• Zwei-Quellen-Theorie und die synoptischen Evangelien
  • anonym
  • 23.09.2025
  • Religion
  • 12
Um die Lizenzinformationen zu sehen, klicken Sie bitte den gewünschten Inhalt an.
1
Ließ dir den fol­gen­den Text durch.

Die drei ers­ten Evan­ge­li­en des Neuen Tes­ta­ments – Mat­thä­us, Mar­kus und Lukas – wer­den als syn­op­ti­sche Evan­ge­li­en be­zeich­net. Der Be­griff stammt vom grie­chi­schen Wort „syn­op­sis“ (= Zu­sam­men­schau) und deu­tet dar­auf hin, dass man diese Evan­ge­li­en ne­ben­ein­an­der stel­len und in­halt­lich sowie sprach­lich mit­ein­an­der ver­glei­chen kann. Tat­säch­lich zei­gen sie eine große Über­ein­stim­mung in Auf­bau, Er­zähl­stoff und sogar in der Wort­wahl. Im Ge­gen­satz dazu un­ter­schei­det sich das Jo­han­nes­evan­ge­li­um deut­lich durch seine Spra­che, Theo­lo­gie und Struk­tur.

Die syn­op­ti­schen Evan­ge­li­en be­rich­ten im We­sent­li­chen von den­sel­ben zen­tra­len Er­eig­nis­sen: Auf­tre­ten Jo­han­nes des Täu­fers, Wir­ken Jesu in Ga­li­läa, seine Wun­der­ta­ten und Gleich­nis­se, die Jün­ger­be­ru­fung sowie schließ­lich das Lei­den, der Tod und die Auf­er­ste­hung Jesu. Trotz vie­ler Ge­mein­sam­kei­ten gibt es je­doch Un­ter­schie­de in De­tails, Rei­hen­fol­ge und Aus­ge­stal­tung ein­zel­ner Epi­so­den. So er­zählt etwa jedes Evan­ge­li­um ei­ge­ne Son­der­gut­tex­te, die nur dort vor­kom­men (z. B. die Kind­heits­ge­schich­te bei Mat­thä­us und Lukas, nicht aber bei Mar­kus).

Diese auf­fäl­li­ge Ähn­lich­keit, ver­bun­den mit ein­zel­nen Un­ter­schie­den, wirft die so­ge­nann­te „Syn­op­ti­sche Frage“ auf: Wie sind diese drei Evan­ge­li­en li­te­ra­risch mit­ein­an­der ver­wandt? Haben die Evan­ge­lis­ten von­ein­an­der ab­ge­schrie­ben, oder nutz­ten sie ge­mein­sa­me Quel­len?

Die am wei­tes­ten ver­brei­te­te Ant­wort auf diese Frage ist die so­ge­nann­te Zwei-​Quellen-​Theorie. Ihr Aus­gangs­punkt ist, dass das Mar­kus­evan­ge­li­um als das äl­tes­te Evan­ge­li­um gilt (um 70 n. Chr.). So­wohl Mat­thä­us als auch Lukas sol­len Mar­kus ge­kannt und als Vor­la­ge ver­wen­det haben. Damit las­sen sich viele wört­li­che Über­ein­stim­mun­gen er­klä­ren. Zu­sätz­lich neh­men Ex­ege­ten an, dass Mat­thä­us und Lukas eine wei­te­re ge­mein­sa­me Quel­le nutz­ten: die hy­po­the­ti­sche Lo­gien­quel­le „Q“ (von „Quel­le“). Sie soll eine Samm­lung von Aus­sprü­chen Jesu ge­we­sen sein, die keine Pas­si­ons­ge­schich­te ent­hielt, son­dern vor allem Reden und Sprü­che.

Das Ma­te­ri­al, das Mat­thä­us und Lukas nur aus Mar­kus über­nah­men, nennt man „Mar­kus­stoff“. Den Stoff, den sie ge­mein­sam, aber un­ab­hän­gig von Mar­kus haben (z. B. die Berg­pre­digt oder Va­ter­un­ser), führt man auf Q zu­rück. Schließ­lich gibt es noch Texte, die ein­zig­ar­tig nur bei Mat­thä­us vor­kom­men („Son­der­gut Mat­thä­us“), und sol­che, die nur bei Lukas über­lie­fert sind („Son­der­gut Lukas“). So setzt sich jedes Evan­ge­li­um aus drei Bau­stei­nen zu­sam­men: Mar­kus­tra­di­ti­on, Q-​Tradition und ei­ge­nem Son­der­gut.

Die Zwei-​Quellen-​Theorie ist bis heute die am meis­ten ak­zep­tier­te Er­klä­rung für die Ver­wandt­schaft der syn­op­ti­schen Evan­ge­li­en, ob­wohl es auch al­ter­na­ti­ve Mo­del­le gibt, wie etwa die An­nah­me wei­te­rer Zwi­schen­quel­len oder die „Farrer-​Hypothese“, die eine di­rek­te li­te­ra­ri­sche Ab­hän­gig­keit von Lukas an Mat­thä­us ohne Q an­nimmt. Doch im Re­li­gi­ons­un­ter­richt und in der Bi­bel­wis­sen­schaft dient die Zwei-​Quellen-​Theorie als an­schau­li­che und gut nach­voll­zieh­ba­re Grund­ord­nung, um die Ent­ste­hung der syn­op­ti­schen Evan­ge­li­en zu ver­ste­hen.

Die Be­schäf­ti­gung mit den syn­op­ti­schen Evan­ge­li­en ver­deut­licht, dass die Evan­ge­lis­ten nicht ein­fach „Be­richt­erstat­ter“ waren, son­dern theo­lo­gi­sche Au­toren, die über­lie­fer­te Tra­di­ti­o­nen sam­mel­ten, ge­stal­te­ten und mit ei­ge­ner theo­lo­gi­scher Ab­sicht aus­wähl­ten. Ge­ra­de für Schü­le­rin­nen und Schü­ler wird so klar: In der Zu­sam­men­schau der Evan­ge­li­en ist die Ge­stalt Jesu Chris­ti fa­cet­ten­reich und mehr­di­men­si­o­nal über­lie­fert – ein Er­geb­nis re­dak­ti­o­nel­ler Ar­beit und zu­gleich Aus­druck der le­ben­di­gen Er­in­ne­rung der frü­hen Ge­mein­den.





2
Fasse den Text in ei­ge­nen Wor­ten zu­sam­men.
3
Er­läu­te­re, was das Jo­han­nes­evan­ge­li­um von den so­ge­nann­ten „syn­op­ti­schen Evan­ge­li­en“ un­ter­schei­det.
4
Be­schrif­te die fol­gen­de Gra­fik.
x