• Medien im Zuge der friedlichen Revolution
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  • 22.05.2025
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Lies M1 und M2 und fasse zu­sam­men, wie die Aus­gangs­la­ge di­rekt vor der De­mons­tra­ti­on am 09. Ok­to­ber 1989 war. Nutze Zei­len­an­ga­ben und Zi­ta­te!
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On­line Ar­ti­kel der Bun­des­re­gie­rung (bun­des­re­gie­rung.de) 7. Ok­to­ber 1989 - Auf dem Weg zur Deut­schen Ein­heit - Jubel und Prü­gel zum DDR-​Jubiläum

De­mons­tra­ti­on gegen das Re­gime

Am 40. Jah­res­tag der DDR soll eine Mi­li­tär­pa­ra­de noch ein­mal die Stär­ke des So­zi­a­lis­mus be­wei­sen. Doch viele Men­schen wol­len dem be­stell­ten Jubel etwas ent­ge­gen­set­zen.

Sie sam­meln sich auf dem Ber­li­ner Alex­an­der­platz, um auch an die­sem Tag gegen die ge­fälsch­ten Kom­mu­nal­wahl vom 7. Mai 1989 zu pro­tes­tie­ren. Bin­nen kür­zes­ter Zeit schlie­ßen sich meh­re­re tau­send Men­schen an. Es ge­lingt ihnen, in die Nähe des Pa­las­tes der Re­pu­blik zu kom­men. Wir sind das Volk! und Gorbi, hilf!, rufen sie.

Nach etwa einer Stun­de setzt sich der De­mons­tra­ti­ons­zug in Rich­tung Geth­se­ma­ne­kir­che in Be­we­gung. In die­ser Kir­che am Prenz­lau­er Berg hal­ten Men­schen seit ei­ni­gen Tagen eine Mahn­wa­che für die In­haf­tier­ten in Leip­zig. Die Po­li­zei er­rich­tet Sper­ren, Anti-​Terror-​Einheiten der Stasi prü­geln mit Knüp­peln auf De­mons­tran­ten ein.

Die Bür­ger­recht­ler hät­ten das DDR-​Jubiläum ganz be­wusst für ihre De­mons­tra­ti­o­nen ge­nutzt, sagt der Bür­ger­recht­ler Ar­nold Vaatz heute. Sie seien sich si­cher ge­we­sen, dass es im Wind­schat­ten des DDR-​Jubiläums wahr­schein­lich nicht zur Ge­walt­ta­ten kom­men würde. Diese Tage woll­ten sie nut­zen, um aus der Prä­senz auf der Stra­ße eine per­ma­nen­te An­ge­le­gen­heit zu ma­chen.

Über 1.000 Ver­haf­te­te

Bis in die späte Nacht dau­ert die Jagd an. Po­li­zei und Stasi set­zen Was­ser­wer­fer, Reiz­gas und Schlag­rin­ge ein, ver­schaf­fen sich bru­tal Zu­gang zu Woh­nun­gen, in denen sie ge­flüch­te­te De­mons­tran­ten ver­mu­ten. Am 8. Ok­to­ber, einem Sonn­tag, fin­det die Ge­walt ihre Fort­set­zung. Unter denen, die die Bru­ta­li­tät der Si­cher­heits­or­ga­ne zu spü­ren be­kom­men, sind viele Un­be­tei­lig­te.

Ins­ge­samt 1.071 Zu­füh­run­gen, wie Fest­nah­men im Stasi-​Jargon hei­ßen, gibt es an den bei­den Tagen. Die Fest­ge­nom­me­nen wer­den in über­füll­te Zu­füh­rungs­punk­te ge­pfercht, teil­wei­se miss­han­delt, ei­ni­ge müs­sen ein wah­res Spieß­ru­ten­lau­fen über sich er­ge­hen las­sen.

De­mons­tra­ti­on gegen das Re­gime

Am 40. Jah­res­tag der DDR soll eine Mi­li­tär­pa­ra­de noch ein­mal die Stär­ke des So­zi­a­lis­mus be­wei­sen. Doch viele Men­schen wol­len dem be­stell­ten Jubel etwas ent­ge­gen­set­zen.

Sie sam­meln sich auf dem Ber­li­ner Alex­an­der­platz, um auch an die­sem Tag gegen die ge­fälsch­ten Kom­mu­nal­wahl vom 7. Mai 1989 zu pro­tes­tie­ren. Bin­nen kür­zes­ter Zeit schlie­ßen sich meh­re­re tau­send Men­schen an. Es ge­lingt ihnen, in die Nähe des Pa­las­tes der Re­pu­blik zu kom­men. Wir sind das Volk! und Gorbi, hilf!, rufen sie.

Nach etwa einer Stun­de setzt sich der De­mons­tra­ti­ons­zug in Rich­tung Geth­se­ma­ne­kir­che in Be­we­gung. In die­ser Kir­che am Prenz­lau­er Berg hal­ten Men­schen seit ei­ni­gen Tagen eine Mahn­wa­che für die In­haf­tier­ten in Leip­zig. Die Po­li­zei er­rich­tet Sper­ren, Anti-​Terror-​Einheiten der Stasi prü­geln mit Knüp­peln auf De­mons­tran­ten ein.

Die Bür­ger­recht­ler hät­ten das DDR-​Jubiläum ganz be­wusst für ihre De­mons­tra­ti­o­nen ge­nutzt, sagt der Bür­ger­recht­ler Ar­nold Vaatz heute. Sie seien sich si­cher ge­we­sen, dass es im Wind­schat­ten des DDR-​Jubiläums wahr­schein­lich nicht zur Ge­walt­ta­ten kom­men würde. Diese Tage woll­ten sie nut­zen, um aus der Prä­senz auf der Stra­ße eine per­ma­nen­te An­ge­le­gen­heit zu ma­chen.

Über 1.000 Ver­haf­te­te

Bis in die späte Nacht dau­ert die Jagd an. Po­li­zei und Stasi set­zen Was­ser­wer­fer, Reiz­gas und Schlag­rin­ge ein, ver­schaf­fen sich bru­tal Zu­gang zu Woh­nun­gen, in denen sie ge­flüch­te­te De­mons­tran­ten ver­mu­ten. Am 8. Ok­to­ber, einem Sonn­tag, fin­det die Ge­walt ihre Fort­set­zung. Unter denen, die die Bru­ta­li­tät der Si­cher­heits­or­ga­ne zu spü­ren be­kom­men, sind viele Un­be­tei­lig­te.

Ins­ge­samt 1.071 Zu­füh­run­gen, wie Fest­nah­men im Stasi-​Jargon hei­ßen, gibt es an den bei­den Tagen. Die Fest­ge­nom­me­nen wer­den in über­füll­te Zu­füh­rungs­punk­te ge­pfercht, teil­wei­se miss­han­delt, ei­ni­ge müs­sen ein wah­res Spieß­ru­ten­lau­fen über sich er­ge­hen las­sen.

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On­line Ar­ti­kel der Bun­des­re­gie­rung (bun­des­re­gie­rung.de) 7. Ok­to­ber 1989 - Auf dem Weg zur Deut­schen Ein­heit - Jubel und Prü­gel zum DDR-​Jubiläum

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Aus­zug eines In­ter­views von Tina Krone, Lei­te­rin des Ar­chivs der Robert-​Havemann-​Gesellschaft in Ber­lin

Dann kam der 9. Ok­to­ber und alle schau­ten nach Leip­zig. Die Si­tu­a­ti­on war sehr an­ge­spannt, es war klar, die Re­gie­ren­den woll­ten ein Ex­em­pel sta­tu­ie­ren. Trotz der Ver­haf­tun­gen hat­ten sich immer mehr Men­schen an den Mon­tags­de­mos be­tei­ligt. Alle spür­ten: An die­sem Mon­tag fällt die Ent­schei­dung. Ich habe den gan­zen Tag West­ra­dio ge­hört, die DDR-​Sender haben na­tür­lich nichts be­rich­tet. Aus Leip­zig er­reich­ten uns Ge­rüch­te, dass Blut­kon­ser­ven ge­or­dert wor­den seien, das El­tern ihre Kin­der aus den Kin­der­gär­ten bis 15 Uhr ab­ho­len soll­ten, dass die Ge­schäf­te in der In­nen­stadt schlie­ßen wür­den. An­geb­lich war die NVA schon in Alarm­zu­stand, ir­gend­wer hatte schon Pan­zer ge­sich­tet. Es wurde Angst ver­brei­tet, und die über­trug sich auf die ganze DDR. So woll­te die Staats­macht die De­mons­tra­ti­on ver­hin­dern. Aber das Kon­zept ging nicht auf, die Leute kamen erst recht.

So war es ein Tag, an dem alle das Ge­fühl hat­ten, sich ent­schei­den zu müs­sen: für oder gegen Ver­än­de­run­gen. Viele sag­ten spä­ter, sie hät­ten es nicht ver­ant­wor­ten kön­nen – weder vor sich, noch ihren Kin­dern ge­gen­über –, an die­sem Mon­tag nicht Farbe be­kannt zu haben.

Dann kam der 9. Ok­to­ber und alle schau­ten nach Leip­zig. Die Si­tu­a­ti­on war sehr an­ge­spannt, es war klar, die Re­gie­ren­den woll­ten ein Ex­em­pel sta­tu­ie­ren. Trotz der Ver­haf­tun­gen hat­ten sich immer mehr Men­schen an den Mon­tags­de­mos be­tei­ligt. Alle spür­ten: An die­sem Mon­tag fällt die Ent­schei­dung. Ich habe den gan­zen Tag West­ra­dio ge­hört, die DDR-​Sender haben na­tür­lich nichts be­rich­tet. Aus Leip­zig er­reich­ten uns Ge­rüch­te, dass Blut­kon­ser­ven ge­or­dert wor­den seien, das El­tern ihre Kin­der aus den Kin­der­gär­ten bis 15 Uhr ab­ho­len soll­ten, dass die Ge­schäf­te in der In­nen­stadt schlie­ßen wür­den. An­geb­lich war die NVA schon in Alarm­zu­stand, ir­gend­wer hatte schon Pan­zer ge­sich­tet. Es wurde Angst ver­brei­tet, und die über­trug sich auf die ganze DDR. So woll­te die Staats­macht die De­mons­tra­ti­on ver­hin­dern. Aber das Kon­zept ging nicht auf, die Leute kamen erst recht.

So war es ein Tag, an dem alle das Ge­fühl hat­ten, sich ent­schei­den zu müs­sen: für oder gegen Ver­än­de­run­gen. Viele sag­ten spä­ter, sie hät­ten es nicht ver­ant­wor­ten kön­nen – weder vor sich, noch ihren Kin­dern ge­gen­über –, an die­sem Mon­tag nicht Farbe be­kannt zu haben.

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Aus­zug eines In­ter­views von Tina Krone, Lei­te­rin des Ar­chivs der Robert-​Havemann-​Gesellschaft in Ber­lin

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Lies Q1 und stel­le Ver­mu­tun­gen an, wieso die De­mons­trie­ren­den für ab­so­lu­te Ge­walt­lo­sig­keit waren und wel­chen Ef­fekt der­ar­ti­ge Flug­blät­ter und Apel­le hat­ten.

Q1) Wort­laut des Ap­pells in der Leip­zi­ger Ni­ko­lai­kir­che, eben­falls als 30.000 Flug­blät­ter aus­ge­druckt und ver­teilt.



Ber­lin, 9. Okt. 89 — Der am Mon­tag abend in der Leip­zi­ger Ni­ko­lai­kir­che ver­le­se­ne Ap­pell zur Ge­walt­lo­sig­keit hat fol­gen­den Wort­laut:

In den letz­ten Wo­chen ist es mehr­fach in ver­schie­de­nen Städ­ten der DDR zu De­mons­tra­ti­o­nen ge­kom­men, die in Ge­walt mün­de­ten. Pflas­ter­stein­wür­fe, zer­schla­ge­ne Schei­ben, aus­ge­brann­te Autos, Gum­mi­knüp­pel- und Was­ser­wer­fer­ein­sät­ze. Es gab eine un­be­kann­te Zahl von Ver­letz­ten, von einem Toten ist die Rede. Auch der letz­te Mon­tag in Leip­zig en­de­te mit Ge­walt. Wir haben Angst. Angst um uns selbst, Angst um un­se­re Freun­de, Angst um den Men­schen neben uns und Angst um den, der uns da in Uni­form ge­gen­über­steht.
Wir haben Angst um die Zu­kunft un­se­res Lan­des. Ge­walt schafft immer nur Ge­walt. Ge­walt löst keine Pro­ble­me. Ge­walt ist un­mensch­lich.
Ge­walt kann nicht das Zei­chen einer neu­e­ren, selbst­be­wuß­te­ren Ge­sell­schaft sein.
Wir bit­ten alle, ent­hal­tet Euch jeder Ge­walt. Durch­brecht keine Po­li­zei­ket­ten. Hal­tet Ab­stand zu Ab­sper­run­gen. Greift keine Per­so­nen oder Fahr­zeu­ge an. Ent­wen­det keine Klei­dung oder Aus­rüs­tungs­ge­gen­stän­de der Ein­satz­kräf­te. Werft keine Ge­gen­stän­de und ent­hal­tet Euch ge­walt­tä­ti­ger Pa­ro­len. Seid so­li­da­risch und un­ter­bin­det Pro­vo­ka­ti­o­nen. Greift zu fried­li­chen und phan­ta­sie­vol­len For­men des Pro­tes­tes.
An die Ein­satz­kräf­te ap­pel­lie­ren wir: Ent­hal­tet Euch der Ge­walt. Re­agiert auf Fried­fer­tig­keit nicht mit Ge­walt. Wir sind ein Volk. Ge­walt unter uns hin­ter­läßt ewig blu­ten­de Wun­den. Par­tei und Re­gie­rung müs­sen vor allem für die ent­stan­de­ne Si­tu­a­ti­on ver­ant­wort­lich ge­macht wer­den. Aber heute ist es an uns, eine wei­te­re Es­ka­la­ti­on der Ge­walt zu ver­hin­dern. Davon hängt un­se­re Zu­kunft ab.
Leip­zig, den 09. Ok­to­ber 1989
Ar­beits­kreis Ge­rech­tig­keit, Ar­beits­grup­pe Men­schen­rech­te, Ar­beits­grup­pe Um­welt­schutz.


Quel­le: stasi-​mediathek.de

Q1) Wort­laut des Ap­pells in der Leip­zi­ger Ni­ko­lai­kir­che, eben­falls als 30.000 Flug­blät­ter aus­ge­druckt und ver­teilt.



Ber­lin, 9. Okt. 89 — Der am Mon­tag abend in der Leip­zi­ger Ni­ko­lai­kir­che ver­le­se­ne Ap­pell zur Ge­walt­lo­sig­keit hat fol­gen­den Wort­laut:

In den letz­ten Wo­chen ist es mehr­fach in ver­schie­de­nen Städ­ten der DDR zu De­mons­tra­ti­o­nen ge­kom­men, die in Ge­walt mün­de­ten. Pflas­ter­stein­wür­fe, zer­schla­ge­ne Schei­ben, aus­ge­brann­te Autos, Gum­mi­knüp­pel- und Was­ser­wer­fer­ein­sät­ze. Es gab eine un­be­kann­te Zahl von Ver­letz­ten, von einem Toten ist die Rede. Auch der letz­te Mon­tag in Leip­zig en­de­te mit Ge­walt. Wir haben Angst. Angst um uns selbst, Angst um un­se­re Freun­de, Angst um den Men­schen neben uns und Angst um den, der uns da in Uni­form ge­gen­über­steht.
Wir haben Angst um die Zu­kunft un­se­res Lan­des. Ge­walt schafft immer nur Ge­walt. Ge­walt löst keine Pro­ble­me. Ge­walt ist un­mensch­lich.
Ge­walt kann nicht das Zei­chen einer neu­e­ren, selbst­be­wuß­te­ren Ge­sell­schaft sein.
Wir bit­ten alle, ent­hal­tet Euch jeder Ge­walt. Durch­brecht keine Po­li­zei­ket­ten. Hal­tet Ab­stand zu Ab­sper­run­gen. Greift keine Per­so­nen oder Fahr­zeu­ge an. Ent­wen­det keine Klei­dung oder Aus­rüs­tungs­ge­gen­stän­de der Ein­satz­kräf­te. Werft keine Ge­gen­stän­de und ent­hal­tet Euch ge­walt­tä­ti­ger Pa­ro­len. Seid so­li­da­risch und un­ter­bin­det Pro­vo­ka­ti­o­nen. Greift zu fried­li­chen und phan­ta­sie­vol­len For­men des Pro­tes­tes.
An die Ein­satz­kräf­te ap­pel­lie­ren wir: Ent­hal­tet Euch der Ge­walt. Re­agiert auf Fried­fer­tig­keit nicht mit Ge­walt. Wir sind ein Volk. Ge­walt unter uns hin­ter­läßt ewig blu­ten­de Wun­den. Par­tei und Re­gie­rung müs­sen vor allem für die ent­stan­de­ne Si­tu­a­ti­on ver­ant­wort­lich ge­macht wer­den. Aber heute ist es an uns, eine wei­te­re Es­ka­la­ti­on der Ge­walt zu ver­hin­dern. Davon hängt un­se­re Zu­kunft ab.
Leip­zig, den 09. Ok­to­ber 1989
Ar­beits­kreis Ge­rech­tig­keit, Ar­beits­grup­pe Men­schen­rech­te, Ar­beits­grup­pe Um­welt­schutz.


Quel­le: stasi-​mediathek.de

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