• Status im Theater
  • NBernhard
  • 22.05.2025
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Sta­tus be­zeich­net beim Im­pro­vi­sa­ti­ons­the­a­ter das Macht­ge­fäl­le in der Be­zie­hung zwi­schen zwei Büh­nen­fi­gu­ren. Eine Figur im Hoch­sta­tus ver­hält sich do­mi­nant ge­gen­über einer Figur im Tief­sta­tus. Eine Figur im Tief­sta­tus ord­net sich der Per­son im Hoch­sta­tus unter, passt ihr Han­deln an deren Vor­ga­ben an. Der mo­men­ta­ne Sta­tus der Fi­gu­ren zu­ein­an­der ist er­kenn­bar an Kör­per­spra­che, Hand­lun­gen und Sprech­wei­se der Spie­ler.

Keith John­s­tone ver­steht (in: The­a­ter und Im­pro­vi­sa­ti­on S. 57ff.) Sta­tus als etwas was man tut, un­ab­hän­gig vom so­zi­a­len Sta­tus, den man hat. Der so­zi­a­le Sta­tus be­zeich­net den Rang in einer Ge­sell­schafts­ord­nung. Am obe­ren Ende fin­den sich welt­li­che und geist­li­che Herr­scher (König, Pries­ter), am un­te­ren Ende die Ab­hän­gi­gen und Aus­ge­sto­ße­nen. Der ge­sell­schaft­li­che Rang wird etwa durch Ämter, Titel, Aus­zeich­nun­gen und Sta­tus­sym­bo­le de­mons­triert. Sta­tus nach John­s­tone er­gibt sich da­ge­gen aus dem Ver­hal­ten der Fi­gu­ren in einer kon­kre­ten Be­geg­nung. Er be­tont, dass es kei­nen neu­tra­len Sta­tus gibt, son­dern dass sich immer ein Ge­fäl­le zeigt. Ein guter Schau­spie­ler sei sich des re­la­ti­ven Sta­tus der dar­ge­stell­ten Fi­gu­ren je­der­zeit be­wusst und könne ihn spie­le­risch va­ri­ie­ren.

In der Regel ist es sinn­voll, Fi­gu­ren mit deut­li­chem un­ter­scheid­ba­rem Sta­tus zu spie­len, da dies das Ge­sche­hen be­lebt und auch die Chan­ce zu Ver­än­de­run­gen bie­tet.

Sta­tus­merk­ma­le

Be­we­gung

  • Hoch­sta­tus: Ziel­ge­rich­tet, ruhig, ge­schmei­dig, be­stimmt, fest, ge­schickt; Kopf be­wegt sich wenig

  • Tief­sta­tus: Un­si­cher, fah­rig, ruck­ar­tig, steif, eng, tol­pat­schig

Spre­chen

  • Hoch­sta­tus: Nor­ma­le Stimm­la­ge. Aber auch: si­tu­a­ti­ons­be­ding­tes Brül­len/Flüs­tern

  • Tief­sta­tus: Leise, nu­sche­lig, sto­ckend, schnell

Stimm­la­ge

  • Hoch­sta­tus: Eher tief, ent­spannt

  • Tief­sta­tus: Eher hoch, quiet­schig, ge­presst

Kör­per­hal­tung

  • Hoch­sta­tus: Auf­recht, straff. Aber auch: frei, un­ge­zwun­gen, lo­cker

  • Tief­sta­tus: Ge­beugt, schlaff. Aber auch: ver­krampft, starr

At­mung

  • Hoch­sta­tus: Ruhig und gleich­mä­ßig

  • Tief­sta­tus: Hek­tisch, flach, schnell, jap­send, sto­ckend

  • Be­mer­kung: Den Atem an­zu­hal­ten kann bei­des sein. Dem Tief­sta­tus bleibt der Atem vor Angst oder Schreck ste­hen. Der Hoch­sta­tus hält den Atem an, um eine Droh­ge­bär­de zu ver­stär­ken.

Be­rüh­rung an­de­rer

  • Hoch­sta­tus: Jede Art un­ge­frag­ter Be­rüh­rung: Hand auf die Schul­ter legen, Fus­sel vom Pulli pi­cken, über die Wange strei­chen, ...

  • Tief­sta­tus: Scheut vor Be­rüh­rung an­de­rer zu­rück. Lässt sich un­ge­frag­te Be­rüh­rung ge­fal­len



Ei­ge­nen Kör­per be­rüh­ren

  • Hoch­sta­tus: Nicht be­rüh­ren. Aber auch: de­mons­tra­tiv be­rüh­ren

  • Tief­sta­tus: Ver­le­gen­heits­ges­ten: durch die Haare strei­chen, das Ge­sicht strei­chen

  • Be­mer­kung: Wich­tig ist wie man sich selbst be­rührt. Der Zei­ge­fin­ger am Mund etwa kann Un­si­cher­heit aus­drü­cken (er­tapp­ter Schü­ler: Ähm, was soll ich sagen?) oder einen Do­mi­nanz­an­spruch (Leh­rer zu Schü­lern: Psst! Ruhe im Saal!, Ver­füh­re­rin zu Mann: Sieh auf meine Lip­pen!)

So­zi­a­le An­ge­mes­sen­heit

  • Hoch­sta­tus: Di­rek­ter Blick. Der so­zi­a­len Si­tu­a­ti­on an­ge­mes­se­ne Blick­dau­er - nicht zu lang, nicht zu kurz. Aber auch: do­mi­nan­tes Nie­der­star­ren, hyp­no­ti­scher Blick

  • Tief­sta­tus: Ra­sches Ab­wen­den des Bli­ckes, also Ver­mei­den von (län­ge­rem) Blick­kon­takt. Un­ste­ter Blick. Aber auch: be­wun­dern­des, na­i­ves oder so­zi­al un­ge­mes­se­nes An­glot­zen

  • Be­mer­kung: Blick­kon­takt er­mög­licht sehr kom­ple­xe so­zi­a­le In­ter­ak­ti­o­nen. Laut Keith John­s­tone ( in: The­a­ter und Im­pro­vi­sa­ti­on S. 68) re­gelt nicht die Dauer des Blick­kon­takts den Sta­tus, son­dern die Re­ak­ti­on auf Angestarrt-​Werden.

Kör­per­hal­tung

  • Hoch­sta­tus: Fin­det immer die rich­ti­gen Worte und die rich­ti­gen Ges­ten. Weiß, was der Si­tu­a­ti­on an­ge­mes­sen ist und han­delt ent­spre­chend. Weiß sich zu be­neh­men. Weiß auch, wann er schwei­gen oder nichts tun soll. Ge­schmei­dig­keit, Fle­xi­bi­li­tät, Prin­zi­pi­en­treue, Ent­schei­dungs­freu­de, Ein­sicht. Aber auch: setzt sich bei Be­darf sou­ve­rän über so­zi­a­le Nor­men hin­weg

  • Tief­sta­tus: Liegt immer da­ne­ben, redet da­zwi­schen, ver­plap­pert sich. Ver­letzt so­zi­a­le Nor­men aus Angst, Un­si­cher­heit oder Schwä­che. Aber auch: Bes­ser­wis­se­rei, Ar­ro­ganz, Stur­heit, Un­be­lehr­bar­keit

Ge­las­sen­heit

  • Hoch­sta­tus: Lässt sich durch nichts aus der Ruhe brin­gen, selbst in völ­lig aus­weg­lo­sen Si­tu­a­ti­o­nen. Brüllt nur, um seine Über­le­gen­heit zu de­mons­trie­ren.

  • Tief­sta­tus: Lässt sich leicht ver­un­si­chern. Gerät schnell in Panik. Lässt sich leicht pro­vo­zie­ren. Ras­tet aus, wenn ein wun­der Punkt be­rührt wird. Win­selt um Gnade.

Fra­gen

  • Hoch­sta­tus: Fragt wann und wie's ihm passt. Fragt aus Neu­gier. Ver­hört, spi­o­niert, ver­kauft, ver­un­si­chert mit ge­ziel­ten Fra­gen. Wer fragt, der führt.

  • Tief­sta­tus: Fragt, um Hoch­sta­tus zu be­schwich­ti­gen. Fragt aus Un­si­cher­heit und um sich nicht selbst ent­schei­den zu müs­sen. Aber auch: Lässt aus Angst Ge­le­gen­hei­ten für wich­ti­ge Fra­gen un­ge­nutzt ver­strei­chen. Ist zu ein­fäl­tig, um auf kluge Fra­gen zu kom­men.

Sta­tus ver­än­dern

Wich­tig für Spie­le wie Klas­si­scher Sta­tus­wech­sel ist, dass der Sta­tus immer re­la­tiv zu je­mand oder etwas an­de­rem de­fi­niert ist. Keith John­s­tone ver­wen­det (in: The­a­ter und Im­pro­vi­sa­ti­on, S. 60f.) das Bild einer Sta­tus­wip­pe, die sich auf zwei Arten be­we­gen lässt. Ent­we­der drü­cke ich den Sta­tus des an­de­ren (du stinkst) oder ich er­he­be den ei­ge­nen (ich rie­che gut). Beim Kampf um den Tief­sta­tus senke ich ent­spre­chend mei­nen ei­ge­nen Sta­tus (ich nichts­nut­zi­ger Wurm) oder er­he­be den an­de­ren (du strah­len­der Held).

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