Information:
Seit dem 20. Jahrhundert ist es in Deutschland durch eine Reihe von Gesetzen untersagt, Kinder und Jugendliche arbeiten zu lassen, um ihre Gesundheit zu schützen. Gleichzeitig werden sie dadurch auch vor Ausbeutung geschützt. Im 18. und vor allem 19. Jahrhundert konnte davon nicht die Rede sein. In zahlreichen Ländern der dritten Welt gibt es Kinderarbeit bis zum heutigen Tag.
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M1 - "Meine Mutter ist auf mein Geld angewiesen"
„Ich bin 12 Jahre alt. Bin 12 Monate in der Spinnerei gewesen. Anfang um sechs und Feierabend um halb acht. Durchschnittlich arbeite ich 12 ½ Stunden am Tag. Habe zwei oder drei Wochen hindurch Überstunden gemacht. Auch während der Frühstücks- und Teepause habe ich gearbeitet und bin erst um 8 Uhr weggegangen. Ich mache lieber Überstunden als dass irgendjemand anders meinen Platz bekommt. Kürzlich war ich krank und bat früher aufhören zu dürfen. Man sagte mir, wenn ich ginge, brauch ich nicht wiederzukommen. Mein Chef meint, dass wir Kinder in der Fabrik an eine geregelte Arbeit, an Ordnung und Pünktlichkeit gewöhnt werden. In der Fabrik wäre es viel gesünder für uns, als in den engen, mit allen möglichen Dünsten und vielen Menschen angefüllten dunklen Wohnungen unserer Eltern. Vor zwei Wochen wurde mir mein Lohn gekürzt, weil ich mit einem 12-jährigen Jungen während der Arbeit geschwätzt habe. Ich hatte ihn doch nur angesprochen, weil er so geheult hatte. Sein Vater war am Tag davor mit 43 Jahren gestorben war – genau wie meiner vor einem Jahr. Der Vorarbeiter hat mir angedroht, dass ich bei dem nächsten Übertreten der Vorschriften meine Arbeit verliere. Dann kann ich meine Schlafstätte, die ich mir mit zehn anderen Jungen teile nicht mehr bezahlen, werde obdachlos und muss betteln. Dann ist alles aus! Meine Mutter ist doch auch auf mein Geld angewiesen, jetzt wo Papa tot ist und Mutter nur noch von meinem Geld die Kleinen ernähren kann. Sie hat Arbeit als Wäscherin gefunden. Meine Schwester ist schon acht Jahre alt und kann den ganzen Tag auf die vier Kleinen aufpassen. Am Sonntag habe ich Zeit ich in der Kirche zu beten, dass alles gut wird.“
Quelle: Industrialisierung. Kinderarbeit im 19. Jahrhundert, abgerufen unter: http://unterrichtseinstiege-geschichte-sek1.weebly.com/uploads/5/1/4/2/51426231/ind_1_kinderarbeit_19jahrhundert.pdf [letzter Zugriff: 30.09.2021].
M2 - "Einmal ausschlafen"
Die Frauenrechtlerin Adelheid Popp (1869-1939) war das jüngste von 15 Kindern einer Weberfamilie, von denen nur vier überlebten. Ihr Vater starb, als Adelheid sechs Jahre alt war. Nach drei Jahren Schule musste sie als zehnjähriges Kind in der Fabrik arbeiten. Darüber berichtet sie später: Wir zogen in die Stadt zu einem alten Ehepaar in eine kleine Kammer, wo in einem Bett das Ehepaar, im andern meine Mutter und ich schliefen. Ich wurde in einer Werkstätte aufgenommen, wo ich Tücher häkeln lernte; bei zwölfstündiger fleißiger Arbeit verdiente ich 20 bis 25 Kreuzer am Tag. Wenn ich noch Arbeit für die Nacht mit nach Hause mitnahm, so wurden es einige Kreuzer mehr. Wenn ich frühmorgens um 6 Uhr in die Arbeit laufen mußte, dann schliefen andere Kinder meines Alters noch. Wenn ich um 8 Uhr abends nach Hause eilte, dann gingen die anderen gut genährt und gepflegt zu Bette. Während ich gebückt bei meiner Arbeit saßen und Masche an Masche reihte, spielten sie, gingen spazieren oder sie saßen in der Schule. Damals nahm ich mein Los als etwas Selbstverständliches hin, nur ein heißer Wunsch überkam mich immer wieder: mich nur einmal ausschlafen zu können. Schlafen wollt ich, bis ich selbst erwachte, das stellte ich mir als das Herrlichste und Schönste vor. Wenn ich dann manchmal das Glück hatte, schlafen zu können, dann war es erst kein Glück, dann war Arbeitslosigkeit oder Krankheit die Veranlassung. Wie oft an kalten Wintertagen, wenn ich abends die Finger schon so erstarrt hatte, daß ich die Nadel nicht mehr führen konnte, ging ich zu Bett mit dem Bewußtsein, daß ich morgens umso früher aufstehen musste.
Quelle: Popp, Adelheid: Jugend einer Arbeiterin, Bonn 1980, S. 36.
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