Grundzüge des klassischen Utilitarismus
Die utilitaristische Ethik beurteilt die Richtigkeit einer Handlung anhand der Konsequenzen, die sich aus der Handlung ergeben: Eine Handlung ist geboten, wenn sie überwiegend gute Folgen hat. Eine Handlung ist einer anderen Handlungsalter- native vorzuziehen, wenn die Folgen, die sich aus ihr ergeben, besser sind als die Folgen, die sich aus einer anderen ergeben, d.h. wenn sie das Gemein- wohl stärker fördert. Die utilitaristische Handlungsmaxime lautet demnach: Handle so, daß die Folgen deiner Handlung bzw. Handlungsregel für das Wohlergehen aller Betroffenen optimal sind. Im Unterschied zu Kants Pflichtenethik, wird eine Handlung nicht nach dem in ihr liegenden Wert,
sondern allein nach ihren Folgen beurteilt. Handlungsfolgen können aber nur dann sinnvoll verglichen und bewertet werden, wenn ein Wert- maßstab zur Verfügung steht. Dieser Wertmaßstab stellt den Nutzen der Handlung dar. Nun ist damit aber noch nicht gesagt, was man unter Nutzen zu verstehen hat: Ist etwa der ökonomische Nutzen gemeint oder der subjektive persönliche Nutzen aller Betroffenen? Jeremy Bentham ver- steht unter Nutzen (engl. utility) „jene Eigenschaft an einem Objekt, durch die es dazu neigt, Gewinn, Vorteil, Freude, Gutes oder Glück hervorzubringen ... oder ... die Gruppe, deren Interesse erwogen wird, vor Unheil, Leid, Bösem oder Unglück zu bewahren.“ Dahinter steht eine hedonistische Auffassung von Glück, die Lust und Schmerz als einzige Triebfeder menschlichen Handelns betrachtet. Bentham glaubt sogar, Lust und Schmerz quantitativ messen zu können. Der Utilitarismus ist somit ein Kalkül zur Berechnung des Gesamtnutzens einer Handlung. Durch die Berücksichtigung aller Betroffenen entgeht der Utilitarismus dem Vorwurf des Egoismus oder dem Verdacht, lediglich das Wohlerge- hen bestimmter Gruppen, Klassen oder Schichten zu erstreben, so Höffe. Das Ziel des Utilitarismus ist das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl von Menschen. (...)
Wollen wir den Utilitarismus auf den Prüfstand stellen, so müssen wir uns vor allem mit dem Nützlichkeitsprinzip auseinandersetzen. Auf den ersten Blick gibt es uns ein objektives und präzises
Kriterium an die Hand, mit dem wir das Gebotensein oder Nichtgebotensein einer Handlung überprüfen können: Wir müssen zunächst alle Folgen der Handlung bestimmen, sowohl die direkten als auch die indirekten Folgen samt ihrer Eintretenswahrscheinlichkeiten und müssen dann anhand der von Bentham genannten Kriterien den Wert oder Nutzen der Handlung berechnen.
Grundzüge des klassischen Utilitarismus
Die utilitaristische Ethik beurteilt die Richtigkeit einer Handlung anhand der Konsequenzen, die sich aus der Handlung ergeben: Eine Handlung ist geboten, wenn sie überwiegend gute Folgen hat. Eine Handlung ist einer anderen Handlungsalter- native vorzuziehen, wenn die Folgen, die sich aus ihr ergeben, besser sind als die Folgen, die sich aus einer anderen ergeben, d.h. wenn sie das Gemein- wohl stärker fördert. Die utilitaristische Handlungsmaxime lautet demnach: Handle so, daß die Folgen deiner Handlung bzw. Handlungsregel für das Wohlergehen aller Betroffenen optimal sind. Im Unterschied zu Kants Pflichtenethik, wird eine Handlung nicht nach dem in ihr liegenden Wert,
sondern allein nach ihren Folgen beurteilt. Handlungsfolgen können aber nur dann sinnvoll verglichen und bewertet werden, wenn ein Wert- maßstab zur Verfügung steht. Dieser Wertmaßstab stellt den Nutzen der Handlung dar. Nun ist damit aber noch nicht gesagt, was man unter Nutzen zu verstehen hat: Ist etwa der ökonomische Nutzen gemeint oder der subjektive persönliche Nutzen aller Betroffenen? Jeremy Bentham ver- steht unter Nutzen (engl. utility) „jene Eigenschaft an einem Objekt, durch die es dazu neigt, Gewinn, Vorteil, Freude, Gutes oder Glück hervorzubringen ... oder ... die Gruppe, deren Interesse erwogen wird, vor Unheil, Leid, Bösem oder Unglück zu bewahren.“ Dahinter steht eine hedonistische Auffassung von Glück, die Lust und Schmerz als einzige Triebfeder menschlichen Handelns betrachtet. Bentham glaubt sogar, Lust und Schmerz quantitativ messen zu können. Der Utilitarismus ist somit ein Kalkül zur Berechnung des Gesamtnutzens einer Handlung. Durch die Berücksichtigung aller Betroffenen entgeht der Utilitarismus dem Vorwurf des Egoismus oder dem Verdacht, lediglich das Wohlerge- hen bestimmter Gruppen, Klassen oder Schichten zu erstreben, so Höffe. Das Ziel des Utilitarismus ist das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl von Menschen. (...)
Wollen wir den Utilitarismus auf den Prüfstand stellen, so müssen wir uns vor allem mit dem Nützlichkeitsprinzip auseinandersetzen. Auf den ersten Blick gibt es uns ein objektives und präzises
Kriterium an die Hand, mit dem wir das Gebotensein oder Nichtgebotensein einer Handlung überprüfen können: Wir müssen zunächst alle Folgen der Handlung bestimmen, sowohl die direkten als auch die indirekten Folgen samt ihrer Eintretenswahrscheinlichkeiten und müssen dann anhand der von Bentham genannten Kriterien den Wert oder Nutzen der Handlung berechnen.
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Der vorstehende Text ist ein Auszug aus dem Journal für Philo- sophie „der blaue reiter". Den kompletten Text finden Sie unter: Thomas Zoglauer: Nützlichkeitsethik: eine nützliche Ethik? In: der blaue reiter, Journal für Philosophie. Ethik (Ausgabe 3), der blaue reiter Verlag für Philosophie, Stuttgart 1996, Seite 32.
gefördertes Allgemeinwohl
Subjektiv
Gute Handlung
Konsequenzen
Hedonistische Auffassung
Ökonomisch
Nutzen der Handlung
Gute Folgen
Triebfeder menschlichen Handelns ist das Streben nach Glück
Handle so, dass die Folgen deiner Handlung für das Wohlergehen aller Betroffenen optimal sind
Fallbeispiel - Klassenfahrt
Die Klasse 9a des Epikur-Gymnasiums Halberstadt freut sich schon seit Monaten auf die anstehende Klassenfahrt. Zur Klasse gehören auch zwei Kinder, die aufgrund einer chronischen Gelenkerkrankung zumeist auf den Rollstuhl angewiesen sind. Nach langer Diskussion hat die Klasse zwei mögliche Ziele ausgesucht, zwischen denen nun die Entscheidung fallen soll: Das Youth Hostel in Seedorf bietet nicht nur einen Badestrand, sondern auch tolle weitere Freizeitmöglichkeiten, u. a. Wasserski- und Segelkurse. Leider ist die Ausstattung nicht durchgängig behindertengerecht, sodass Rollstuhlfahrer nur einen kleinen Teil des Geländes befahren können. Die Jugendherberge in Wien ist hingegen vollständig barrierefrei, allerdings ist das Freizeitangebot vergleichsweise spartanisch; man könnte die Oper oder das Theater besuchen und eine Sightseeing-Tour unternehmen. Die barrierefreie Ausstattung ist zudem etwas teurer, sodass jeder Schüler mehr für die Fahrt bezahlen müsste. In der nächsten Klassenleiterstunde soll zwischen diesen beiden Zielen abgestimmt werden.
Sehr geehrter Herr M.,
im Namen unserer Kinder wenden wir uns an Sie, weil wir befürchten, dass die morgen anstehende Entscheidung über das Klassenfahrtziel nicht fair diskutiert werden kann. Unsere Kinder wollen eigentlich lieber nach Seedorf fahren, trauen sich aber nicht, das offen zu sagen, weil sie fürchten, dass ihnen das als Entscheidung gegen ihre im Rollstuhl sitzenden Mitschüler ausgelegt wird. Wir finden: Jeder sollte offen seine Meinung sagen dürfen ohne moralische Erpressung. Warum sollen die Interessen zweier Schüler mit Einschränkungen wichtiger sein als die der anderen? Können nicht auch die ersteren mal zurückstecken? Zudem: Die Kosten für die Fahrt nach Wien liegen deutlich höher. Warum sollen alle mehr zahlen, wenn dies nur wenigen zugutekommt?
Mit freundlichen Grüßen Peter S., Elternvertreter
Spontanurteil
Nimm spontan Stellung: Wie würdest du als gesunde/r
Schüler/in abstimmen und warum?
Sachanalyse
- Nenne die Aktuere/ Betroffenen.
- Beschreibe die unterschiedlichen Interessen und Ziele.
- Eläutere die Folgen der Entscheidung für die unterschiedlichen Interessen.
Ethische Analyse
- Arbeite mit Hilfe des Präferenzutilitarismus heraus, warum die Interessen unterschiedliche gewertet werden
Urteil
Nimm begründet Stellung unter berücksichtigung der moralphilosophischen Theorie des Utilitarismus.
Präferenzutilitarsmusdie ethische Analyse des Falls. 20 Minuten
Das Prinzip der Nützlichkeit
Das Prinzip der Nützlichkeit ist die Grundlage des vorliegenden Werkes; es wird daher zweckmäßig sein, mit einer ausdrücklichen und bestimmten Erklärung dessen zu beginnen, was mit ihm gemeint ist. Unter dem Prinzip der Nützlichkeit ist jenes Prinzip zu verstehen, das schlechthin jede Handlung in dem Maß billigt oder missbilligt, wie ihr die Tendenz innezuwohnen scheint, das Glück der Gruppe, deren Interesse in Frage steht, zu vermehren oder zu vermindern, oder - das gleiche mit anderen Worten gesagt - dieses Glück zu befördern oder zu verhindern. (...) Die Bezeichnung Prinzip der Nützlichkeit hat man unlängst durch das Prinzip des größten Glücks oder der größten Glückseligkeit ergänzt oder ersetzt. Dies ist eine Kurzformulierung, an deren Stelle man ausführlich sagen müsste: jenes Prinzip, das das größte o Glück all derer festsetzt, deren Interesse als das richtige und angemessene, und zwar als das einzig richtige und angemessene und schlechthin wünschenswerte Ziel menschlichen Handelns in Frage steht. (...) Das Wort Nützlichkeit verweist nicht so eindeutig auf die Vorstellung von Freude und Leid, wie es die Wörter Glück und Glückseligkeit tun; es veranlasst uns auch nicht zur Berücksichtigung der Zahl der betroffenen Interessen, obwohl die Zahl der Umstand ist, der in größtem Ausmaß bei der Aufstellung des Maßstabs, um den es hier geht, mitwirkt: des Maßstabs für Richtig und Falsch, mit dem allein die Angemessenheit menschlichen Verhaltens in jeder Situation angemessen überprüft werden kann. (...)
Die Arten von Freude und Leid
Leiden und Freuden kann man allgemein als Empfindungen bezeichnen, für die man sich interessiert. Empfindungen, für die man sich interessiert, sind entweder einfach oder zusammengesetzt. Einfach sind diejenigen, die sich nicht in mehrere auflösen lassen; zusammengesetzt sind diejenigen, die sich in verschiedene einfache auflösen lassen. (...)
Die verschiedenen einfachen Freuden, für die die menschliche Natur empfänglich ist, scheinen die folgenden zu sein: a) Die Sinnesfreuden. b) Die Freuden des Reichtums. c) Die Freuden der Kunstfertigkeit. d) Die Freuden der Freundschaft. e) Die Freuden eines guten Rufes. f) Die Freuden der Macht. g) Die Freuden der Frömmigkeit. h) Die Freuden des Wohlwollens. i) Die Freuden des Übelwollens. J) Die Freuden der Erinnerung. k) Die Freuden der Einbildungskraft. l) Die Freuden der Erwartung. m) Die gesellschaftlich fundierten Freuden. n) Die Freuden der Entspannung.
Die verschiedenen Leiden scheinen die folgenden zu sein: a) Die Leiden der Entbehrung. b) Die Leiden der Sinne. c) Die Leiden der Unbeholfenheit. d) Die Leiden der Feindschaft. e) Die Leiden eines schlechten Rufes. f) Die Leiden der Frömmigkeit. g) Die Leiden der Mildtätigkeit. h) Die Leiden der Missgunst. i) Die Leiden der Erinnerung. j) Die Leiden der Einbildungskraft. k) Die Leiden der Erwartung. l) Die gesellschaftlich fundierten Leiden.
Das Prinzip der Nützlichkeit
Das Prinzip der Nützlichkeit ist die Grundlage des vorliegenden Werkes; es wird daher zweckmäßig sein, mit einer ausdrücklichen und bestimmten Erklärung dessen zu beginnen, was mit ihm gemeint ist. Unter dem Prinzip der Nützlichkeit ist jenes Prinzip zu verstehen, das schlechthin jede Handlung in dem Maß billigt oder missbilligt, wie ihr die Tendenz innezuwohnen scheint, das Glück der Gruppe, deren Interesse in Frage steht, zu vermehren oder zu vermindern, oder - das gleiche mit anderen Worten gesagt - dieses Glück zu befördern oder zu verhindern. (...) Die Bezeichnung Prinzip der Nützlichkeit hat man unlängst durch das Prinzip des größten Glücks oder der größten Glückseligkeit ergänzt oder ersetzt. Dies ist eine Kurzformulierung, an deren Stelle man ausführlich sagen müsste: jenes Prinzip, das das größte o Glück all derer festsetzt, deren Interesse als das richtige und angemessene, und zwar als das einzig richtige und angemessene und schlechthin wünschenswerte Ziel menschlichen Handelns in Frage steht. (...) Das Wort Nützlichkeit verweist nicht so eindeutig auf die Vorstellung von Freude und Leid, wie es die Wörter Glück und Glückseligkeit tun; es veranlasst uns auch nicht zur Berücksichtigung der Zahl der betroffenen Interessen, obwohl die Zahl der Umstand ist, der in größtem Ausmaß bei der Aufstellung des Maßstabs, um den es hier geht, mitwirkt: des Maßstabs für Richtig und Falsch, mit dem allein die Angemessenheit menschlichen Verhaltens in jeder Situation angemessen überprüft werden kann. (...)
Die Arten von Freude und Leid
Leiden und Freuden kann man allgemein als Empfindungen bezeichnen, für die man sich interessiert. Empfindungen, für die man sich interessiert, sind entweder einfach oder zusammengesetzt. Einfach sind diejenigen, die sich nicht in mehrere auflösen lassen; zusammengesetzt sind diejenigen, die sich in verschiedene einfache auflösen lassen. (...)
Die verschiedenen einfachen Freuden, für die die menschliche Natur empfänglich ist, scheinen die folgenden zu sein: a) Die Sinnesfreuden. b) Die Freuden des Reichtums. c) Die Freuden der Kunstfertigkeit. d) Die Freuden der Freundschaft. e) Die Freuden eines guten Rufes. f) Die Freuden der Macht. g) Die Freuden der Frömmigkeit. h) Die Freuden des Wohlwollens. i) Die Freuden des Übelwollens. J) Die Freuden der Erinnerung. k) Die Freuden der Einbildungskraft. l) Die Freuden der Erwartung. m) Die gesellschaftlich fundierten Freuden. n) Die Freuden der Entspannung.
Die verschiedenen Leiden scheinen die folgenden zu sein: a) Die Leiden der Entbehrung. b) Die Leiden der Sinne. c) Die Leiden der Unbeholfenheit. d) Die Leiden der Feindschaft. e) Die Leiden eines schlechten Rufes. f) Die Leiden der Frömmigkeit. g) Die Leiden der Mildtätigkeit. h) Die Leiden der Missgunst. i) Die Leiden der Erinnerung. j) Die Leiden der Einbildungskraft. k) Die Leiden der Erwartung. l) Die gesellschaftlich fundierten Leiden.
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Eine Einführung in die Prinzipien der Moral und Gesetzgebung (1780, 1822)
Was ist Präferenzutilitarismus?
Angenommen, ich beginne (...) so weit moralisch zu denken, dass ich mich in die Lage der anderen versetze, die von meiner Entscheidung betroffen sind. Um zu wissen, wie es ist, sich in ihrer Lage zu befinden, muss ich den Standpunkt ihrer Präferenzen einnehmen. Nachdem ich das getan habe, muss ich, wenn ich in ethischen Maßstäben denke, erkennen, dass ich nicht meinen eigenen Präferenzen größeres Gewicht als denen anderer beimessen kann, nur weil es meine eigenen sind.
Also muss ich nun anstelle meiner eigenen Präferenzen die all der anderen berücksichtigen, die von meiner Entscheidung betroffen sind. Wenn es nicht irgendwelche weiteren ethisch relevanten Gesichtspunkte gibt, wird mich das dazu bringen, sämtliche vorhandenen Präferenzen abzuwägen und jenen Handlungsverlauf zu wählen, von dem es am wahrscheinlichsten ist, dass er die Präferenzen der Betroffenen weitestgehend befriedigt. Also weist die Ethik (...) in Richtung des Handlungsverlaufs, der per saldo' für alle Betroffenen die besten Konsequenzen hat. (...)
Die hier skizzierte Denkweise ist unter dem Namen „Präferenz- Utlitarismus bekannt, weil sie behauptet, dass wir das tun sollten, was per saldo die Präferenzen der Betroffenen fördert. Einige Autoren meinen, Bentham und John Stuart Mill hätten „Lust
und „Schmerz in einer weitreichenden Bedeutung verwendet, die auch die Erreichung dessen, was man als „Lust
wünscht, einzuschließen gestatte. Ist diese Interpretation richtig, so verschwindet der Unterschied zwischen dem Präferenz-Utilitarismus und jenem Utilitarismus, den Bentham und Mill propagierten. Nach dem Präferenz- Utilitarismus ist eine Handlung, die der Präferenz irgendeines Wesens entgegensteht, ohne dass diese Präferenz durch entgegengesetzte Präferenzen ausgeglichen wird, moralisch falsch. Eine Person zu töten, die es vorzieht, weiterzuleben, ist daher, gleiche Umstände vorausgesetzt, unrecht. Dass die Opfer nach der Ermordung nicht mehr da sind, um sich darüber zu beklagen, dass ihre Präferenzen nicht beachtet worden sind, ist unerheblich. Das Unrecht liegt darin, dass die Präferenz vereitelt wurde. Für Präferenz-Utilitaristen ist die Tötung einer Person in der Regel schlimmer als die Tötung eines anderen Wesens, weil Personen in ihren Interessen sehr zukunftsorientiert sind.
Eine Person zu töten bedeutet darum normalerweise nicht nur eine, sondern eine Vielzahl der zentralsten und bedeutendsten Präferenzen, die ein Wesen haben kann, zu verletzen. Sehr oft wird dadurch alles, was das Opfer in den vergangenen Tagen, Monaten oder sogar Jahren zu tun bemüht war, ad absurdum geführt. Im Gegensatz dazu kann ein Wesen, das sich nicht selbst als eine Entität mit einer eigenen Zukunft sehen kann, keine Präferenz hinsichtlich seiner eigenen zukünftigen Existenz haben.
Was ist Präferenzutilitarismus?
Angenommen, ich beginne (...) so weit moralisch zu denken, dass ich mich in die Lage der anderen versetze, die von meiner Entscheidung betroffen sind. Um zu wissen, wie es ist, sich in ihrer Lage zu befinden, muss ich den Standpunkt ihrer Präferenzen einnehmen. Nachdem ich das getan habe, muss ich, wenn ich in ethischen Maßstäben denke, erkennen, dass ich nicht meinen eigenen Präferenzen größeres Gewicht als denen anderer beimessen kann, nur weil es meine eigenen sind.
Also muss ich nun anstelle meiner eigenen Präferenzen die all der anderen berücksichtigen, die von meiner Entscheidung betroffen sind. Wenn es nicht irgendwelche weiteren ethisch relevanten Gesichtspunkte gibt, wird mich das dazu bringen, sämtliche vorhandenen Präferenzen abzuwägen und jenen Handlungsverlauf zu wählen, von dem es am wahrscheinlichsten ist, dass er die Präferenzen der Betroffenen weitestgehend befriedigt. Also weist die Ethik (...) in Richtung des Handlungsverlaufs, der per saldo' für alle Betroffenen die besten Konsequenzen hat. (...)
Die hier skizzierte Denkweise ist unter dem Namen „Präferenz- Utlitarismus bekannt, weil sie behauptet, dass wir das tun sollten, was per saldo die Präferenzen der Betroffenen fördert. Einige Autoren meinen, Bentham und John Stuart Mill hätten „Lust
und „Schmerz in einer weitreichenden Bedeutung verwendet, die auch die Erreichung dessen, was man als „Lust
wünscht, einzuschließen gestatte. Ist diese Interpretation richtig, so verschwindet der Unterschied zwischen dem Präferenz-Utilitarismus und jenem Utilitarismus, den Bentham und Mill propagierten. Nach dem Präferenz- Utilitarismus ist eine Handlung, die der Präferenz irgendeines Wesens entgegensteht, ohne dass diese Präferenz durch entgegengesetzte Präferenzen ausgeglichen wird, moralisch falsch. Eine Person zu töten, die es vorzieht, weiterzuleben, ist daher, gleiche Umstände vorausgesetzt, unrecht. Dass die Opfer nach der Ermordung nicht mehr da sind, um sich darüber zu beklagen, dass ihre Präferenzen nicht beachtet worden sind, ist unerheblich. Das Unrecht liegt darin, dass die Präferenz vereitelt wurde. Für Präferenz-Utilitaristen ist die Tötung einer Person in der Regel schlimmer als die Tötung eines anderen Wesens, weil Personen in ihren Interessen sehr zukunftsorientiert sind.
Eine Person zu töten bedeutet darum normalerweise nicht nur eine, sondern eine Vielzahl der zentralsten und bedeutendsten Präferenzen, die ein Wesen haben kann, zu verletzen. Sehr oft wird dadurch alles, was das Opfer in den vergangenen Tagen, Monaten oder sogar Jahren zu tun bemüht war, ad absurdum geführt. Im Gegensatz dazu kann ein Wesen, das sich nicht selbst als eine Entität mit einer eigenen Zukunft sehen kann, keine Präferenz hinsichtlich seiner eigenen zukünftigen Existenz haben.
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Peter Singer: Praktische Ethik. Übersetzt von Oscar Bischoff, Jean-Claude Wolf, Dietrich Klose und Susanne Lenz. Stuttgart: Reclam,
3., revidierte und erweiterte Auflage 2013, S. 39-41 u. 151 f.
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