Name:
Rassismus
Klasse:
Als Eltern hofft man, dass die eigenen Kinder davor verschont bleiben, aber leider ist so eine Erwartung in der derzeitigen Situation in Deutschland noch unrealistisch. Mein Vater hatte mich in diesem Sinne erzogen: »Du bist wie jeder Mensch besonders und wertvoll, egal was die Meinungen anderer über dich sind!« Meine Sorge war und ist: Wie werden unsere Kinder die alltäglichen Konfrontationen mit Rassismus und Diskriminierung bewältigen?
[…] Als wir nach Bremen umgezogen sind, war unsere Tochter zwei Jahre alt. Es klappte sehr gut in der Kita für Hochschulangehörige der Hochschule Bremen, wo ich als Dozent tätig war. Als sie drei wurde […] kam sie in den Kindergarten in unserem Ortsteil. Unsere Tochter ist ein sehr fröhliches und sehr offenes Kind. Jetzt war sie vor und nach dem Kindergartenbesuch unzufrieden und oft traurig. Wir haben mit ihr gesprochen und sie hat uns ihren Kummer mitgeteilt: Die anderen Kinder wollten nicht mit ihr spielen, weil ihre Hautfarbe »anders« oder »nicht schön« sei. Wir redeten mit den Erzieherinnen, die uns erklärten, dass Kinder in diesem Wohnviertel eben kaum Kontakt zu Menschen mit brauner Haut hätten. Von den Erzieherinnen war also keine Unterstützung zu erwarten.
Meine Frau und ich waren schon am Überlegen, ob wir den Kindergarten wechseln sollen, denn dass unsere Tochter glücklich ist, hat für uns oberste Priorität. Ich hatte guten Kontakt zu Kindern im Kindergarten, die mich als Jugendtrainer beim SV Werder Bremen kannten. Außerdem hatte ich mich mit dem väterlichen und sehr netten Kindergartenkoch angefreundet. Er fragte mich eines Tages, ob ich mit ihm einmal ein afrikanisches Menü für den ganzen Kindergarten zusammen vorbereiten könnte. Ich zögerte, denn Afrika als vielfältiger Kontinent wird in Deutschland oft nur auf Essen und Tanzen reduziert, das hatte ich als Student häufig erlebt: Das Einzige, wofür wir eingeladen wurden, waren Kochen und Tanzen. Wir hatten davon genug. Wenn Menschen gut kochen oder tanzen können, heißt das schließlich nicht, dass sie nichts anderes können. Der Rassismus lässt alles andere ausblenden. Außerdem hatten die Erwartungen an Speisen, Tänze, Geschichte und Erzählungen aus Afrika nichts mit dem Afrika zu tun, das wir kannten und in dem wir aufgewachsen sind. In diesem Fall war mir klar: Wenn ich koche, dann nicht, weil es das einzige ist, was ich kann! Wenn ich für die Kinder des Kindergartens koche, dann tue ich dies in erster Linie als Vater für meine Tochter. Ich ging also eine Kooperation mit dem Koch ein und wir haben einen Tag vereinbart. Mit dem Koch einigten wir uns auf Doddo, Erdnuss-Suppe, Puff Puff und Bohnensuppe mit Gemüse. […] Es war ein herrlicher und fröhlicher Tag im Kindergarten. Die Kinder und Mitarbeiterinnen des Kindergartens haben das Essen genossen.
Als ich am Nachmittag mit meiner Frau unsere Tochter abholen kam, riefen die Kinder: »Nanyongos Papa, das Essen war sehr sehr sehr sehr lecker«. Meine Frau war überrascht: »Wow! Du bist hier wie ein Star!« Die Kinder haben diesen Tag nicht vergessen.
Für meine Tochter wirkte er wie ein Wendepunkt: Danach wollten sich die Kinder gerne mit meiner Tochter verabreden. Es gab nun also häufige Verabredungen mit meiner Tochter und immer wieder Besuche bei uns. Meine Tochter war sehr glücklich ab dieser Zeit. Am Ende haben wir uns sehr gefreut, dass unsere Tochter in diesem Kindergarten war, denn die Zeit mit den Kindern, deren Eltern und dem Koch bleibt uns unvergesslich.
Was danach auch geschah: Der Koch bekam Anrufe von anderen Kitas, die uns einladen wollten, um das Gleiche gegen Bezahlung bei ihnen anzubieten. Der Vorschlag amüsierte mich: Was für ein Missverständnis! Und erneut ein Versuch, mich aufs Kochen zu reduzieren? Ich sagte ihm: »Ich werde das nie für Geld machen, dazu habe ich auch keine Zeit. Außerdem: Ich bin kein Koch, ich habe das hier nur für meine Tochter gemacht, für die anderen Kinder und für Dich!«
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