen Lernens.-> siehe Modul 11
Die Frage nach dem heutigem Umgang mit der DOAA eröffnet die Perspektive geschichtskultureller Kompetenz und bietet Chancen individueller Werturteilsbildung sowie Sensibilisierung für diversitätässensible Geschichtsdarstellungen. Entsprechend problematisiert das Lernmaterial die heutige Tradierung kolonialer Perspektiven und Zuschreibungen, indem SuS handlungsorientiert aufgefordert werden, bereits thematisierte historische Bildpostkarten visuell zu verfremden.
-> siehe Modul 13
Im Sinne interkultureller Kompetenz trägt das Lernmaterial insgesamt einerseits zu historischem Fremdverstehen (Wie sind Zuordnungen und Abgrenzungen von uns
und den anderen
entstanden?) und andererseits zu verändertem Selbstverstehen (eigener Umgang mit kultureller Vielfalt heute) bei (Vgl. Reeken 2009, S. 238)
Anzumerken ist das Fehlen multiperspektivischer Zugänge, die aufgrund der unzureichenden Quellenlage (z.B. Perspektive der „Ausgestellten") nicht realisiert werden konnten. Auf fiktionalisierte Perspektiven wurde dennoch bewusst verzichtet. Stattdessen sollte mit der Dekonstruktion von Fremdzuschreibungen oder der Problematisierung unreflektierter Weitergabe stereotyper kolonialer Bildmotive dem Defizit multiperspektivischer Quellen begegnet werden.
Gentner, E.: Interkulturelles Lernen im Geschichtsunterricht, Frankfurt 2019.
Reeken, von D.: Interkulturelles Lernen, In: Günther-Arndt, H. u.a. (Hg.): Geschichts-Didaktik, 8. Aufl., Berlin 2020, S. 238-246.
Sächsisches Ministerium für Kultus (Hg.): Kompetenzrahmen Medienbildung Sachsen 2019) https://t1p.de/krmbsachsen
Das Lernmaterial im Überblick I (Option: Stationen STIGA und DOAA)
Die vorliegenden Lernmaterialien berücksichtigen sowohl das Themenfeld „Industrialisierung (STIGA) als auch „Kolonialismus
(DOAA). Die unten genannte Reihenfolge sowie die Anzahl der zu bearbeitenden Materialien stellen keine Vorgabe im Sinne einer Chronologie des Einsatz im Unterricht dar. Vielmehr verstehen sich die Materialien als Impuls, der je nach spezifischem Einsatzszenario bzw. Voraussetzungen der Lerngruppe arrangiert und beispielsweise als Stationsarbeit umgesetzt werden kann. Denkbar ist auch die Durchführung einer 180 minütigen Einheit (siehe Folgeseite).
Modul
Thema
Inhalte und Methoden
1
Mit historischen Karten lernen:
Der Standort der Sächsisch-Thüringischen Gewerbeausstellung (STIGA)
- Textquelle (Infrastruktur Leipzig), historische Karten (Ausstellungsgelände), virtuelles Kartenforum (digital)
2
In einer digitalen Sammlung recherchieren:
Eine Medaille zur STIGA kennenlernen
- virtueller Münzkatalog (digital), Bildquelle (Medaille)
3
Mit historischen Anzeigen lernen:
Leitsektoren der Industrialisierung
- historische Zeitungsanzeigen, Lageplan Industriehalle STIGA
4
Informationen präsentieren:
Durch die Industrieausstellung der STIGA führen
- Illustrierte Chronik der STIGA (digital), Präsentation erarbeiten
5
Eine Ausstellung typisch Kaiserzeit?
Textquellen untersuchen
- Eröffnungsrede STIGA und Begleitheft zur DOAA, Wortwolke erstellen (digital)
6
Impuls: Rassismus heute?
- Werbung heute, Begriffe, Kolonien, Geschichtskarte
7
Historischer Hintergrund: STIGA und DOAA
- Vorlage Präsentation Lehrer*innenvortrag
8
Menschen als Ausstellungsobjekte?
Die Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung 1897
- Text- und Bildquellen zur DOAA, Werturteil (Erklärung der Menschenrechte 1948)
9
Bildpostkarten vergleichen:
Die STIGA und DOAA im Bild
- historische Bildpostkarten zur STIGA und DOAA vergleichen
10
War das Rassismus?
Historische Bildpostkarten analysieren
- Positionslinie, historische Bildpostkarten digital recherchieren und analysieren
11
Spurensuche vor Ort: Der Clara-Zetkin-Park als ehemaliges Gelände der STIGA
- lokalgeschichtliche Erkundung, Fotografien anfertigen, Wahrnehmungskompetenz
12
„WIR und die „ANDEREN
? Die STIGA zwischen Industrialisierung und Kolonialismus
- Schaubild erstellen, Sachurteil
13
Rassismus heute #teilen? Eine historische Bildpostkarte verfremden
- Handlungsorientierung (Tablet), Medienbildung, Werturteil
Lehrplanverortung:
Klassenstufe 8 GYM Sachsen LB 4: Kolonialismus, Fallstudie, aktuelle gesellschaftlich-relevante Themen; Kompetenzentwicklungen: Analyse und Beurteilung verschiedener Quellen- und Darstellungsformen
Klassenstufe 8 GYM Sachsen LB 2: Industrialisierung als wiederholender Rückgriff : Leitsektoren Hochindustrialisierung; Kompetenzentwicklung: informatische Bildung Recherche von Informationen
Das Lernmaterial im Überblick II (Option: zwei Doppelstunden)
Die Lernmaterialien zur „Deutsch-Ostafrikanischen Ausstellung" 1897 in Leipzig wurden mit Schüler*innen verschiedener 8. Klassen des Gymnasiums erprobt. Die folgende Übersicht stellt daher einen Vorschlag dar, mit dem vorliegenden Lernmaterial eine Unterrichtseinheit von ca. 180 Minuten zu gestalten.
Unterrichtsblocklock I (90 Minuten)
Phase
Inhalt
Sozial-
form
Medien/ Methoden
Einstieg
(10´)
Ist das rassistisch?
Gegenwartsorientierung - Aktivierung -Vorerfahrung - Präkonzepte Rassismus
UG
Beispiele Rassismus in der Werbung
Positionslinie, Diskussion
Modul 6, Aufgabe 1
Gelenk
(10´)
Zwischen Industrialisierung und Kolonialismus
Historischer Hintergrund STIGA/ DOAA
LV
Vorlage Präsentation für Lehrer*innenvortrag
Modul 7
Erarbeitung I
60´
Stationsarbeit
1) Bildpostkarten (P)
2) Textquellen zur STIGA bzw. DOAA (P)
3) Historische Karten (WP)
4) Unternehmen Industrialisierung (WP)
5) Medaille Gewerbeausstellung (WP)
=> P=Pflicht, WP=Wahlpflicht (insg. 3SuS)/
EA/ PA
1) Modul 9 oder bzw. und 10
2) Modul 5
3) Modul 1
4) Modul 3
5) Modul 2
HA
10´
Spurensuche
Orte der STIGA/ DOAA, Gedenkstele
UG
historische Karte, Foto, padlet oder taskcards Modul 11
Unterrichtsblocklock II (90 Minuten)
Phase
Inhalt
Sozial-
form
Medien
EINSTIEG
10´
Vergleich HA, Geschichte vor der Haustür
UG
Fotos Modul 11
Sicherung Ia
20´
gegenseitiges Vorstellen Ergebnisse Erarbeitung I/ Stationsarbeit
GA
Module 1, 2, 3, 5, 9, 10
Sicherung Ib
15´
„WIR und die „ANDEREN
? Die STIGA zwischen Industrialisierung und Kolonialismus
UG
Zusammenhang STIGA und DOAA, Diskussion, Tafelbild Modul 12
Gelenk
5´
Frage: Rassismus #teilen?
UG
Geschichtskultur Modul 13, Aufg. 1
Erarbeitung II
25´
Rassismus heute #teilen?
Eine historische Bildpostkarte verfremden
EA/ PA
Handlungsorientierung, Werturteil, z.B. App Sketchbook auf Tablet Modul 13
Sicherung II
15´
Präsentieren der Bildpostkarten
UG
15-20 Min.
Q1: Auszug aus der Wegbeschreibung zur Sächsisch-Thüringischen Gewerbeausstellung, 1897
Die Stadt Leipzig besitzt, wie es ihrer Bedeutung als Handels- und Industriestadt entspricht, vorzügliche Bahnverbindungen [...]. Sechs Bahnlinien laufen hier zusammen [...]. Leider ist Leipzig noch nicht im Besitze eines Centrahlbahnhofes, sodass jede dieser sechs Linien in einem besonderen Bahnhofe mündet, von denen drei, der Dresdener, Magdeburger und Thüringer Bahnhof, am nördlichen Promenadenringe in nächster Nähe der inneren Stadt liegen, während die drei übrigen, der Berliner, Bayerische und Eilenburger Bahnhof von diesen [...] ziemlich weit entfernt sind. [..] Wohl die meisten auf den Bahnhöfen ankommenden Fremden, welche sofort die Ausstellung besuchen wollen, werden sich dazu entweder der Droschken* oder der elektrisch betriebenen Straßenbahnen bedienen. 1) Die große Leipziger Straßenbahn (blaue Wagen): Vom Blücherplatz (Thüringer, Magdeburger, Dresdner Bahnhof) über Göthestraße und Obstmarkt zur Carl Tauchnitzstraße (Ausstellung). [...] 2.) Leipziger Elektrische Straßenbahn (rote Wagen): Vom Blücherplatz
Die Stadt Leipzig besitzt, wie es ihrer Bedeutung als Handels- und Industriestadt entspricht, vorzügliche Bahnverbindungen [...]. Sechs Bahnlinien laufen hier zusammen [...]. Leider ist Leipzig noch nicht im Besitze eines Centrahlbahnhofes, sodass jede dieser sechs Linien in einem besonderen Bahnhofe mündet, von denen drei, der Dresdener, Magdeburger und Thüringer Bahnhof, am nördlichen Promenadenringe in nächster Nähe der inneren Stadt liegen, während die drei übrigen, der Berliner, Bayerische und Eilenburger Bahnhof von diesen [...] ziemlich weit entfernt sind. [..] Wohl die meisten auf den Bahnhöfen ankommenden Fremden, welche sofort die Ausstellung besuchen wollen, werden sich dazu entweder der Droschken* oder der elektrisch betriebenen Straßenbahnen bedienen. 1) Die große Leipziger Straßenbahn (blaue Wagen): Vom Blücherplatz (Thüringer, Magdeburger, Dresdner Bahnhof) über Göthestraße und Obstmarkt zur Carl Tauchnitzstraße (Ausstellung). [...] 2.) Leipziger Elektrische Straßenbahn (rote Wagen): Vom Blücherplatz
Q1: Auszug aus der Wegbeschreibung zur Sächsisch-Thüringischen Gewerbeausstellung, 1897
5
10
15
20
Q2: Historische Karte digital
Q3: Virtuelles Kartenforum
Entstehungszeitraum des Ausstellungsgeländes
Name des Ausstellungsgeländes
Industriehalle - Haupteingang - Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung - Leuchtspringbrunnen - Vergnügungsviertel
15-20 Min.
M1: Virtueller Münzkatalog
Q1: Medaille zur Sächsisch-Thüringischen Gewerbeausstellung, 1897
(von: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), CC BY-NC-SA 3.0 DE)
Die Medaille wurde zu Werbezwecken an die Leipziger Bevölkerung verteilt,....
Mit der Medaille hat man den Eintritt zur STIGA bezahlt, ...
Die Medaille war eine Auszeichnung für hervorragende Aussteller bzw. Unternehmen auf der STIGA, ...
15 Min.
Q7: Chronik STIGA
60 Min.
Q1: Illustrierte Chronik -Ausstellungsgruppen
Q2: Offizieller Führer STIGA -
Industriehalle
A) Aufbau und Gestaltung Industriehalle
- Stichpunkte zu Größe, Aufbau und Aussehen einzelner Ausstellungshallen
- Bilder der Industriehalle innen und außen
B) ausgewählte Ausstellungsgruppen
- Stichpunkte zu Ausstellern, Zahlen und Themen von 3-4 Ausstellungsgruppen
- Bilder von Ständen ausgewählter Unternehmen
Industrie-
zweig
Name Unternehmen
angebotene Produkte
Bild
chemische Industrie
chemische Fabrik von Heyden Dresden
Säuren, Süssstoffe u.s.w.
25-30 Min.
Nationalismus
Übersteigertes Bewusstsein vom politischen, wirtschaftlichen und militärischen Wert der eigenen Nation.
Imperialismus
Streben einer Großmacht, ihren politischen, militärischen und wirtschaftlichen Einfluss weiter auszudehnen z.B. durch Kolonien.
Rassismus
Diskriminierung, wodurch Menschen z.B. wegen ihrer Herkunft oder ihrer Hautfarbe ausgegrenzt oder abgewertet werden.
Obrigkeitsstaat
Der Herrscher (z.B. König/Kaiser), höhere Schichten und Beamte sind wichtiger als das Volk.
Q1: Rede Stadtrat Dodel zur Eröffnung der Sächsisch-Thüringischen-Industrie- und Gewerbe Ausstellung, Leipzig, 24.4.1897
Nach mehr als dreijähriger arbeitsreicher Vorbereitung ist heute der Tag gekommen, an dem (...) die Eröffnung der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung vor sich gehen soll. Diesem Tag wird die höchste Weihe dadurch gegeben, dass Ew. Majestät und ihre königlichen Hoheiten die Prinzen der Eröffnung unserer Ausstellung allerhöchst beizuwohnen geruhen. (...) Leipzig feiert im Sommer dieses Jahres die 400jährige Wiederkehr des Tages, an dem Kaiser Maximilian I. das Privilegium der Leipziger Messen bestätigte und hierdurch den Grund zu der grossartigen Entwicklung des Leipziger Handelsverkehrs legte (...). Dieses Jubiläum feierlich zu begehen, hat wohl ganz Deutschland die vollste Ursache, denn es gibt keine andere städtische Einrichtung, welche durch mehr als fünf Jahrhunderte hindurch so viel dazu beigetragen hat, um die Erzeugnisse deutschen Gewerbefleißes in alle Länder der Welt zu verbreiten und den Ruhm der deutschen Industrie zu verkünden (...) Bereits einmal im Jahre 1852 hat in Leipzigs Mauern eine Sächsische Industrie-Ausstellung stattgefunden. (...) Während 1852 die Räume der Centralhalle hier den Ausstellungszwecken genügten, erforderte die diesjährige Ausstellung einen Raum von 400.000 qm mit mehr als 60.000 qm überbauter Fläche in den Hallen, um den 3.500 Ausstellern Raum zur Schaustellung ihrer Produkte zu gewähren (...). Und zum Schluss dankt der geschäftsführende Ausschuss allen Ausstellern, welche (...) keine Mühen und Kosten gespart haben, um ein umfassendes Bild des hohen Standes der Industrie, des Gewerbes und der Kunst (...) den Zuschauern vor Augen zu führen. Möge (...) die Ausstellung dazu beitragen, das Selbstgefühl der deutschen Industrie weiter zu heben, und mögen die reichen Früchte unseres Unternehmens darin bestehen, dass die deutsche Industrie und das deutsche Gewerbe ihren Siegeslauf über die ganze Welt erfolgreich weiter fortsetzen. Das walte Gott!
Nach mehr als dreijähriger arbeitsreicher Vorbereitung ist heute der Tag gekommen, an dem (...) die Eröffnung der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung vor sich gehen soll. Diesem Tag wird die höchste Weihe dadurch gegeben, dass Ew. Majestät und ihre königlichen Hoheiten die Prinzen der Eröffnung unserer Ausstellung allerhöchst beizuwohnen geruhen. (...) Leipzig feiert im Sommer dieses Jahres die 400jährige Wiederkehr des Tages, an dem Kaiser Maximilian I. das Privilegium der Leipziger Messen bestätigte und hierdurch den Grund zu der grossartigen Entwicklung des Leipziger Handelsverkehrs legte (...). Dieses Jubiläum feierlich zu begehen, hat wohl ganz Deutschland die vollste Ursache, denn es gibt keine andere städtische Einrichtung, welche durch mehr als fünf Jahrhunderte hindurch so viel dazu beigetragen hat, um die Erzeugnisse deutschen Gewerbefleißes in alle Länder der Welt zu verbreiten und den Ruhm der deutschen Industrie zu verkünden (...) Bereits einmal im Jahre 1852 hat in Leipzigs Mauern eine Sächsische Industrie-Ausstellung stattgefunden. (...) Während 1852 die Räume der Centralhalle hier den Ausstellungszwecken genügten, erforderte die diesjährige Ausstellung einen Raum von 400.000 qm mit mehr als 60.000 qm überbauter Fläche in den Hallen, um den 3.500 Ausstellern Raum zur Schaustellung ihrer Produkte zu gewähren (...). Und zum Schluss dankt der geschäftsführende Ausschuss allen Ausstellern, welche (...) keine Mühen und Kosten gespart haben, um ein umfassendes Bild des hohen Standes der Industrie, des Gewerbes und der Kunst (...) den Zuschauern vor Augen zu führen. Möge (...) die Ausstellung dazu beitragen, das Selbstgefühl der deutschen Industrie weiter zu heben, und mögen die reichen Früchte unseres Unternehmens darin bestehen, dass die deutsche Industrie und das deutsche Gewerbe ihren Siegeslauf über die ganze Welt erfolgreich weiter fortsetzen. Das walte Gott!
Q1: Rede Stadtrat Dodel zur Eröffnung der Sächsisch-Thüringischen-Industrie- und Gewerbe Ausstellung, Leipzig, 24.4.1897
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Q2: Begleitheft zur Deutsch-Ostafrikanischen Ausstellung in Leipzig, 1897
Die Verwirklichung der Idee, in Verbindung mit der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung zu Leipzig eine „Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung" zu schaffen, wurde ermöglicht durch das Entgegenkommen des Auswärtigen Amtes, Kolonial-Abteilung, und des Kaiserlichen Gouverneur für Deutsch-Ostafrika Herrn Oberst Liebert (...). Hoffentlich ist es gelungen, (...) durch die Ausstellung ein Stück des größten und zukunftsträchtigsten Schutzgebietes (...) zu zeigen, und soweit es möglich ist, (...) auch die Bestrebungen die Kolonien nutzbringend dem deutschen Vaterlande zu gestalten (...) Am 27. Dezember 1896 ist Herr Karl Kaufmann von Berlin zur Anwerbung von Eingeborenen nach Daresalam abgereist und am 16. April über Marseille in Leipzig mit 47 Eingeborenen eingetroffen (...). Zum Schluss geben wir uns der Hoffnung hin, dass diese Ausstellung dem kolonialen Interesse überhaupt und insbesondere dem für das vielversprechende deutsch-ostafrikanische Schutzgebiet Nutzen bringt.
Die Verwirklichung der Idee, in Verbindung mit der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung zu Leipzig eine „Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung" zu schaffen, wurde ermöglicht durch das Entgegenkommen des Auswärtigen Amtes, Kolonial-Abteilung, und des Kaiserlichen Gouverneur für Deutsch-Ostafrika Herrn Oberst Liebert (...). Hoffentlich ist es gelungen, (...) durch die Ausstellung ein Stück des größten und zukunftsträchtigsten Schutzgebietes (...) zu zeigen, und soweit es möglich ist, (...) auch die Bestrebungen die Kolonien nutzbringend dem deutschen Vaterlande zu gestalten (...) Am 27. Dezember 1896 ist Herr Karl Kaufmann von Berlin zur Anwerbung von Eingeborenen nach Daresalam abgereist und am 16. April über Marseille in Leipzig mit 47 Eingeborenen eingetroffen (...). Zum Schluss geben wir uns der Hoffnung hin, dass diese Ausstellung dem kolonialen Interesse überhaupt und insbesondere dem für das vielversprechende deutsch-ostafrikanische Schutzgebiet Nutzen bringt.
Q2: Begleitheft zur Deutsch-Ostafrikanischen Ausstellung in Leipzig, 1897
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Wortwolke zu Quelle Q2 zeichnen:
M2: Wortwolken digital
Das ist voll problematisch!
Hä? Ich sehe hier kein Problem!
M1: Werbung true fruits (2019)
M2: Werbung H&M (2017)
M3: Werbung VW (2020)
M4: Werbung Dove (2017)
Das Konzept der Rassen
lässt sich auf die Naturwissenschaft aus dem zurückführen (→ gilt heute als wiederlegt). Es ist dabei eng mit der verbunden. Die Demütigung, Verfolgung und Ermordung betroffener Menschen in Deutschland gipfelte in der . Dabei ist jede Praxis rassistisch, welche Menschen diskriminiert, beleidigt, bedroht, verleumdet oder an Leib und Leben gefährdet wegen Merkmale (wie Hautfarbe), ihrer Herkunft und/oder bestimmter Merkmale (wie Sprache, Religion, Lebensstil oder Namen). Organisationen wie setzte sich bis heute gegen Gewalt gegen Schwarze bzw. People of Color ein.
Black Lives Matter - gruppenbezogener, körperlicher - 19. Jahrhundert - Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten - kultureller - Kolonialisierung Afrikas und Südamerikas - ethnischen bzw. nationalen
Kolonialismusund
Rassismuszu.
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Politik der Inbesitznahme und Ausbeutung fremder, meist überseeischer Gebiete vor allem durch europäische Länder zwischen dem 16. und 20. Jahrhundert.
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Bestimmte Art von Diskriminierung, bei der Menschen z.B. wegen ihrer Herkunft, Hautfarbe, Haare, Sprache oder ihres Namens diskriminiert, ausgegrenzt und abgewertet werden.
Deutsch-Ostafrika. Nutze die Begriffe unten.
Die ehemalige Kolonie Deutsch-Ostafrika
bestand von bis und war nach Fläche und Bevölkerungszahl die Kolonie des Deutschen Kaiserreichs. Heute befinden sich auf ihrem einstigen Territorium die Staaten , und sowie ein Teil von .
größte - Tansania - 1885 - Ruanda - 1918/19 - Burundi - Mosambik
Auf der Website zur Lernmaterialien von HISTOdigitaLE ist eine Präsentationsvorlage abrufbar. Diese kann beispielsweise für einen Lehrer*innenvortrag zur STIGA bzw. DOAA genutzt werden.
M1: Präsentation STIGA bzw. DOAA
Die Präsentation basiert auf folgenden Originalquellen bzw. Digitalisaten:
25 Min.
Deutsch-OstafrikasEigenschaften zuschreiben. Fasse anschließend die Quellen in eigenen Worten zusammen.
Q1: Über die Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung, 1897
Mit Genehmigung des Deutschen Auswärtigen Amtes (...) wurden 47 Eingeborene Ostafrikas, Angehörige von vier Stämmen, für die Ausstellung geworben (...). Dazu zeigten die Schwarzen mit Eifer ihre Geschicklichkeit in der Herstellung von Waffen, Schnitzarbeiten und buntfarbigen Matten und bauten sich die Hütten im Walde oder führten Tänze und Kriegsspiele auf. (...) was zugleich das Interesse der zahlreichen Besucher zu fesseln wusste. Für die Unterhaltung der Besucher wird ausser durch die Vorführungen der Eingeborenen noch durch Konzerte einer Militärkapelle (...) gesorgt. Die Zahl der Besucher dieser Sonderausstellung ist auf 635.000 Personen gestiegen.
Mit Genehmigung des Deutschen Auswärtigen Amtes (...) wurden 47 Eingeborene Ostafrikas, Angehörige von vier Stämmen, für die Ausstellung geworben (...). Dazu zeigten die Schwarzen mit Eifer ihre Geschicklichkeit in der Herstellung von Waffen, Schnitzarbeiten und buntfarbigen Matten und bauten sich die Hütten im Walde oder führten Tänze und Kriegsspiele auf. (...) was zugleich das Interesse der zahlreichen Besucher zu fesseln wusste. Für die Unterhaltung der Besucher wird ausser durch die Vorführungen der Eingeborenen noch durch Konzerte einer Militärkapelle (...) gesorgt. Die Zahl der Besucher dieser Sonderausstellung ist auf 635.000 Personen gestiegen.
Q1: Über die Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung, 1897
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Q2: Über den Stamm der Wadoe,1897
In dem Hinterland von Saadani (...) wohnen die Wadoe, besonders interessant dadurch, dass sie in dem Rufe stehen, Menschenfresser zu sein (...). Zwillinge, die man als unheilbringend ansieht, werden ausgesetzt; Gleiches geschieht den Lepra- und Geisteskranken, die in der Wildnis zu Grunde gehen.
In dem Hinterland von Saadani (...) wohnen die Wadoe, besonders interessant dadurch, dass sie in dem Rufe stehen, Menschenfresser zu sein (...). Zwillinge, die man als unheilbringend ansieht, werden ausgesetzt; Gleiches geschieht den Lepra- und Geisteskranken, die in der Wildnis zu Grunde gehen.
Q2: Über den Stamm der Wadoe,1897
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Q3: Über den Stamm der Wasaramo, 1897
Die Wohlhabenheit der Wasaramo ist eine sehr bescheidene, da sie sich an und für sich mit möglichst wenig Arbeit behelfen (...). Ihre gewerbliche Tätigkeit besteht in der Anfertigung von irdenen Töpfen, Hacken, Bogen und Pfeilen etc.. In der Ausübung der Jagd sind die Wasaramo sehr geschickt (...).
Die Wohlhabenheit der Wasaramo ist eine sehr bescheidene, da sie sich an und für sich mit möglichst wenig Arbeit behelfen (...). Ihre gewerbliche Tätigkeit besteht in der Anfertigung von irdenen Töpfen, Hacken, Bogen und Pfeilen etc.. In der Ausübung der Jagd sind die Wasaramo sehr geschickt (...).
Q3: Über den Stamm der Wasaramo, 1897
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Q4: Über den Stamm der Wanyamwesi, 1897
Irrsinn schreibt man natürlich einem bösen Geist zu, den man durch Tänze, Biergelage und Höllenlärm aus dem Körper des Befallenen heraustreibt, falls Schwitzen und Bestreichen mit Mehlbrei nichts hilft. (...) Diebstahl wird mit dreifachem Ersatz des Gestohlenen, Mord durch Erschlagen mit der Keule bestraft. Die Braut wird von dem Vater verkauft; in der Regel beträgt das Kaufgeld 10 Ziegen, 10 Lappen, 1 Ochsen und 10 Hacken (...).
Irrsinn schreibt man natürlich einem bösen Geist zu, den man durch Tänze, Biergelage und Höllenlärm aus dem Körper des Befallenen heraustreibt, falls Schwitzen und Bestreichen mit Mehlbrei nichts hilft. (...) Diebstahl wird mit dreifachem Ersatz des Gestohlenen, Mord durch Erschlagen mit der Keule bestraft. Die Braut wird von dem Vater verkauft; in der Regel beträgt das Kaufgeld 10 Ziegen, 10 Lappen, 1 Ochsen und 10 Hacken (...).
Q4: Über den Stamm der Wanyamwesi, 1897
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Die Eingeborenen beim Waschen(aus: Begleitheft zur Deutsch-Ostafrikanischen Ausstellung, 1897, S. 36 ; SLUB Dresden, gemeinfrei) https://t1p.de/doaa11
Q5: Sächsisch-Thüringische
Gewerbeausstellung (STIGA)
Q6: Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung
(DOAA)
Bildbeschreibung
Zusammen-fassung
Bestimmte Art von Diskriminierung, bei der Menschen z.B. wegen ihrer Herkunft, Hautfarbe, Sprache oder ihres Namens diskriminiert, ausgegrenzt und abgewertet werden.
fremder Völkerin
Völkerschauenwie der Deutsch-Ostafrika Ausstellung als rassistisch zu bezeichnen ist.
M1: Des Weiteren sind Vorstellungen von ‚kulturbedingten‘ bzw. ‚natürlichen‘ Rangunterschieden weit verbreitet. Ein Drittel der Bevölkerung (33 Prozent) bejaht, dass gewisse ethnische Gruppen oder Völker „von Naturaus fleißiger (seien) als andere“, während etwa 27 Prozent glauben, dass „bestimmte Kulturen viel besser (seien) als andere“.
20 Min.