Transkript:
Kohlrübe statt Kartoffel 18.12.1916
Der geringe Ausfall der letzten Kartoffelernte nötigt dazu, Ersatzmittel heranzuziehen.
Als solches eignet sich in hohem Grade die Kohlrübe.
Sie ist zwar wasserreicher als die Kartoffel, hat aber den Vorteil, dass sie sich bequem zubereiten lässt, weniger rostet, auch durch Frost nicht leidet und in großen Mengen beschafft werden kann.
Überall wo die Kartoffelversorgung Schwierigkeiten bietet, sollte man deshalb zur Kohlrübe greifen, und zwar ist die Verwendung im Herbst und Winter zu empfehlen, da sie im Frühjahr mehr zum Verderben neigt.
Zum Jahreswechsel 1916/17 bahnte sich an der „Heimatfront“ eine Hungerkatastrophe an:
Als Kohl- und Steckrübenwinter ging aufgrund des großen Mangels an Nahrungsmitteln im Deutschen Reich, der Winter 1916/17 in die Geschichte ein.
Da die Briten gezielt den Seeweg blockierten, konnten das Deutsche Reich schon ab 1914 keine Lebensmittel und auch kein Saatgut mehr importieren. Da Deutschland zuvor rund ein Drittel seiner Nahrungsmittel aus dem Ausland importiert (importiert=Waren aus dem Ausland eingeführt) hatte, herrschte schon früh ein großes Versorgungsproblem. Die Menschen konnten nicht mehr einfach in den Supermarkt. Man erhielt Lebensmittelkarten.
Das bedeutete, dass man nur eine bestimmte Menge an Dingen kaufen durfte.
Im Winter 1916 wurde dieses Problem noch verschlimmert. Die Kartoffelernte des Jahres 1916 lag aufgrund schlechter Witterung und Kartoffelfäulnis nur bei etwa 50% des Friedensertrages.
Klirrender Frost erschwerte zudem die Transporte. Die wenigen Nahrungsmittel, welche es gab, konnten nicht zu den Menschen in die Städte gebracht werden.
Es fehlte an allem – die Lebensmittelkarten waren praktisch wertlos.
Die Reichen versorgen sich über den Schwarzmarkt, die Armen hungern.
An die Bevölkerung wurden Kohl- und Steckrüben als Ersatz ausgegeben.
Diese wurden vor dem Krieg als Viehfutter verwendet. Nun, wurden sie zum letzten Notanker und gaben diesem Winter seinen Namen. Steckrüben haben aber nur halb so viele Kalorien wie Kartoffeln.
Dennoch waren sie nun schlichtweg überall: in Wurst, Marmelade, im Brot und sogar im Kaffee.
Besonders dramatisch war der Hunger für die Kinder. Viele wuchsen aufgrund der Unterernährung nicht mehr.
Insgesamt starben bis 1918 ca. 700.000 Menschen im deutschen Reich an den Folgen von Mangelernährung und Hunger.