Klassenstufe: 10
Thema: Was soll ich tun? Handeln und Moral
Aufgabenart: Anwendungsaufgabe
Der Fall:
Eine Familie betreut den mittlerweile sehr betagten Urgroßvater zu Hause. Es ist absehbar, dass der alte Mann bald stirbt, denn sein Zustand verschlechtert sich zusehends. Die Familie (Mutter, Vater, Tochter und Sohn) will ihm die letzten Tage so schön wie möglich gestalten. Der Urgroßvater fragt allerdings in einem Gespräch nach dem Befinden seines alten Freundes Otto. Dieser ist jedoch vor ein paar Tagen gestorben. Die Familie ist sich ohne große Absprache einig, dem alten Mann diese Information vorzuenthalten, um ihn nicht zu belasten. Sie greifen zu Notlügen und lassen den alten Mann glauben, dass Otto lebt.
Verfasse eine ethische Problemreflexion zu der Frage: "Sind die Notlügen der Familie moralisch legitim?" Beachte dabei die Arbeitshinweise 1-2.
Dilemma.
Allgemeine Kompetenzanforderung
Inhaltliche Anbindung an Kompetenzstände
Wahrnehmungs- und Deutungskompetenz
Erfassung und Beschreibung des ethischen Problems, Bezug auf den Begriff Dilemma
: Die Familie befindet sich in einem Dilemma, da sie gezwungen ist, sich zwischen zwei gleichermaßen moralisch fragwürdigen Handlungen zu entscheiden: Sie kann entweder dem Urgroßvater die Wahrheit sagen und damit in Kauf nehmen, dass der Urgroßvater seine letzte Zeit in Trauer verbringt oder sie kann ihn hinsichtlich des Todes von Otto belügen, was ebenfalls moralisch fragwürdig ist.
Argumentations- und Urteilskompetenz
Beurteilung des Handels der Familie aus der Sicht eines Utilitaristen und eines Anhängers der kantischen Pflichtethik.
Erläuterung der utilitaristischen Position (klassischer Utilitarismus): Der Utilitarismus ist eine Form der zweckorientierten Ethik. Eine Handlung wird dann für moralisch gut befunden, wenn sie für alle an der Situation beteiligten Personen möglichst viel Lust bzw. Freude erzeugt und Leid vermeidet. Alle Beteiligten werden in der utilitaristischen Berechnung von Lust bzw. Unlust gleichberechtigt behandelt.
Analyse der Situation und Nennung der Beteiligten aus utilitaristischer Sicht: Urgroßvater, Mutter, Vater, Tochter, Sohn.
Berechnung von Lust bzw. Unlust der Beteiligten: Utilitaristisch gesehen, wird die Lust aller Beteiligten erhöht, weil der Urgroßvater nicht trauern muss und die Familie sich keine Vorwürfe machen muss, seine Lebensqualität durch eine schlechte Nachricht negativ zu beeinflussen. Kritisch könnte man einwenden, dass evtl. sich ergebende Gewissensbisse aufgrund der Lüge, das Lustempfinden der Familienmitglieder negativ beeinflussen könnten.
Ethische Beurteilung des Handelns der Familie auf der Grundlage der vorab geleisteten Berechnung von Lust bzw. Unlust: Die Notlügen der Familie sind moralisch gerechtfertigt, weil die Lust der beteiligten Personen maximiert wird.
Erläuterung der pflichtethischen Position:
Argumentations- und Urteilskompetenz
Erläuterung der pflichtethischen Position Kants: Immanuel Kants Ethik ist eine deontologische Ethik, die Handlungen nicht nach ihren Folgen bewertet, sondern nach ihren Motiven. Die Voraussetzung moralisch guten Handelns ist die Pflicht, welche sich aus dem moralischen Gesetz der Vernunft ableiten lässt. Das moralische Gesetz ist nach Kant ein unbedingtes und universal gültiges Gesetz, das keiner weiteren Begründung bedarf. Es lautet: Handle nur nach der Maxime durch die du wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.
Subjektive Handlungsgrundsätze (Maximen) müssen nach Kant an diesem Gesetz geprüft werden. Die Frage, die sich die Familie in dieser Situation stellen muss, ist also die Frage nach ihrer Pflicht.
Analyse der pflichtgemäßen Handlung in der beschriebenen Situation: Die Maxime Wenn ein Mensch ein Mensch dem Tod nahe ist, dann lüge ich, um ihm Leid zu ersparen
wird am moralischen Gesetz geprüft. Die Frage ist: Sollte diese Handlungsregel als allgemeines Gesetz gelten? Die Prüfung ergibt, dass es nicht wünschenswert ist, dass ein solches Gesetz gilt, da Menschen, die dem Tode nahe sind, dann keine Aussage mehr fürwahr nehmen
könnten.
Ethische Beurteilung des Handelns der Familie auf der Grundlage der Maximenprüfung: Die Notlügen der Familie sind nicht pflichtgemäß und damit moralisch nicht gerechtfertigt.
Kurze, persönliche Stellungnahme zur ethischen Problemfrage: Abwägen der Handlungsalternativen der Familie unter Berücksichtigung der Ergebnisse der vorausgegangenen Analysen und Formulierung einer Stellungnahme mit Begründung.
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