• Kursarbeit Anthropologie 11/2
  • anonym
  • 06.03.2024
  • Ethik
  • 11
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Tho­mas Hob­bes: Von den na­tür­li­chen Be­din­gun­gen der Men­schen im Hin­blick auf Glück und Un­glück (aus sei­nem Werk Le­vi­a­than 1651)

Die Natur hat die Men­schen hin­sicht­lich ihrer kör­per­li­chen und geis­ti­gen Fä­hig­kei­ten so gleich ge­schaf­fen, dass trotz der Tat­sa­che, dass bis­wei­len der eine einen of­fen­sicht­lich stär­ke­ren Kör­per oder ge­wand­te­ren Geist als der an­de­re be­sitzt, der Un­ter­schied zwi­schen den Men­schen alles in allem doch nicht so be­trächt­lich ist, als dass der eine auf Grund des­sen einen Vor­teil be­an­spru­chen könn­te, den ein an­de­rer nicht eben­so gut für sich ver­lan­gen dürf­te. [...]

Aus die­ser Gleich­heit der Fä­hig­kei­ten ent­steht eine Gleich­heit der Hoff­nung, un­se­re Ab­sich­ten er­rei­chen zu kön­nen. Und wenn daher zwei Men­schen nach dem­sel­ben Ge­gen­stand stre­ben, den sie je­doch nicht zu­sam­men ge­nie­ßen kön­nen, so wer­den sie Fein­de und sind in Ver­fol­gung ihrer Ab­sicht, die grund­sätz­lich Selbst­er­hal­tung und bis­wei­len nur Ge­nuss ist, be­strebt, sich ge­gen­sei­tig zu ver­nich­ten oder zu un­ter­wer­fen. Daher kommt es auch, dass, wenn je­mand ein ge­eig­ne­tes Stück Land an­pflanzt, ein­sät, be­baut oder be­sitzt und ein An­grei­fer nur die Macht eines Ein­zel­nen zu fürch­ten hat, mit Wahr­schein­lich­keit zu er­war­ten ist, dass an­de­re mit ver­ein­ten Kräf­ten an­rü­cken, um ihn von sei­nem Be­sitz zu ver­trei­ben und ihn nicht nur der Früch­te sei­ner Ar­beit, son­dern auch sei­nes Le­bens und sei­ner Frei­heit zu be­rau­ben. Und dem An­grei­fer wie­der­um droht die glei­che Ge­fahr von einem an­de­ren.

Und wegen die­ses ge­gen­sei­ti­gen Miss­trau­ens gibt es für nie­mand einen an­de­ren Weg, sich selbst zu si­chern, der so ver­nünf­tig wäre wie Vor­beu­gung, das heißt, mit Ge­walt oder List nach Kräf­ten je­der­mann zu un­ter­wer­fen, und zwar so lange, bis er keine an­de­re Macht mehr sieht, die groß genug wäre, ihn zu ge­fähr­den. Und dies ist nicht mehr, als seine Selbst­er­hal­tung er­for­dert und ist all­ge­mein er­laubt. [...]

Fer­ner emp­fin­den die Men­schen am Zu­sam­men­le­ben kein Ver­gnü­gen, son­dern im Ge­gen­teil gro­ßen Ver­druss, wenn es keine Macht gibt, die dazu in der Lage ist, sie alle ein­zu­schüch­tern. [...]

Dar­aus er­gibt sich klar, dass die Men­schen wäh­rend der Zeit, in der sie ohne eine all­ge­mei­ne, sie alle im Zaum hal­ten­de Macht leben, sich in einem Zu­stand be­fin­den, der Krieg ge­nannt wird, und zwar in einem Krieg eines jeden gegen jeden. Denn Krieg be­steht nicht nur in Schlach­ten oder Kampf­hand­lun­gen. son­dern in einem Zeit­raum, in dem der Wille zum Kampf ge­nü­gend be­kannt ist. Und des­halb ge­hört zum Wesen des Krie­ges der Be­griff Zeit, wie zum Wesen des Wet­ters. Denn wie das Wesen des schlech­ten Wet­ters nicht in ein oder zwei Re­gen­schau­ern liegt, son­dern in einer Nei­gung hier­zu wäh­rend meh­re­rer Tage, so be­steht das Wesen des Kriegs nicht in tat­säch­li­chen Kampf­hand­lun­gen, son­dern in der be­kann­ten Be­reit­schaft dazu wäh­rend der gan­zen Zeit, in der man sich des Ge­gen­teils nicht si­cher sein kann.

zit. und ge­kürzt nach: Tho­mas Hob­bes, Le­vi­a­than oder Stoff, Form und Ge­walt eines kirch­li­chen und bür­ger­li­chen Staa­tes, hrsg. und ein­ge­lei­tet von lrving Fesch­ter, über­setzt von Wal­ter Euchner, Li­zenz­aus­ga­be Suhr­kamp Ver­lag, Frank­furt a.M. 2004, stw, S. 94ff.

Die Natur hat die Men­schen hin­sicht­lich ihrer kör­per­li­chen und geis­ti­gen Fä­hig­kei­ten so gleich ge­schaf­fen, dass trotz der Tat­sa­che, dass bis­wei­len der eine einen of­fen­sicht­lich stär­ke­ren Kör­per oder ge­wand­te­ren Geist als der an­de­re be­sitzt, der Un­ter­schied zwi­schen den Men­schen alles in allem doch nicht so be­trächt­lich ist, als dass der eine auf Grund des­sen einen Vor­teil be­an­spru­chen könn­te, den ein an­de­rer nicht eben­so gut für sich ver­lan­gen dürf­te. [...]

Aus die­ser Gleich­heit der Fä­hig­kei­ten ent­steht eine Gleich­heit der Hoff­nung, un­se­re Ab­sich­ten er­rei­chen zu kön­nen. Und wenn daher zwei Men­schen nach dem­sel­ben Ge­gen­stand stre­ben, den sie je­doch nicht zu­sam­men ge­nie­ßen kön­nen, so wer­den sie Fein­de und sind in Ver­fol­gung ihrer Ab­sicht, die grund­sätz­lich Selbst­er­hal­tung und bis­wei­len nur Ge­nuss ist, be­strebt, sich ge­gen­sei­tig zu ver­nich­ten oder zu un­ter­wer­fen. Daher kommt es auch, dass, wenn je­mand ein ge­eig­ne­tes Stück Land an­pflanzt, ein­sät, be­baut oder be­sitzt und ein An­grei­fer nur die Macht eines Ein­zel­nen zu fürch­ten hat, mit Wahr­schein­lich­keit zu er­war­ten ist, dass an­de­re mit ver­ein­ten Kräf­ten an­rü­cken, um ihn von sei­nem Be­sitz zu ver­trei­ben und ihn nicht nur der Früch­te sei­ner Ar­beit, son­dern auch sei­nes Le­bens und sei­ner Frei­heit zu be­rau­ben. Und dem An­grei­fer wie­der­um droht die glei­che Ge­fahr von einem an­de­ren.

Und wegen die­ses ge­gen­sei­ti­gen Miss­trau­ens gibt es für nie­mand einen an­de­ren Weg, sich selbst zu si­chern, der so ver­nünf­tig wäre wie Vor­beu­gung, das heißt, mit Ge­walt oder List nach Kräf­ten je­der­mann zu un­ter­wer­fen, und zwar so lange, bis er keine an­de­re Macht mehr sieht, die groß genug wäre, ihn zu ge­fähr­den. Und dies ist nicht mehr, als seine Selbst­er­hal­tung er­for­dert und ist all­ge­mein er­laubt. [...]

Fer­ner emp­fin­den die Men­schen am Zu­sam­men­le­ben kein Ver­gnü­gen, son­dern im Ge­gen­teil gro­ßen Ver­druss, wenn es keine Macht gibt, die dazu in der Lage ist, sie alle ein­zu­schüch­tern. [...]

Dar­aus er­gibt sich klar, dass die Men­schen wäh­rend der Zeit, in der sie ohne eine all­ge­mei­ne, sie alle im Zaum hal­ten­de Macht leben, sich in einem Zu­stand be­fin­den, der Krieg ge­nannt wird, und zwar in einem Krieg eines jeden gegen jeden. Denn Krieg be­steht nicht nur in Schlach­ten oder Kampf­hand­lun­gen. son­dern in einem Zeit­raum, in dem der Wille zum Kampf ge­nü­gend be­kannt ist. Und des­halb ge­hört zum Wesen des Krie­ges der Be­griff Zeit, wie zum Wesen des Wet­ters. Denn wie das Wesen des schlech­ten Wet­ters nicht in ein oder zwei Re­gen­schau­ern liegt, son­dern in einer Nei­gung hier­zu wäh­rend meh­re­rer Tage, so be­steht das Wesen des Kriegs nicht in tat­säch­li­chen Kampf­hand­lun­gen, son­dern in der be­kann­ten Be­reit­schaft dazu wäh­rend der gan­zen Zeit, in der man sich des Ge­gen­teils nicht si­cher sein kann.

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zit. und ge­kürzt nach: Tho­mas Hob­bes, Le­vi­a­than oder Stoff, Form und Ge­walt eines kirch­li­chen und bür­ger­li­chen Staa­tes, hrsg. und ein­ge­lei­tet von lrving Fesch­ter, über­setzt von Wal­ter Euchner, Li­zenz­aus­ga­be Suhr­kamp Ver­lag, Frank­furt a.M. 2004, stw, S. 94ff.
zit. und ge­kürzt nach: Tho­mas Hob­bes, Le­vi­a­than oder Stoff, Form und Ge­walt eines kirch­li­chen und bür­ger­li­chen Staa­tes, hrsg. und ein­ge­lei­tet von lrving Fesch­ter, über­setzt von Wal­ter Euchner, Li­zenz­aus­ga­be Suhr­kamp Ver­lag, Frank­furt a.M. 2004, stw, S. 94ff.
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