under der lindenvon Walther von der Vogelweide ein typischer Vertreter des Minnesangs ist.
Minnesang
Als Minnesang bezeichnet man die deutschsprachige höfische Liebeslieddichtung von etwa 1150 bis 1350. Der mittelhochdeutsche Begriff 'minne' ist zwar grundsätzlich sehr weit zu fassen und reicht vom 'freundlichen Gedenken' über 'Zuneigung, Freundschaft, Verehrung' bis hin zur 'Gottesliebe' und schließt auch 'Verlangen' und 'Sehnsucht' mit ein; im Zusammenhang mit der literarischen Form ist Minnesang jedoch durchaus mit Liebeslyrik gleichzusetzen.
Diese im deutschen Sprachraum neue Kunstform war adlige Standesdichtung und Gesellschaftskunst, das heißt, dass Minnesang eng an die Ideale der ritterlichen Standeskultur und des höfischen Lebens gebunden war und geradezu als ritualisierte Vollzugsform höfisch-ritterlichen Lebens gelten kann. Ebenso wie die höfische Epik war Minnesang einem elitären adligen Publikum vorbehalten und repräsentierte (mit der Ausnahme Neidharts [Schaffenszeit etwa 1210-1240]) fast ausschließlich adlige Lebensentwürfe.
Minne in der großen Liederhandschrift
Codex Manesse
Als Vortrags- und Formkunst war Minnesang ein Medium, mit dem sich die Adelswelt über Modelle zwischengeschlechtlicher Liebe zu verständigen versuchte. Entscheidend für das Verständnis dieser literarischen Kunstform ist der Rollencharakter des Minnesangs: Ein repräsentatives lyrisches Ich formuliert vor der Hofgesellschaft allgemeingültige Erfahrungen zum Thema Liebe. Thematisch unterscheidet sich Minnesang damit von der Sangspruchdichtung, die vorwiegend ethische, religiöse und politische Themen gestaltete.
Anfänge des Minnesangs
In seinen Anfängen war der Minnesang keinesfalls nur Ausdruck der ins Unerreichbare gerückten Liebe – es gibt einige Liebeslieder, die von den Freuden der Liebe von Mann und Frau erzählen. Ein Beispiel aus Konzepte der Liebe im Mittelalter
:
Komm, komm, mein Liebster, ich warte sehr auf dich!
Ich warte sehr auf dich, komm, komm, mein Liebster.
Süßer rosenfarbener Mund, komm und mache mich gesund!
Komm und mache mich gesund, süßer, rosenfarbener Mund.
Die Lieder wurden immer vom Mann vorgetragen, bestanden aber abwechselnd aus Frauen- und Männerstrophen. Sie sprechen von der Sehnsucht der Liebenden, sowohl des Mannes als auch der Frau.
Ganz offensichtlich waren eben nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen reich an Erfahrungen außerhalb der Ehe. Und in den Liedern sehnten sie sich keinesfalls nach dem standesgemäß angeheirateten Ehegatten, sondern nach ihrem Liebhaber.
Allerdings trug allein die Frau das Risiko – ratsamer war es für sie, ihre freie
Liebe im Verborgenen zu suchen, während die Männer für ihre Amouren durchaus geschätzt wurden. Minnelieder, die deutlich von Eroberungen zeugen, scheinen auch eher bei reinen Herrenrunden ausgetauscht worden zu sein und nicht unbedingt unter dem Balkon der Liebsten.
Die hohe Minne
Ende des 12. Jahrhunderts entwickelte sich bei Hofe die hohe Minne
. Aus der Liebe entwickelte sich Sehnsucht und die Liebeslyrik wurde zur Schule des Mannes in Dingen der Liebe und des Anstands.
Nicht mehr die Vielzahl der Eroberungen wurde geschätzt. Nicht einmal eine einzige Eroberung, sondern alleine der Dienst an der Minne, die Hingabe an die reine Frau, die man durch eine Eroberung nicht erniedrigen durfte, erhöhte den Liebenden.
Aufgabe der immer adeligen Frau war es, den Liebenden zurückzuweisen, so dass er die Kunst der Liebe mehr und mehr beherrschte, reiner und besser im Streben wurde, seine Treue und Beständigkeit bewahrte – aller Zurückweisung zum Trotz.
Tugenden wie Ehrbarkeit, Verschwiegenheit und Treue sollten aber nicht nur in der Liebesbeziehung bestehen, sondern den ganzen Menschen prägen.
Die niedere Minne
Dass das nicht ewig gut gehen konnte, ist klar: Schon bald sangen die ersten von den Qualitäten nicht-adeliger Fräulein, mit denen sich auch eine wunderbare heimliche Liebesnacht verbringen ließ.
Während die Geschichten der hohen Minne also eher vom hoffnungslosen Werben eines Mannes um eine unerreichbare adelige Dame erzählen, so gehört zur niederen Minne doch mindestens eine Liebesnacht, an die sich der Mann erinnern kann.
Die Frau, der diese Gedanken galten, gehörte einem niederen Stande an (Ständegesellschaft des Mittelalters mit Adel, Klerus und bäuerlicher und städtischer Gesellschaft) und hatte nur in den Anfängen der neuen dichterischen Lehren noch eine Chance, geheiratet zu werden – wie etwa in den Texten von Walther von der Vogelweide. Dieser prägt das Genre der Mädchenlieder
, bei denen die Frau keine frouwe
, also keine Edeldame ist. Auch das Tagelied
, bei dem der Abschied zweier Liebender, häufig aus verschiedenem sozialen Stand, bei Tagesanbruch erzählt wird, gewinnt im 13. Jahrhundert an Popularität.