Reich und Volk sind in schwerer Gefahr. Wir nähern uns mit rasender Geschwindigkeit dem vollkommenen Zusammenbruch des Staates und der Rechtsordnung. Das Volk fühlt nur dumpf das kommende Unheil. Die Preise steigen unaufhaltsam. Die Not wächst. Hungersnot droht. Korruption, Wucher, Schieberei und Verbrechen treten mit immer größerer Frechheit auf. Die autoritätslose, ohnmächtige und mit der Korruption verschwisterte Regierung ist nicht imstande, die Gefahr zu beschwören. Fort mit einer Regierung, in der ein Erzberger der führende Geist ist! Vom Osten droht uns Verwüstung und Vergewaltigung durch den kriegerischen Bolschewismus. Ist diese Regierung imstande, ihn abzuwehren? Wie entgehen wir dem äußeren und inneren Zusammenbruch?
Nur indem wir eine starke Staatsgewalt wieder aufrichten. Welche Idee soll uns dabei leiten?
Keine Reaktion, sondern eine freiheitliche Fortbildung des Deutschen Staates, Wiederherstellung der Ordnung und der Heiligkeit des Rechtes. Pflicht und Gewissen sollen wieder in deutschen Landen regieren. Deutsche Ehre und Ehrlichkeit sollen wiederhergestellt werden.
Die ohne Mandat weiter regierende Nationalversammlung erklärt sich in Permanenz. Verfassungswidrig schiebt sie die Wahlen bis in den Herbst hinaus. Statt die Verfassung zu hüten, die sie erst feierlich beschlossen hat, will eine herrschsüchtige Parteiregierung schon heute dem Volk das wichtige Grundrecht der Präsidentenwahl entziehen. Die Stunde der Rettung Deutschlands geht verloren; darum bleibt kein anderes Mittel übrig als eine Regierung der Tat.
Wir sind stark genug, unsere Regierung nicht mit Verhaftungen und anderen Gewaltmaßregeln zu beginnen. Aber wir werden jede Auflehnung gegen die neue Ordnung mit schonungsloser Entschlossenheit niederschlagen.
Wir werden regieren, nicht nach Theorien, sondern nach den praktischen Bedürfnissen des Staates und des Volkes in seiner Gesamtheit. Jeder deutsche Staatsbürger, der in dieser schweren Stunde dem Vaterland gibt, was des Vaterlandes ist, kann auf uns bauen.
Die Farben der Deutschen Republik sind Schwarz-Weiß-Rot! Der Reichskanzler, Kapp.
Reich und Volk sind in schwerer Gefahr. Wir nähern uns mit rasender Geschwindigkeit dem vollkommenen Zusammenbruch des Staates und der Rechtsordnung. Das Volk fühlt nur dumpf das kommende Unheil. Die Preise steigen unaufhaltsam. Die Not wächst. Hungersnot droht. Korruption, Wucher, Schieberei und Verbrechen treten mit immer größerer Frechheit auf. Die autoritätslose, ohnmächtige und mit der Korruption verschwisterte Regierung ist nicht imstande, die Gefahr zu beschwören. Fort mit einer Regierung, in der ein Erzberger der führende Geist ist! Vom Osten droht uns Verwüstung und Vergewaltigung durch den kriegerischen Bolschewismus. Ist diese Regierung imstande, ihn abzuwehren? Wie entgehen wir dem äußeren und inneren Zusammenbruch?
Nur indem wir eine starke Staatsgewalt wieder aufrichten. Welche Idee soll uns dabei leiten?
Keine Reaktion, sondern eine freiheitliche Fortbildung des Deutschen Staates, Wiederherstellung der Ordnung und der Heiligkeit des Rechtes. Pflicht und Gewissen sollen wieder in deutschen Landen regieren. Deutsche Ehre und Ehrlichkeit sollen wiederhergestellt werden.
Die ohne Mandat weiter regierende Nationalversammlung erklärt sich in Permanenz. Verfassungswidrig schiebt sie die Wahlen bis in den Herbst hinaus. Statt die Verfassung zu hüten, die sie erst feierlich beschlossen hat, will eine herrschsüchtige Parteiregierung schon heute dem Volk das wichtige Grundrecht der Präsidentenwahl entziehen. Die Stunde der Rettung Deutschlands geht verloren; darum bleibt kein anderes Mittel übrig als eine Regierung der Tat.
Wir sind stark genug, unsere Regierung nicht mit Verhaftungen und anderen Gewaltmaßregeln zu beginnen. Aber wir werden jede Auflehnung gegen die neue Ordnung mit schonungsloser Entschlossenheit niederschlagen.
Wir werden regieren, nicht nach Theorien, sondern nach den praktischen Bedürfnissen des Staates und des Volkes in seiner Gesamtheit. Jeder deutsche Staatsbürger, der in dieser schweren Stunde dem Vaterland gibt, was des Vaterlandes ist, kann auf uns bauen.
Die Farben der Deutschen Republik sind Schwarz-Weiß-Rot! Der Reichskanzler, Kapp.
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taken from: Johannes Erger, Der Kapp-Littwitz-Putsch. Ein Beitrag zur deutschen Innenpolitik 1919/20. Diisseldorf: Droste Verlag und Druckerei GmbH, 1967, S. 324-326
Q1 Aus einer Schilderung von Otto Braun (1872-1955, SPD) zu den Ereignissen in Berlin:
Von der Reichskanzlei wurde ich ersucht, sofort herüber zu kommen. Als ich das große Bibliothekszimmer durch eilte, in dem so oft Bismarck mit seiner langen Pfeife und dem Tyras bei einer guten Flasche gesessen hatte, stand dort u. a. eine Gruppe von Offizieren, v. Seeckt und andere. Ich sehe noch heute das süffisante Lächeln auf ihren Gesichtern, als wollten sie sagen: Zurück, du rettest den Freund nicht mehr. Im Nebenzimmer stieß ich auf den preußischen Kriegsminister General Reinhardt, der mir kurz berichtete, was geschehen war. Die meuternden Truppen von Döberitz marschierten unter Führung von Ehrhardt und Lüttwitz auf Berlin. Er hatte sich dafür erklärt, ihnen mit der Waffe entgegenzutreten, aber die Kommandeure der in Berlin stehenden Truppen hatten erklärt: Reichswehr kämpft nicht gegen Reichswehr. Die Reichsregierung hatte sich diesem Votum gefügt und den Befehl zur Zurückziehung der Truppen gegeben.
Also, Reichswehr kämpft nicht gegen Reichswehr; wenn der meuternde Teil unter der Führung der Kommunisten stände und für deren Ziele marschierte, gälte das dann auch, meinte ich. Ein verständnisinniges Lächeln Reinhardts war die einzige Antwort...
Otto Braun: Von Weimar zu Hitler, New York: Europa Verlag 1940, S. 87f./
Q1 Aus einer Schilderung von Otto Braun (1872-1955, SPD) zu den Ereignissen in Berlin:
Von der Reichskanzlei wurde ich ersucht, sofort herüber zu kommen. Als ich das große Bibliothekszimmer durch eilte, in dem so oft Bismarck mit seiner langen Pfeife und dem Tyras bei einer guten Flasche gesessen hatte, stand dort u. a. eine Gruppe von Offizieren, v. Seeckt und andere. Ich sehe noch heute das süffisante Lächeln auf ihren Gesichtern, als wollten sie sagen: Zurück, du rettest den Freund nicht mehr. Im Nebenzimmer stieß ich auf den preußischen Kriegsminister General Reinhardt, der mir kurz berichtete, was geschehen war. Die meuternden Truppen von Döberitz marschierten unter Führung von Ehrhardt und Lüttwitz auf Berlin. Er hatte sich dafür erklärt, ihnen mit der Waffe entgegenzutreten, aber die Kommandeure der in Berlin stehenden Truppen hatten erklärt: Reichswehr kämpft nicht gegen Reichswehr. Die Reichsregierung hatte sich diesem Votum gefügt und den Befehl zur Zurückziehung der Truppen gegeben.
Also, Reichswehr kämpft nicht gegen Reichswehr; wenn der meuternde Teil unter der Führung der Kommunisten stände und für deren Ziele marschierte, gälte das dann auch, meinte ich. Ein verständnisinniges Lächeln Reinhardts war die einzige Antwort...
Otto Braun: Von Weimar zu Hitler, New York: Europa Verlag 1940, S. 87f./
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M2 the attitude of the Reichswehr
However, untouched command structures encountered both a domestic and foreign political environment in which the good behavior of the governing was not reciprocated with loyalty by numerous military officials, but was instead interpreted as a sign of weakness. Instead of being under the 'Supreme Command' of the Kaiser, according to Article 47 of the Weimar Constitution, 'the entire armed forces' were now subordinated to President Ebert, who had once been a saddle-maker apprentice and later a party secretary. Leading officers, many of whom hailed from the Prussian nobility, often resisted accepting this. Now, the military-political oversights during the early months of the Republic became glaringly apparent. A German revolutionary government had not established its own democratic 'people's militia' prepared to defend against both communist and right-wing attempts at dictatorship and insurrection. Freikorps, which were singularly recruited against 'Spartacist and strike terror,' now withheld their services when it came to defending the Republic against a supposed coup carried out for the 'rescue of the Fatherland.' The government members, always concerned about their prestige in the face of attacks from the left and having granted powers to 'clamp down,' were now subjected to the greatest humiliation due to the army's refusal to recognize the primacy of Republican politics: The majority of the government members and the President fled Berlin .
translated from: Detlef Lehnert: Die Weimarer Republik, Stuttgart: Reclam 2009, S. 67-68, 73
M2 the attitude of the Reichswehr
However, untouched command structures encountered both a domestic and foreign political environment in which the good behavior of the governing was not reciprocated with loyalty by numerous military officials, but was instead interpreted as a sign of weakness. Instead of being under the 'Supreme Command' of the Kaiser, according to Article 47 of the Weimar Constitution, 'the entire armed forces' were now subordinated to President Ebert, who had once been a saddle-maker apprentice and later a party secretary. Leading officers, many of whom hailed from the Prussian nobility, often resisted accepting this. Now, the military-political oversights during the early months of the Republic became glaringly apparent. A German revolutionary government had not established its own democratic 'people's militia' prepared to defend against both communist and right-wing attempts at dictatorship and insurrection. Freikorps, which were singularly recruited against 'Spartacist and strike terror,' now withheld their services when it came to defending the Republic against a supposed coup carried out for the 'rescue of the Fatherland.' The government members, always concerned about their prestige in the face of attacks from the left and having granted powers to 'clamp down,' were now subjected to the greatest humiliation due to the army's refusal to recognize the primacy of Republican politics: The majority of the government members and the President fled Berlin .
translated from: Detlef Lehnert: Die Weimarer Republik, Stuttgart: Reclam 2009, S. 67-68, 73
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Aufruf zum Generalstreik der Regierung (1 3.03.1920)
Der nachfolgende Text stammt aus einem Aufruf der SPD zum Generalstreik. Dieser soll von den genannten Regierungsmitgliedern noch vor dem Verlassen Berlins unterzeichnet worden sein, jedoch haben Ebert und Wels bestritten, ihre Unterschrift unter diesen Aufruf gesetzt zu haben, was den Verdacht nahelegt, dass es keine von der Parteispitze gemeinsam geplante Aktion war.
Arbeiter, Genossen! Der Militärputsch ist da. Die Marine- division Ehrhardt marschiert auf Berlin, um eine Umgestaltung der Reichsregierung zu erzwingen. Die Landsknechte, welche sich vor der befohlenen Auflösung fürchten, wollen Reaktionäre auf die Ministerposten bringen. Wir weigern uns, uns diesem militärischen Zwang zu beugen. Wir haben die Revolution nicht gemacht, um das blutige Landsknechteregiment wieder anzuerkennen. Wir paktieren nicht mit den Baltikumverbrechern.* Arbeiter, Genossen! Wir müssten uns vor euch schämen, wenn wir anders handeln würden. Wir sagen nein und nochmals nein. Ihr müsst bestätigen, dass wir in eurem Sinne gehandelt haben. Wendet jedes Mittel an, um die Wiederkehr der blutigen Reaktion zu vernichten. Streikt, legt die Arbeit nieder, schneidet dieser Militärdiktatur die Luft ab, kämpft mit jedem Mittel um die Erhaltung der Republik, lasst alle Spaltung beiseite! Es gibt nur ein Mittel gegen die Rückkehr Wilhelms II.: die Lahmlegung jedes Wirtschaftslebens! Keine Hand darf sich mehr rühren, kein Proletarier darf der Militärdiktatur helfen: Generalstreik auf der ganzen Linie! Proletarier, vereinigt Euch!
Die soz. Mitglieder der Regierung: Ebert, Bauer, Noske, Schlicke, Schmidt, David und Müller.
Baltikumverbrecher: Hier wird auf die freiwilligen Freikorpstruppen verwiesen, die seit 1919 im Baltikum gegen kommunistische Soldaten gekämpft hatten und 1920 aufgelöst wurden. Diese Truppen waren ein Sam- melbecken fiir Nationalisten und Monarchisten.
Arbeiter, Genossen! Der Militärputsch ist da. Die Marine- division Ehrhardt marschiert auf Berlin, um eine Umgestaltung der Reichsregierung zu erzwingen. Die Landsknechte, welche sich vor der befohlenen Auflösung fürchten, wollen Reaktionäre auf die Ministerposten bringen. Wir weigern uns, uns diesem militärischen Zwang zu beugen. Wir haben die Revolution nicht gemacht, um das blutige Landsknechteregiment wieder anzuerkennen. Wir paktieren nicht mit den Baltikumverbrechern.* Arbeiter, Genossen! Wir müssten uns vor euch schämen, wenn wir anders handeln würden. Wir sagen nein und nochmals nein. Ihr müsst bestätigen, dass wir in eurem Sinne gehandelt haben. Wendet jedes Mittel an, um die Wiederkehr der blutigen Reaktion zu vernichten. Streikt, legt die Arbeit nieder, schneidet dieser Militärdiktatur die Luft ab, kämpft mit jedem Mittel um die Erhaltung der Republik, lasst alle Spaltung beiseite! Es gibt nur ein Mittel gegen die Rückkehr Wilhelms II.: die Lahmlegung jedes Wirtschaftslebens! Keine Hand darf sich mehr rühren, kein Proletarier darf der Militärdiktatur helfen: Generalstreik auf der ganzen Linie! Proletarier, vereinigt Euch!
Die soz. Mitglieder der Regierung: Ebert, Bauer, Noske, Schlicke, Schmidt, David und Müller.
Baltikumverbrecher: Hier wird auf die freiwilligen Freikorpstruppen verwiesen, die seit 1919 im Baltikum gegen kommunistische Soldaten gekämpft hatten und 1920 aufgelöst wurden. Diese Truppen waren ein Sam- melbecken fiir Nationalisten und Monarchisten.
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