• Klassenarbeit Deutsch Brudermord im Altwasser
  • anonym
  • 02.01.2025
  • Deutsch
  • 8
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Hin­weis!

• Ihr habt ins­ge­samt 90 Mi­nu­ten für die Be­ar­bei­tung der Klau­sur Zeit.
• Lest euch den Text und die da­zu­ge­hö­ri­gen Auf­ga­ben auf der zwei­ten Seite
gründ­lich durch.
• Falls ihr bei einer Auf­ga­be Schwie­rig­kei­ten habt, geht zur nächs­ten über.
Ver­liert keine Zeit, son­dern zeigt euer Kön­nen in den Auf­ga­ben, die euch lie­gen.

Viel Er­folg!🍀

Georg Brit­ting

Bru­der­mord im Alt­was­ser (1929)



Das sind grün­schwar­ze Tüm­pel, von Wei­den über­han­gen, von Was­ser­jung­fern über­surrt, das heißt: wie Tüm­pel und klei­ne Wei­her, und auch große Wei­her ist es an­zu­se­hen, und es ist doch nur Do­nau­was­ser, durch Stein­däm­me ab­ge­son­dert vorn gro­ßen, grü­nen Strom, Alt­was­ser, wie man es nennt. Fi­sche gibt es im Alt­was­ser, viele; Fisch­kö­nig ist der Bürst­ling, ein Raub­tier mit za­cki­ger, krat­zen­der Rü­cken­flos­se, mit bösen Augen, einem ge­frä­ßi­gen Maul, grün­schwarz schil­lernd wie das Was­ser, darin er jagt. Und wie heiß es hier im Som­mer ist! Die Wei­den schlu­cken den Wind, der drau­ßen über dem Strom immer geht. Und aus dem Schlamm steigt ein Ge­ruch wie Fäul­nis und Kot und Tod. Kein bes­se­rer Ort ist zu fin­den für Kna­ben­spie­le als die­ses grün­däm­mern­de Ge­biet. Und hier ge­schah, was ich jetzt er­zäh­le.

Die drei Hof­ber­ger Buben, elf­jäh­rig, zwölf­jäh­rig, drei­zehn­jäh­rig, waren da­mals im Au­gust jeden Tag auf den hei­ßen Stein­däm­men, hock­ten unter den Wei­den, waren In­di­a­ner im Di­ckicht und Wur­zel­ge­flecht, pflück­ten Brom­bee­ren, die schwarz­feucht, stach­lig ge­schützt glänz­ten, schli­chen durch das Schilf, das in hohen Stan­gen wuchs, schnit­ten sich Wei­den­ru­ten, rauf­ten, schlu­gen auch wohl ein­mal den Jüngs­ten, den Elf­jäh­ri­gen, eine tiefe Schram­me, daß sein Ge­sicht rot be­schmiert war wie eine Men­schen­fres­ser­mas­ke, bra­chen wie Hir­sche und schrei­end durch Busch­werk und Gra­ben zur breit­flie­ßen­den Donau vor, wu­schen den blu­ti­gen Kopf, und die Haare deck­ten die Wunde dann, und waren gleich wie­der ver­söhnt. Die El­tern durf­ten na­tür­lich nichts er­fah­ren von sol­chen Strei­chen, und sie lach­ten alle drei und ver­ein­bar­ten wie immer: »Zu Hause sagen wir aber nichts davon!«

Die Alt­wäs­ser zie­hen sich stun­den­weit der Donau ent­lang. Bei einem Streif­zug ein­mal waren die drei tief in die grüne Wild­nis vor­ge­drun­gen, tie­fer als je zuvor, bis zu einem Wei­her, grö­ßer, als sie je einen ge­se­hen hat­ten, schwarz der Was­ser­spie­gel, und am Ufer lag ein Fi­scher­boot an­ge­ket­tet. Den Pfahl, an dem die Kette hing, ris­sen sie aus dem schlam­mi­gen Boden, war­fen Kette und Pfahl ins Boot, stie­gen ein, ein Ruder lag auch dabei, und ru­der­ten in die Mitte des Wei­hers hin­aus. Nun waren sie See­räu­ber und träum­ten und brü­te­ten wilde Pläne. Die Sonne schien auf ihre blo­ßen Köpfe, das Boot lag un­be­weg­lich, un­be­weg­lich stand das Schilf am jen­sei­ti­gen Ufer, Staun­zen fuh­ren leise sum­mend durch die dicke Luft, klei­ne Blut­sauger, aber die ab­ge­här­te­ten Kna­ben spür­ten die Sti­che nicht mehr.

Der Drei­zehn­jäh­ri­ge be­gann das Boot leicht zu schau­keln. Gleich wieg­ten sich die bei­den an­de­ren mit, auf und nie­der, Was­ser­rin­ge lie­fen über den Wei­her, Wel­len schlu­gen plat­schend ans Ufer, die Bin­sen schwank­ten und wa­ckel­ten. Die Kna­ben schau­kel­ten hef­ti­ger, daß der Boots­rand bis zum Was­ser­spie­gel sich neig­te und das auf­ge­reg­te Was­ser ins Boot hin­ein­schwapp­te. Der kleins­te, der Elf­jäh­ri­ge, hatte einen Fuß auf den Boots­rand ge­setzt und tat jauch­zend seine Schau­kel­ar­beit. Da gab der Äl­tes­te dem Zwölf­jäh­ri­gen ein Zei­chen, den Klei­nen zu schre­cken, und plötz­lich war­fen sie sich beide auf die Boots­sei­te, wo der Klei­ne stand,

Georg Brit­ting

Bru­der­mord im Alt­was­ser (1929)



Das sind grün­schwar­ze Tüm­pel, von Wei­den über­han­gen, von Was­ser­jung­fern über­surrt, das heißt: wie Tüm­pel und klei­ne Wei­her, und auch große Wei­her ist es an­zu­se­hen, und es ist doch nur Do­nau­was­ser, durch Stein­däm­me ab­ge­son­dert vorn gro­ßen, grü­nen Strom, Alt­was­ser, wie man es nennt. Fi­sche gibt es im Alt­was­ser, viele; Fisch­kö­nig ist der Bürst­ling, ein Raub­tier mit za­cki­ger, krat­zen­der Rü­cken­flos­se, mit bösen Augen, einem ge­frä­ßi­gen Maul, grün­schwarz schil­lernd wie das Was­ser, darin er jagt. Und wie heiß es hier im Som­mer ist! Die Wei­den schlu­cken den Wind, der drau­ßen über dem Strom immer geht. Und aus dem Schlamm steigt ein Ge­ruch wie Fäul­nis und Kot und Tod. Kein bes­se­rer Ort ist zu fin­den für Kna­ben­spie­le als die­ses grün­däm­mern­de Ge­biet. Und hier ge­schah, was ich jetzt er­zäh­le.

Die drei Hof­ber­ger Buben, elf­jäh­rig, zwölf­jäh­rig, drei­zehn­jäh­rig, waren da­mals im Au­gust jeden Tag auf den hei­ßen Stein­däm­men, hock­ten unter den Wei­den, waren In­di­a­ner im Di­ckicht und Wur­zel­ge­flecht, pflück­ten Brom­bee­ren, die schwarz­feucht, stach­lig ge­schützt glänz­ten, schli­chen durch das Schilf, das in hohen Stan­gen wuchs, schnit­ten sich Wei­den­ru­ten, rauf­ten, schlu­gen auch wohl ein­mal den Jüngs­ten, den Elf­jäh­ri­gen, eine tiefe Schram­me, daß sein Ge­sicht rot be­schmiert war wie eine Men­schen­fres­ser­mas­ke, bra­chen wie Hir­sche und schrei­end durch Busch­werk und Gra­ben zur breit­flie­ßen­den Donau vor, wu­schen den blu­ti­gen Kopf, und die Haare deck­ten die Wunde dann, und waren gleich wie­der ver­söhnt. Die El­tern durf­ten na­tür­lich nichts er­fah­ren von sol­chen Strei­chen, und sie lach­ten alle drei und ver­ein­bar­ten wie immer: »Zu Hause sagen wir aber nichts davon!«

Die Alt­wäs­ser zie­hen sich stun­den­weit der Donau ent­lang. Bei einem Streif­zug ein­mal waren die drei tief in die grüne Wild­nis vor­ge­drun­gen, tie­fer als je zuvor, bis zu einem Wei­her, grö­ßer, als sie je einen ge­se­hen hat­ten, schwarz der Was­ser­spie­gel, und am Ufer lag ein Fi­scher­boot an­ge­ket­tet. Den Pfahl, an dem die Kette hing, ris­sen sie aus dem schlam­mi­gen Boden, war­fen Kette und Pfahl ins Boot, stie­gen ein, ein Ruder lag auch dabei, und ru­der­ten in die Mitte des Wei­hers hin­aus. Nun waren sie See­räu­ber und träum­ten und brü­te­ten wilde Pläne. Die Sonne schien auf ihre blo­ßen Köpfe, das Boot lag un­be­weg­lich, un­be­weg­lich stand das Schilf am jen­sei­ti­gen Ufer, Staun­zen fuh­ren leise sum­mend durch die dicke Luft, klei­ne Blut­sauger, aber die ab­ge­här­te­ten Kna­ben spür­ten die Sti­che nicht mehr.

Der Drei­zehn­jäh­ri­ge be­gann das Boot leicht zu schau­keln. Gleich wieg­ten sich die bei­den an­de­ren mit, auf und nie­der, Was­ser­rin­ge lie­fen über den Wei­her, Wel­len schlu­gen plat­schend ans Ufer, die Bin­sen schwank­ten und wa­ckel­ten. Die Kna­ben schau­kel­ten hef­ti­ger, daß der Boots­rand bis zum Was­ser­spie­gel sich neig­te und das auf­ge­reg­te Was­ser ins Boot hin­ein­schwapp­te. Der kleins­te, der Elf­jäh­ri­ge, hatte einen Fuß auf den Boots­rand ge­setzt und tat jauch­zend seine Schau­kel­ar­beit. Da gab der Äl­tes­te dem Zwölf­jäh­ri­gen ein Zei­chen, den Klei­nen zu schre­cken, und plötz­lich war­fen sie sich beide auf die Boots­sei­te, wo der Klei­ne stand,






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und das Boot neig­te sich tief, und dann lag der Jüngs­te im Was­ser und schrie, und ging unter und schlug von unten gegen das Boot, und schrie nicht mehr und poch­te nicht mehr und kam auch nicht mehr unter dem Boot her­vor, unter dem Boot nicht mehr her­vor, nie mehr.

Die bei­den Brü­der saßen stumm und kä­se­gelb auf den Ru­der­bän­ken in der pral­len Sonne, ein Fisch schnapp­te und sprang über das Was­ser her­aus. Die Was­ser­rin­ge hat­ten sich ver­lau­fen, die Bin­sen stan­den wie­der un­be­weg­lich, die Staun­zen summ­ten bös und sta­chen, Die Brü­der ru­der­ten das Boot wie­der ans Ufer, trie­ben den Pfahl mit der Kette wie­der in den Ufer­schlamm, stie­gen aus, trab­ten auf dem lan­gen Stein­damm dahin, trab­ten stadt­wärts, wag­ten nicht, sich an­zu­se­hen, lie­fen hin­ter­ein­an­der, ach­te­ten der Wei­den nicht, die ihnen ins Ge­sicht schlu­gen, nicht der Brom­beer­sträu­cher­sta­cheln, die an ihnen ris­sen, stol­per­ten über Wur­zel­schlan­gen, lie­fen, lie­fen und lie­fen.

Die Alt­wäs­ser blie­ben zu­rück, die grüne Donau kam, breit und be­hä­big, rausch­te der Stadt zu, die ers­ten Häu­ser sahen sie, sie sahen den Dom, sie sahen das Dach des Va­ter­hau­ses.

Sie hiel­ten, schweiß­über­ron­nen, zit­ter­ten ver­stört, die Kna­ben, die Mör­der, und dann sagte der Äl­te­re wie immer nach einem Streich: »Zu Hause sagen wir aber nichts davon!« Der an­de­re nick­te, von wil­der Hoff­nung über­wu­chert, und sie gin­gen, ent­schlos­sen, ewig zu schwei­gen, auf die Haus­tü­re zu, die sie wie ein schwar­zes Loch ver­schluck­te.



Wort­an­zahl: 698 Wör­ter



Li­te­ra­tur­quel­le: Haefs, Wil­helm (Hrsg.): Georg Brit­ting Prosa 1930 - 1940. Band 3/2.

Mün­chen: Süddt. Ver­lag 1987. S. 20 - 23.





Auf­ga­ben

1
Um wel­che Text­sor­te han­delt es sich bei dem Bru­der­mord im Alt­was­ser?
Stüt­ze deine Fest­stel­lung, indem du vier Ar­gu­men­te nennst.

5 / 5
2
Fasse den In­halt des Tex­tes in dei­nen ei­ge­nen Wor­ten kurz zu­sam­men (Richt­wert ca. 150 Wör­ter). Schrei­be in voll­stän­di­gen Sät­zen!

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  • Nut­zen Sie den roten Ra­dier­gum­mi oben rechts im Menü des Bau­steins, um sei­nen In­halt zu lee­ren.
3
Finde drei sprach­li­che Stil­mit­tel im Text und nenne diese. Er­klä­re an­schlie­ßend ihre Ver­wen­dung und be­le­ge sie mit ent­spre­chen­den Text­stel­len.



9 / 9
  • Gib drei sprach­li­che Stil­mit­tel an, er­klä­re ihre Ver­wen­dung und be­le­ge sie mit ent­spre­chen­den Text­stel­len
  • Nut­zen Sie den roten Ra­dier­gum­mi oben rechts im Menü des Bau­steins, um sei­nen In­halt zu lee­ren.
  • Teil­auf­ga­be
4
Be­wer­te das Ver­hal­ten der bei­den Brü­der. Tra­gen sie Schuld an dem Tod des jün­ge­ren Bru­ders und soll­ten diese für ihr Ver­hal­ten be­straft wer­den?

Samm­le je­weils drei pro und con­tra Ar­gu­men­te in einer Ta­bel­le.
Pro-​Argument: Die Brü­der sind schul­dig
Contra-​Argument: Nicht schul­dig

Schrei­be im An­schluss an deine ta­bel­la­ri­sche Aus­ar­bei­tung eine Pro-​Contra-​ Er­ör­te­rung (Richt­wert ca. 400 Wör­ter).



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  • Gib drei sprach­li­che Stil­mit­tel an, er­klä­re ihre Ver­wen­dung und be­le­ge sie mit ent­spre­chen­den Text­stel­len
  • Nut­zen Sie den roten Ra­dier­gum­mi oben rechts im Menü des Bau­steins, um sei­nen In­halt zu lee­ren.
  • Teil­auf­ga­be
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Un­ter­schrift der Lehr­kraft
Note
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