Katharina Wolff: Krankheit, Konzept und Kollektiv 2019
Die moderne Antwort auf die Frage der Beschaffenheit der Pest lautet: Es handelt sich um eine bakterielle Zoonose [Infektionskrankheit], ausgelöst durch Yersinia pestis, ein Stäbchenbakterium. Die Antwort der Medizin auf die Diagnose „Pest“ sind heute Antibiotika.
Die Humoralpathologie, ein System, das von der Existenz vierer Körpersäfte ausging, strebte das Gleichgewicht dieser vier Säfte als Zustand der Gesundheit an. Zu den Remedia [Heilmitteln] gehörte der Aderlass aus bestimmten Venen. Zugrunde lag die Annahme in Richtung einer Vermehrung von Blut. Dementsprechend öffnete man die Venen und ließ das vermeintlich überschüssige Blut ab. Humoralpathologie und Miasmentheorie wurden häufig miteinander verknüpft. Ein Miasma, griechisch für „übler Dunst, Verunreinigung, Ansteckung“, wurde als krankmachende, schlechte Luft gedacht, die ein Ungleichgewicht der Körpersäfte auszulösen [vermochte]. Miasmen gingen der Theorie nach von stinkenden Orten, aber auch von erkrankten Personen aus. Die Pest als Miasma konnte so von Mensch zu Mensch wandern, weshalb man vom Aufenthalt in größeren Menschenmengen stets abriet. Man deutete das Miasma auch als Vergiftung, die mit der Verabreichung von Antidoten [Gegenmitteln] behandelt wurde. Das Öffnen der Beulen versuchte, dem Körper das Pestgift zu entziehen. Die Vielfalt der Arzneimittel war sehr groß: zahlreiche Heilpflanzen, Edelsteine, ins Wasser gelegt oder als Pulver zerrieben, den Speisen zu[gemischt] oder zur Stärkung über das Herz [gelegt].
Sowohl als herabgesandte Strafe eines über die Sündhaftigkeit zürnenden Gottes wie auch als Ausweis des Treibens der Mächte des Bösen in der Welt wurde die Seuche gedeutet. Konkret setzte man die theologischen Konzepte von der Pest meistens in Gebeten, Kleiderordnungen, überflüssigem Luxus entsagen [um] oder spendete.
Eines der berüchtigsten Konzepte von der Pest stellt die den Juden vorgeworfene Brunnenvergiftung dar.
Man beschuldigte Mitglieder der jüdischen Gemeinden mancher Städte, Giftgebinde in die Brunnen geworfen zu haben, [die] geschändete Hostien [Opfergaben] enthalten, so erhielt die Brunnenvergiftungstheorie zusätzlich eine magische Komponente, da man geschändeten Hostien eine negative Wirkung zuschrieb.
Die moderne Antwort auf die Frage der Beschaffenheit der Pest lautet: Es handelt sich um eine bakterielle Zoonose [Infektionskrankheit], ausgelöst durch Yersinia pestis, ein Stäbchenbakterium. Die Antwort der Medizin auf die Diagnose „Pest“ sind heute Antibiotika.
Die Humoralpathologie, ein System, das von der Existenz vierer Körpersäfte ausging, strebte das Gleichgewicht dieser vier Säfte als Zustand der Gesundheit an. Zu den Remedia [Heilmitteln] gehörte der Aderlass aus bestimmten Venen. Zugrunde lag die Annahme in Richtung einer Vermehrung von Blut. Dementsprechend öffnete man die Venen und ließ das vermeintlich überschüssige Blut ab. Humoralpathologie und Miasmentheorie wurden häufig miteinander verknüpft. Ein Miasma, griechisch für „übler Dunst, Verunreinigung, Ansteckung“, wurde als krankmachende, schlechte Luft gedacht, die ein Ungleichgewicht der Körpersäfte auszulösen [vermochte]. Miasmen gingen der Theorie nach von stinkenden Orten, aber auch von erkrankten Personen aus. Die Pest als Miasma konnte so von Mensch zu Mensch wandern, weshalb man vom Aufenthalt in größeren Menschenmengen stets abriet. Man deutete das Miasma auch als Vergiftung, die mit der Verabreichung von Antidoten [Gegenmitteln] behandelt wurde. Das Öffnen der Beulen versuchte, dem Körper das Pestgift zu entziehen. Die Vielfalt der Arzneimittel war sehr groß: zahlreiche Heilpflanzen, Edelsteine, ins Wasser gelegt oder als Pulver zerrieben, den Speisen zu[gemischt] oder zur Stärkung über das Herz [gelegt].
Sowohl als herabgesandte Strafe eines über die Sündhaftigkeit zürnenden Gottes wie auch als Ausweis des Treibens der Mächte des Bösen in der Welt wurde die Seuche gedeutet. Konkret setzte man die theologischen Konzepte von der Pest meistens in Gebeten, Kleiderordnungen, überflüssigem Luxus entsagen [um] oder spendete.
Eines der berüchtigsten Konzepte von der Pest stellt die den Juden vorgeworfene Brunnenvergiftung dar.
Man beschuldigte Mitglieder der jüdischen Gemeinden mancher Städte, Giftgebinde in die Brunnen geworfen zu haben, [die] geschändete Hostien [Opfergaben] enthalten, so erhielt die Brunnenvergiftungstheorie zusätzlich eine magische Komponente, da man geschändeten Hostien eine negative Wirkung zuschrieb.
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Quelle: Wolff, K.: Krankheit, Konzept und Kollektiv, in: Pest! Eine Spurensuche, hrsg. v. LWL-Museum für Archäologie, Westfälisches Landesmuseum Herne,
Darmstadt 2019, S.230-241.